Basler Zeitung vom 29.04.2013
Chelsea siegt in der Liga souverän 2:0 gegen Swansea – und scheint bereit für den FCB
Von Tilman Pauls, London
Rundum zufrieden sind sie im Westen Londons bisher nicht mit ihrer Saison. Aber wenn es schon etwas gibt, was man der gesamten Konkurrenz auf der Insel unter die Nase reiben kann, dann will man das natürlich nicht verpassen. «Willkommen in der Heimat des letzten britischen Teams im europäischen Wettbewerb», sagt der glatzköpfige Stadionsprecher des Chelsea FC, bevor die Mannschaft den Rasen der Stamford Bridge betritt. Die Fans auf den gefüllten Tribünen führen einen mässig choreografierten Ententanz auf, der immer wieder von kräftigen «Chelsea»-Rufen unterbrochen wird. Sie wollen alles dafür tun, dass hier kommende Saison wieder die Hymne der Königsklasse erklingt, so erfolgreich die Halbfinal-Teilnahme gegen den FC Basel in der Europa League auch sein mag.
Darum muss heute gegen Swansea ein Sieg her, um den Abstand auf Tottenham und damit den fünften Tabellenplatz der Premier League auszubauen. Denn durch die europäischen Niederungen, da muss man sich nur auf der Tribüne umhören, hat hier niemand mehr Lust. «Ein Sieg in der Europa League wäre nett, aber nächstes Jahr muss das nicht mehr sein», sagt ein Fan.
Rafael Benitez hat im Vergleich zum Spiel in Basel ein bisschen umgestellt, vier Neue sind dabei. Die taktische Ausrichtung bleibt trotzdem gleich: Hinten ein rustikales Viereck: Gary Cahill, John Terry und Ramires, der Frank Lampard früh wegen einer Verletzung weichen muss. Dazu kommt David Luiz, der nach seinem Foul an Philipp Degen in der Schweiz nicht als Filigrantechniker in Erinnerung bleiben wird. Diese vier vor Petr Cech sind die Grundlage dafür, dass Chelsea nie ernsthaft in Verlegenheit kommt, gegen Swansea ein Tor zu kassieren.
Der ehemalige Mittelfeldspieler
Dass die Londoner noch vor der Halbzeit zwei Tore selber erzielen, liegt zu grossen Teilen an Frank Lampard, dem wandelnden Chelsea-Maskottchen, das der Club im Sommer abschieben wird. Am Samstag wurde der 34-Jährige vom clubeigenen TV-Sender versehentlich als «ehemaliger Mittelfeldspieler» bezeichnet, was bei vielen Fans noch immer eine Mischung aus Lachen und Weinen hervorruft. Deshalb wird Lampard im Stadion gefeiert, wann immer er sich einer der vier Tribünen nähert. Als sich Ramires verletzt und Lampard an der Seitenlinie warm läuft, brandet der Applaus immer wieder auf, wenn er wendet und auf die Zuschauer zuläuft. Immer wieder, im Abstand von 30 Sekunden wird geklatscht und gegrölt.
Nach seiner Einwechslung dauert es nicht viele Minuten, bis Lampard das 1:0 Oscars und damit die Druckphase der Gastgeber einleitet. Zwei Minuten später verwertet der Engländer einen fälligen Foulpenalty, weil Chelseas kreative Schöngeister Eden Hazard und Juan Mata die Swansea-Hintermannschaft derart überfordern, dass diese sich nur noch mit einem Foul zur Wehr setzen kann. Für Lampard ist es sein 201. Treffer für Chelsea, einer fehlt ihm noch, um den ewigen Club-Rekord von Bobby Tambling zu egalisieren. «Nicht schlecht für einen ehemaligen Mittelfeldspieler», brüllt einer der Zuschauer aus dem «Shed End», wo die Treusten der Treuen sitzen.
Der zufriedene Trainer
Dass Swansea in der zweiten Hälfte nicht mehr an sich glaubt und damit Hazard und Mata viel Platz bietet, den diese dankend mit Sololäufen füllen, soll Spieler und Trainer des FC Basel nicht stören, falls sie das Spiel sehen sollten. Vielmehr ist die Frage, wie die Basler gegen dieses Chelsea zwei Tore erzielen wollen. «Die Mannschaft muss als Einheit auftreten, kompakt, einander beschützend», sagt ein zufriedener Trainer Rafael Benitez nach dem Spiel im Hinblick auf das Duell am Donnerstag. Wenn seine Mannschaft sich dann noch eigene Chancen erarbeiten könne, würde Basel sicher Angst bekommen.
Aber das Halbfinal-Rückspiel ist für die Londoner an diesem Tag noch weit weg. Jetzt zählt nur, den Platz unter den besten vier Teams auf der Insel gefestigt zu haben. Liga ist wichtiger als Europa League. «Wir müssen einfach schauen, dass wir für Donnerstag bereit sind», wirft Benitez noch nichtssagend in die Runde, bevor er verschwindet. Sollte sein Team im Rückspiel so bereit sein wie gegen Swansea, dann muss dem FC Basel eine wahre Sensation gelingen. Ansonsten wird der Stadionsprecher an der Stamford Bridge die Zuschauer nämlich auch beim kommenden Heimspiel im Stadion des letzten verbliebenen britischen Clubs im europäischen Wettbewerb begrüssen können.