TagesWoche vom 20.12.2013
Auch das noch
Johann Wolfgang von Goethe und Murat Yakin – sie haben mehr gemein, als vor allem Ersterer je gedacht haben dürfte.
Zum Beispiel Goethe: Dessen Gedicht «Wandrers Nachtlied» wurde 1902 vom Deutschen ins Japanische übersetzt, 1911 dann vom Japanischen ins Französische und sogleich wieder ins Deutsche, in der Annahme, es sei eine japanische Dichtung. Das Resultat: Aus «Über allen Gipfeln / Ist Ruh, / In allen Wipfeln / Spürest du / Kaum einen Hauch; / Die Vögelein schweigen im Walde / Warte nur, balde / Ruhest du auch», wurde: «Stille ist im Pavillon aus Jade / Krähen fliegen stumm / Zu beschneiten Kirschbäumen im Mondlicht. / Ich sitze / Und weine.»
Da hat sich doch der eine oder andere Unterschied eingeschlichen. Wobei man anmerken darf, dass ein Japaner das Grundgefühl des Originals wohl richtig mitbekommt, wenn er die Zeilen in seiner Sprache liest.
Und damit zu Yakin, derzeit heftig mit dem englischen Club Tottenham in Verbindung gebracht. Im «Blick» sagt der Trainer des FC Basel: «Ich hatte weder Kontakt mit Lazio noch mit Tottenham. » Das überträgt «20 Minutes» korrekt ins Französische: «Je n’ai eu aucun contact avec la Lazio, ni avec Tottenham. » Danach macht die Geschichte dank «101greatgoals» den grossen Sprung über den Ärmelkanal. Die Website zitiert «20 Minutes» so: «I had no contact with Lazio, but with Tottenham, yes.» Und damit wieder zurück in den deutschen Sprachraum, wo dann «transfermarkt.ch» vermeldet, Yakin habe gesagt: «Ich hatte keinen Kontakt zu Lazio, aber zu Tottenham.»
Irgendwie gefällt die japanische Übersetzung von «Wandrers Nachtlied» besser. Von Florian Raz