Aargauer Zeitung vom 18.05.2013
FC Basel Mohamed Salah und Mohamed Elneny haben den Weg bereitet – der dritte Ägypter könnte schon bald folgen
SeBastian Wendel
Ägypten – das Land der Pharaonen, der Pyramiden und des Billigtourismus.
Ägypten – es ist auch das Land, aus dem gute Fussballer den Weg nach Europa finden. Der FC Basel würde sogar sagen: sehr gute Fussballer.
Zwei Mal hat Rot-Blau innerhalb der letzten zwölf Monate am Nildelta eingekauft. Mohamed und Mohamed, Salah und Elneny, sind innert kürzester Zeit zu Leistungsträgern geworden. Eine Win-win-Situation: Die Spieler holen sich in Basel den Schliff für eine grosse Karriere in Europa, der FCB darf auf eine fette Ablösesumme hoffen. Selber hat er für die zwei 20-Jährigen insgesamt «nur» knapp vier Millionen Franken investiert, die Rendite dürfte bei einem Vielfachen liegen.
Warum Ägypten? Ganz einfach: Das nordafrikanische Land bietet einen Markt, dem einem Verein von der Grösse des FC Basel die Türen offen stehen. Noch zögern die europäischen «Big Player» aus Deutschland, England oder Spanien, sich direkt in der ägyptischen Premier League zu bedienen. Sie warten ab, wie sich der Spieler in einer kleinen Liga wie der schweizerischen, der dänischen oder belgischen entwickelt und greifen dann zu.
Entsprechend hat der FC Basel sein Scouting-System aufgezogen. Talente aus den grossen Fussballnationen werden gar nicht erst beobachtet. Nur marginal bearbeitet wird der europäische Kontinent, zu dicht ist hier das Netz der Scouts. Wenn, dann fällt dem FCB ein Spieler am Fernseher oder in Partien gegen dessen Klub auf. Chefspäher Ruedi Zbinden und sein Team kümmern sich um Länder wie Peru, Kolumbien, Uruguay oder eben: Ägypten.
An der U20-Weltmeisterschaft 2011 in Kolumbien fiel dem Scout mit Basler Mandat Mohamed Salah ins Auge. Ein halbes Jahr später erschien dieser zum Probetraining am Rheinknie. «Sportlich waren wir von ihm überzeugt. Aber wir hatten leichte Vorbehalte wegen des Kulturschocks, den ein Wechsel von Ägypten in die Schweiz mit sich bringt», nennt Sportchef Georg Heitz die Gründe für den einwöchigen Testlauf Salahs in Basel. Es brauchte keine sieben Tage, um festzustellen: Der passt hierher, den wollen wir unbedingt. «Ägypter sind bereit, sich anzupassen», sagt Heitz. Moderne junge Männer mit Facebook-Profil und Interesse an ihrer Umwelt.
Im vergangenen Winter stiess mit Mohamed Elneny der zweite dazu. Auch ihn beobachtete die sportliche Leitung im Trainingslager, bevor er verpflichtet wurde. «Luxus», sagt Heitz, «ihn hätten wir auch ohne Probetrainings geholt.» Möglich war das ungewohnte Modell, Salah und Elneny ohne Verpflichtungen seitens des FCB zu testen, durch den Meisterschaftsunterbruch in Ägypten. Nach der Katastrophe in Port Said im Februar 2012 mit 74 Todesopfern ruhte der Fussball während zwölf Monaten.
Umdenken bei den Funktionären
Was vor zwei Jahren noch undenkbar schien: Es war der Präsident der Arab Contractors, Sherif Habib, der dem FC Basel Elneny wärmstens empfahl. In den Köpfen der ägyptischen Klubfunktionäre hat so etwas wie ein Umdenken stattgefunden. Statt jungen Talenten den Weg nach Europa zu versperren, sind sie heute stolz, ihre Eigengewächse im grossen Schaufenster spielen zu sehen.
«Die Marktkenntnis ist gereift, horrende Ablöseforderungen gibt es nicht mehr», sagt Sascha Empacher. Der Deutsche berät mit seiner Agentur etliche Fussballer aus Ägypten, hat Salah und Elneny nach Basel gebracht. Eine zweite Ursache für den stärker gewordenen Strom ägyptischer Fussballer nach Europa ist die verbesserte Jugendarbeit. Viele Klubs werden von grossen Firmen gesponsert und sind mit den deutschen Retortenvereinen Wolfsburg (VW) und Leverkusen (Bayer) zu vergleichen. «Für diese Firmen ist der Fussball ein Zweig ihres Sponsoringkonzepts. Sie sorgen für beste Infrastrukturen und top ausgebildetes Trainerpersonal», sagt Empacher.
Das, so der Berater, in engem Austausch mit Nationalcoach Bob Bradley steht. Auch der Amerikaner, der erste Ausländer auf Ägyptens wichtigstem Trainerposten, fordert von den Vereinen, ihre besten Rösser im Stall nach Europa ziehen zu lassen. «So profitiert das Nationalteam. In Zukunft wird Ägypten eine wichtige Rolle an Weltmeisterschaften spielen», wagt Empacher eine Prognose.
Wer weiss, vielleicht spielt schon bald ein dritter Ägypter in Basel. Ahmed Refaat, 19-jährig, ähnliche Anlagen wie Valentin Stocker, war im Probetraining. «Ein sehr interessanter Spieler», sagt Georg Heitz.