Presseschau

Sonntagsblick vom 19.05.2013

Müssen Bundesräte Angst vor Ihnen haben, Herr Dragovic?

Basel-Star spricht erstmals über seinen Cup-Streich von 2012

Exklusiv!

VON SANDRO INGUSCIO UND STEFAN KREIS

Mit seiner Attacke auf Bundesrat Ueli Maurer löste Aleksandar Dragovic eine Staatsaffäre aus. Jetzt spricht er über seine «grössten Fehler» und seine Lehren daraus.

Aleksandar Dragovic ist im Schweizer Fussball neben Sion-Boss Christian Constantin der zuverlässigste Schlagzeilenlieferant. «Dragowitz», titelte BLICK, als der Österreicher in Genf nach einer primitiven, aber nicht ernst gemeinten Geste an die Adresse von FCB-Assistenztrainer Markus Hoffmann vom Rasen flog. Unvergessen, als er gegen den FCZ den damaligen Sportchef Fredy Bickel massiv beleidigte und danach als «FCB-Bösi» bezeichnet wurde. Sein «Meisterstück» lieferte der 22-Jährige am letztjährigen Cupfinal, als er Bundesrat Ueli Maurer dreimal die Glatze tätschelte.

Ein Jahr danach erscheint Dragovic zum exklusiven Gespräch mit SonntagsBlick und wirkt ganz und gar nicht so, wie er sich in den letzten Monaten präsentierte. Statt mit Fluchwörtern um sich zu werfen, zeigt sich der österreichische Nati-Spieler ganz zahm. «Ich bin ein ruhiger Mensch. Ich neige zu meinen Spässchen und denke nicht immer mit. Aber jeder, der mich kennt, weiss, dass ich ein sehr netter Typ bin», so Dragovic.

Mit dieser Aussage trifft er den Nagel auf den Kopf. Auf dem Platz bringt den Innenverteidiger nichts aus der Ruhe, neben dem Spielfeld kann er mit seinen «Spässchen» aber schon mal eine kleine Staatsaffäre auslösen, wie der Affront gegenüber Ueli Maurer beweist.

Statt sich für seinen Fauxpas beim Bundesrat zu entschuldigen, legte Dragovic nach und sorgte bei der Meisterfeier für den Super-GAU. Zu den johlenden Fans sagte er: «Dieser Ulli Maurer oder wie der auch immer heisst. Ich kann mich nur bei ihm entschuldigen, auch wenn es sehr, sehr schwerfällt. Aber ich muss es leider tun für den Verein. Aber innerlich glaub ich, weiss jeder, dass es sehr, sehr viel Spass gemacht hat.»

Die Eskalation war perfekt. «Drago-Depp» geboren. Er musste sich im Bundeshaus bei Maurer entschuldigen, kassierte intern eine deftige Geldstrafe.

Ein Jahr später steht das Enfant terrible erneut im Cupfinal. Und die ganze Schweiz fragt sich: Schlägt der Österreicher wieder zu? Bereits nach der Finalqualifikation in Sion nahm sich Präsident Bernhard Heusler seinen Spieler zur Brust und erklärte ihm im Spass, dass man jetzt wieder im Final stehe, es wieder eine Pokalübergabe durch einen Magistraten geben könnte und man diesen auf keinen Fall schlagen dürfe.

Die Botschaft ist mehr als deutlich angekommen: «Ich habe meine Fehler gemacht, daraus gelernt und werde sie nicht wiederholen.»

Ob man diese Worte auch im Bundeshaus gehört hat? Offenbar nicht. Maurer verfolgt in Stockholm die Hockey-Nati. Und von den anderen Bundesräten soll sich bis jetzt noch keiner für die Pokalübergabe angemeldet haben. SFV-Präsident Peter Gilliéron soll die Zeremonie durchführen.

Müssen die Bundesräte etwa Angst haben vor Ihnen, Herr Dragovic? «Auf keinen Fall. Man muss keine Angst vor mir haben. Auch als Bundesrat nicht. Ich bin weder angsteinflössend noch arrogant, obwohl das viele denken.»

Heute blickt er reumütig auf sein folgenschweres «Spässchen» zurück. «Es war eine dumme Aktion, die mir wahnsinnig leid tut. Ich habe mir einen Spass erlaubt, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Ich wusste ja nicht, wer Herr Maurer ist. Was keine Ausrede sein soll. So was darf nicht passieren», sagt der FCB-Verteidiger.

Im Bundeshaus entschuldigte er sich danach persönlich bei Maurer und überreichte ihm ein FCB-Trikot. «Zum Glück ist Herr Maurer ein netter Mensch und hat die Entschuldigung angenommen.»

Die Affäre hat bei Dragovic trotzdem Spuren hinterlassen. «Ich habe unter der Situation gelitten. Ich sprach mit meiner Familie darüber und entschuldigte mich auch bei ihnen. Ich hatte unseren Familiennamen und den des FCB beschädigt.»

Heute wirkt Dragovic reifer, ruhiger. «Ich bin nicht nur wegen diesen Eskapaden gereift. Man wird älter und reifer.»

Ist er auch schon reif für die Insel? Trotz aller Fehltritte ist Dragovic zum heiss umworbenen Shootingstar geworden.

Kein anderer Innenverteidiger sorgt für so viele Gerüchte in Europa wie er. Keiner wird höher gehandelt! Zwölf Klubs sollen Interesse haben. Zehn Millionen Franken beträgt der Marktwert von Dragovic.

Sein Vertrag in Basel läuft bis 2015. «Ich fühle mich geehrt, wenn ich lese, wie begehrt ich bin. Ich konzentriere mich aber zurzeit nur auf den FCB. Es ist überragend hier in Basel», sagt der 22-Jährige, der Bauarbeiter geworden wäre, wenn es mit dem Fussball nicht geklappt hätte. Der Liebe zu Basel zum Trotz liegen seine Träume in England: «Die Premier League ist mein Ziel! Ich hoffe, dass ich eine ähnliche Karriere wie mein Vorbild Nemanja Vidic von Manchester United machen werde.»

Gut möglich also, dass Dragovic zum letzten Mal eine Pokalübergabe in der Schweiz erleben könnte. Ohne Skandal, wie er verspricht: «Ich weiss, dass alle ganz genau schauen, ob ich wieder einen Blödsinn anstelle. Aber ich kann versichern, dass alles ruhig ablaufen wird. Ich werde nur versuchen, dass der FCB den Pokal hochstemmen kann.»

Auf die Frage, ob er vor dem Cupfinal präventiv die Namen aller sieben Schweizer Bundesräte auswendig gelernt habe, antwortet der Österreicher mit einer Gegenfrage und demonstriert, dass er über eine humorvolle Ader verfügt: «Können Sie mir alle österreichischen Minister nennen?»

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