Aargauer Zeitung vom 20.03.2014
Fussball · Die Anhänger des Drittligisten SV Austria Salzburg stehen für Vereinstreue und Tradition. Jene des von einem Getränkehersteller getragenen FC Red Bull kommen nur dann, wenn die Ergebnisse passen.
Markus brütsch, salzburg
Mit einem souveränen 3:0-Sieg in Eugendorf ist der SV Austria Salzburg am Sonntag in die Rückrunde gestartet. Acht Punkte beträgt der Vorsprung in der Regionalliga West auf das zweitklassierte Wattens. Nach vier Aufstiegen in den Jahren 2007 bis 2010 rückt die fünfte Promotion, der Aufstieg in die zweithöchste Spielklasse Österreichs, immer näher – und Obmann Mag.Dr.Walter Windischbauer seinem grossen Ziel: Rückkehr in den bezahlten Fussball.
In diesem sind die «Violetten» einmal eine grosse Nummer gewesen. Mit drei Meistertiteln in den Neunzigerjahren, dem Einzug in den Final des Uefa-Cups 1994 gegen Inter Mailand sowie einem Auftritt in der Champions League 1994/95.
Weil es danach aber sportlich wie finanziell abwärtsging, war man im Verein vorerst froh, als 2005 der in der Region ansässige Getränkehersteller Red Bull den Verein übernahm. Doch bald wurde klar, dass sich die neuen Verantwortlichen einen Deut um die Tradition des 1933 gegründeten Vereins scheren würden. Sie führten neue Vereinsfarben – rot und weiss – und ein neues Logo ein. Dieser «Farbenstreit» führte zum Bruch mit den treuen Fans. Zynisch war das Kompromissangebot, der Goalie dürfe mit violetten Stutzen spielen und der Captain eine violette Binde tragen. Und weil die neue Klubführung kein Geheimnis daraus machte, dass ihr nichts an diesen «Krawallbrüdern» lag, sagten viele Fans: «Das ist nicht mehr mein Verein», und entschieden sich, einen neuen Sportverein Austria Salzburg zu gründen und den Spielbetrieb ganz unten, in der 2.Klasse Nord, neu aufzunehmen.
Gespielt wird nun im MyPhone Austria Stadion. Im Schnitt wohnen 1100 Zuschauer den Spielen bei. Windischbauer hat am Montag bei der Liga die Lizenzunterlagen für die Bundesliga eingereicht. Geplant ist der Bau einer Hintertortribüne. Interessant dabei ist, dass die «Szene Aarau», die Dachorganisation der FC-Aarau-Ultras, 1600 Euro dafür gesammelt hat – aus Verbundenheit mit dem Austria-Fanclub Lunatics.
Nur einen Steinwurf entfernt, befindet sich die Red Bull Arena. 30000 Zuschauer werden heute das Stadion bis auf den letzten Platz füllen, wenn der FC Basel zum Europa-League-Spiel gegen den FC Red Bull Salzburg einläuft. Die Erfolge des Retortenklubs in der Liga und auf internationaler Bühne haben für Euphorie gesorgt. Es ist nach dem deutschen Bundesligisten Hoffenheim ein Indiz, dass auch von Mäzenen oder Firmen getragene Klubs vom Publikum angenommen werden.
«Erfolgsfans» ohne Leidenschaft
Allerdings handelt es sich in Salzburg um ein Event- oder Theaterpublikum ohne Leidenschaft, wie Kritiker aus der Austria-Ecke bemängeln. Sogenannte «Erfolgsfans», die schnell ungeduldig werden, wenn die Mannschaft nicht die gewünschten Ergebnisse liefert und auf ein Spektakel verzichtet. In der Tipp3-Bundesliga liegt der Zuschauerschnitt von Red Bull lediglich bei 10350, den aktuell weit weniger erfolgreichen Traditionsklub SK Rapid Wien wollen aber 13000 Fans sehen.