St. Galler Tagblatt vom 13.02.2014
Die Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative wird in den kommenden Jahren auch die Swiss Football League beschäftigen. Falls die Personenfreizügigkeit fällt, hätte das wohl Einfluss auf die Ausländerkontingente.
DOMINIC WIRTH
FUSSBALL. Seit am vergangenen Sonntag die Masseneinwanderungs-Initiative angenommen wurde, herrscht Nervosität in der Schweiz. Noch ist unklar, wie sich das Anliegen der Initianten – die Abschaffung der Personenfreizügigkeit und die Einführung von Kontingenten – auf die Beziehungen mit der EU auswirken wird. Fest steht, das die Abschaffung der Personenfreizügigkeit auch den Schweizer Fussball betreffen würde.
Seit 2004 dürfen in den Schweizer Fussballligen nämlich unbeschränkt Spieler aus EU-und Efta-Staaten eingesetzt werden, sie gelten als sogenannte «nationale Spieler». Zuvor waren auch Fussballer aus diesen Staaten unter eine Ausländerregel gefallen, die seit dem Jahr 1996 bestand und besagte: Pro Team dürfen fünf Ausländer gleichzeitig eingesetzt werden. Ab 2004 galt diese Regel für Spieler aus EU und Efta nicht mehr, weil die SFL sonst gegen die Bestimmungen der Personenfreizügigkeit verstossen und die Betroffenen somit diskriminiert hätte. Deshalb belasten seither nur noch Fussballer aus Drittstaaten das Ausländerkontingent. Fünf von ihnen dürfen gleichzeitig auf dem Platz stehen.
SFL: «Kein Handlungsbedarf»
Wenn nun die Personenfreizügigkeit tatsächlich fällt, wäre die Swiss Football League (SFL) auch nicht mehr verpflichtet, Spieler aus EU und Efta als «nationale Spieler» zu betrachten. Diese könnten damit das Ausländerkontingent wieder belasten. Das hätte für einige der Super-League-Teams Folgen, wie ein Blick auf die Aufstellungen des vergangenen Wochenendes zeigt. Vier von zehn Clubs – Sion, Lausanne, Aarau und Basel – setzten nämlich in der Startformation mehr als fünf Spieler ein, die künftig nicht mehr als «nationale Spieler» gelten könnten. Allerdings besteht für die Vereine der SFL, die sich ihre Regeln selbst setzen, die Möglichkeit, das Ausländerkontingent nach dem Fall der Personenfreizügigkeit zu erhöhen, um die Auswirkungen abzufedern.
Bei der SFL sieht man im Moment «keinen akuten Handlungsbedarf», so formuliert es CEO Claudius Schäfer. «Wir warten jetzt ab, bis wir wissen, wie es weitergeht. Die Initiative muss ja erst in drei Jahren umgesetzt werden.» Schäfer sieht vor allem «viele Fragezeichen». Falls Kontingente eingeführt würden, hätte das laut Schäfer einen Mehraufwand für die Clubs zur Folge. Sie müssten dann nämlich auch für Spieler aus EU und Efta wieder mit zahlreichen Nachweisen eine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung beantragen. Derzeit ist das nur für Fussballer aus Drittstaaten nötig. «Das würde für die Vereine mehr Bürokratie bedeuten», sagt Schäfer.
Der Fall Simic
Um die Bewilligungen zu erhalten, müssen sich die Vereine an des Bundesamt für Migration (BfM) und die kantonalen Migrationsämter wenden. Auf diese Weise werden die Bewilligungen für Fachkräfte aus Drittstaaten verteilt. Ein Sportler belastet dabei dasselbe Kontingent wie ein Informatiker oder andere Fachkräfte. Für die Branchen gibt es spezifische Bestimmungen, die Fachkräfte erfüllen müssen, um einen Platz aus dem Kontingent zu erhalten.
Das BfM definiert die Anforderungen an Berufssportler dabei als «mehrjährige solide Wettkampferfahrung auf internationalem Niveau». Dass es sich bei diesem Kriterium nicht um eine Formalität handelt, zeigt der Fall von Veljko Simic, einem 18jährigen Serben, den der FC Basel im März 2013 verpflichtete und als grosses Talent anpries. Bis heute hat Simic noch nie für Basel gespielt, weil er die Anforderungen des BfM nicht erfüllte und deshalb keine definitive Aufenthaltsbewilligung erhielt.