NZZ am Sonntag vom 21.07.2013
Der Verband lässt den Cup-Vorverkauf zentral vermarkten – das missfällt einigen Klubs. Von Stephan Ramming
Mitte August findet die erste Hauptrunde des Schweizer Cups statt. Das dauert noch eine Weile, aber bereits jetzt kann man sich via Website des Verbandes Tickets sichern für eines der 32 Spiele. Zum Beispiel für den Match Fulenbach gegen Baden. 20 Fr. kostet das Billett, plus Fr. 9.80 Gebühr für den Postversand, also knapp 30 Fr. – ein stolzer Preis für Fussball in Fulenbach. Es gibt auch Günstigeres: Wiesendangen gegen Savièse kostet nur 7 Fr. Wer das Ticket zu Hause ausdruckt, zahlt Fr. 7.80 Nach Hause geschickt, kostet's aber Fr. 16.80.
Normalerweise ist der Eintritt gratis in Wiesendangen. Dass sich der Vorstand des Klubs im Bezirk Winterthur nun Gedanken gemacht hat, bei etwa 200 erwarteten Zuschauern Eintritt zu verlangen, liegt nicht an der Geldgier, sondern am neuen Cup-Sponsor Ticketcorner. Der Marktführer im Ticket-Geschäft hat auch das Recht erworben, die Billette aller Cup-Spiele über das Internet und seine Vorverkaufsstellen zu vertreiben. In Fulenbach oder Wiesendangen hat man das neue Regime zur Kenntnis genommen und denkt sich vielleicht, dass das Ticketing via Internet für einen Dorfklub nicht nötig wäre und kompliziert sei.
Anders sieht man das bei den grossen Vereinen in der Super League. Man sei «überrascht» über das Ticketing-Diktat aus der Verbands-Zentrale, heisst es beispielsweise im FC Basel. Der FC St. Gallen fragt in einem Brief nach Bern, ob die Vorschrift überhaupt rechtens sei. Die Klubs konnten bisher selber über das Ticketing und ihre Vertriebspartner bestimmen. Wer nicht mit Ticketcorner liiert ist, sondern wie St. Gallen, Basel, YB, Luzern, Aarau und andere mit dem Konkurrenten Ticketportal. muss nun laufende Verträge ändern und für den Cup Ticketcorner mit der Abwicklung von komplizierten Vorgängen vertraut machen. Zum Beispiel mit dem Prozedere, dass Jahreskarten-Inhaber das Vorkaufsrecht auf ihrem Stamm-Platz besitzen. Auch die Preise und damit der Anteil für den Klub und der Anteil für Ticketcorner müssen ausgehandelt werden.
Der Verband lässt ausrichten, dass «die zentrale Ticket-Vermarktung einen Mehrwert» bilde. Zum Brief aus St. Gallen lässt die Zentrale verlauten: «Selbstverständlich werden wir bei Problemen mit den Klubs nach pragmatischen Lösungen suchen, sind dabei aber auch auf deren Kooperationsbereitschaft angewiesen.» Das heisst: Ticketcorner – und sonst nichts.
Mit dem Ticketvertrieb kann man Geld verdienen. Das wird Ticketcorner auch mit dem Cup tun und versuchen, einen Teil der geschätzten 250 000 Fr. wieder zu refinanzieren, die das Engagement als Cup-Sponsor kostet. Strategisch will die Ringier-Tochter im umkämpften Ticket-Markt Boden gutmachen – etwa gegen den Konkurrenten Ticketportal. Seit längerem lässt der Verband die Karten für die Spiele des Nationalteams von Ticketcorner vermarkten. Es liegt nahe, dass für ein Eintrittsgeld als Sponsor dem Partner aus dem Haus Ringier die Tür zu den Klubs geöffnet wird.
Ohnehin ist der Verband mit Ringier verbandelt, etwa durch den Berater-Vertrag von Ottmar Hitzfeld. Die Ringier-Tochter Teleclub besitzt die TV-Rechte der Liga, der «Blick» ist Medienpartner, die Ringier-Tochter Infront vermarktet die Meisterschaft. Dass Infront-Ringier selber nicht auch am Cup interessiert war, mag am schwierigen Wettbewerb liegen. Er hat zuletzt Sicherheitsprobleme für Kleinklubs und viele einseitige Partien geboten, frühestens ab den Viertelfinals steigt die Attraktivität, wenn die Super-League-Klubs in den eigenen Stadien spielen können. Der Cup ist und bleibt eher ein Sorgenkind und ist im Gegensatz zur Nationalmannschaft alles andere als ein Geld-Esel.
Diese Erfahrung machte in den letzten fünf Jahren die Agentur IMG. Sie zahlte dem Verband jährlich 2, 3 Mio. Fr., allerdings konnte sie den Betrag bei weitem nicht refinanzieren. Nun nahm der Verband die Sache in die eigenen Hände. Die Prämien bleiben gleich – ein Indiz, dass der Verband nicht erfolgreicher arbeitet. Ende Mai präsentierte er mit Würth den neuen Hauptsponsor, der für sein Engagement bis 2016 jährlich eine geschätzte Million zahlt. Dazu kommen die Suva und Ticketcorner als zwei von vier Nebensponsoren. Die zwei weiteren Sponsorenverträge sind laut Verband unterzeichnet und sollen Mitte August präsentiert werden – rechtzeitig vor dem Cup-Hit Wiesendangen - Savièse. Oder Fulenbach - Baden.