Presseschau

Basler Zeitung vom 02.04.2014

Salzburger Ungereimtheiten

Nach den neusten Ausschreitungen muss Bernhard Heusler umdenken

Von Peter H. Müller

Hooligans gehören nicht ins Fussballstadion. Das hat sich wieder einmal gezeigt. Die Uefa hat sich total gegen den FC Basel gestellt. Zu Recht?

Ja, wenn man die lasche und gutherzige aber untaugliche Politik des FC Basel als Massstab nimmt. Nein, wenn man die tatsächlichen Umstände mitberücksichtigt.

Entgegen jeglicher Praxis wurden in Salzburg stockbetrunkene Zuschauer aus Basel (nein, keine Fans, das sind Zuschauer, die der FC Basel nicht nötig hat) ins Stadion gelassen. Nicht nur das, es waren Zuschauer, die offensichtlich nicht zum harten Kern der Fans zählen, sondern den gewalttätigen Hooligans zugerechnet werden müssen. Und wo hat man diese Hooligans platziert? Sie haben es erraten: zuvorderst, hinter dem Tor, in Wurf­distanz zur Linie. Genau diese Leute konnten dann ihre Plastikflaschen, Fahnenstangen und noch anderes werfen.

Was tun die Verantwortlichen des FC Basel? Bernhard Heusler beruhigt persönlich diese Betrunkenen und erntet dafür den Applaus der Uefa. 35 000 Uefa-Geiseln freuen sich darüber, dass sie den Valencia-Match nicht anschauen müssen.

Eine ganze Menge ist in Salzburg schiefgelaufen, vieles hat der Salzburger Ordnungsdienst verbockt, aber die Ordnungsverantwortlichen des FC Basel haben eben ein weiteres Mal auch versagt. Fanarbeit nützt bei solchen Hooligans nichts – überhaupt nichts. Diese Leute verstehen nur eine Sprache: Repression und damit gesamt­schweizerische, ja europaweite Stadionverbote, Rayonverbote, Meldepflichten – das ganze Spektrum des Hooligan-Konkordats. Diese Hooligans vermiesen mehr als 35 000 Fans die nächsten Spiele, sie zerstören nachhaltig den Ruf des FC Basel (mit seiner guten Fanarbeit – das muss auch gesagt sein), das Image der Stadt und Region Basel. Dazu kommt jetzt noch das Damoklesschwert eines zweiten Geisterspiels, falls wieder etwas «passiert». Das aber ist doch fast so sicher wie die Regelmässigkeit des Sonnenaufgangs. Es gibt so viele Gelegenheiten, bei denen sich diese Gewalttäter hervortun können, angefangen beim Cupfinal über die letzten Spiele der Meisterschaft bis zur nächsten und übernächsten Saison mit hoffentlich weiteren Höhepunkten.

Was aber kümmert das Bernhard Heusler? Nichts, gar nichts, er hat alles im Griff, ausser die Ordnung im und vor dem Stadion. Dort werden jetzt neuerdings drei Meter hohe Schuss­kanzeln für Wasserwerfer und Gummi­schrotflinten bereitgestellt, drei Meter hohe Sichtwände und eine Hundertschaft von bewaffneten Polizisten «schützt» die 99,99 Prozent der richtigen Fans. Ich selbst fühle mich von dieser Polizei nicht beschützt, sondern bedroht und veräppelt. Passiert nämlich tatsächlich etwas, dann werden sämtliche Zuschauer, die Richtung Stadt den Nachhauseweg suchen, genau zu dieser Angriffsburg geleitet. Damit kann im Ernstfall kein Zugriff erfolgen, die Flexibilität dieses Dispositivs ist schlicht und ergreifend eine einzige Katastrophe, die Sicherheit vorgaukelt. In Wirklichkeit werden die 99,99 Prozent richtigen Fans potenziell bedroht.

Stellen wir uns doch einmal vor, die Greenpeace-Aktion hätte mit irgendwelchen gefährlichen Gegenständen stattgefunden, oder eine Haltestange wäre gebrochen und wäre auf den Rasen vor der Spielerbank gefallen. Oder stellen wir uns vor, eine einzige Plastikflasche hätte einen Schiedsrichter oder einen Spieler getroffen. Dann wäre vielleicht allen Zuschauern klar, dass es harte Massnahmen gegen Gewalttäter – Hooligans – braucht. Nur Bernhard Heusler nicht.

In Bern haben 78 Prozent der Stimmberechtigten dem Beitritt zum erweiterten Hooligan-Konkordat zugestimmt, in Zürich 85 Prozent, in den beiden Basel würden es gemäss repräsentativen Umfragen auch über 60 Prozent sein, in andern Kantonen bewegte sich das Verhältnis auch im sehr hohen Ja-Anteil. Nur die beiden Basler Parlamente meinen, es sei unnötig, darüber auch nur schon zu diskutieren, weil man damit bei den FCB-Fans anecke. Das Gegenteil ist der Fall: Die Fans wollen faire, laute und gewaltlose Spiele. Nach Salzburg erst recht. Stellen wir uns einmal vor, irgendein Täter wird wegen irgendwas gesucht. Da findet die Polizei irgendeinen Passanten, verhaftet ihn, sperrt ihn ohne Gerichtsverhandlung ein und schreibt eine schöne Medienmitteilung. Undenkbar. Natürlich ist das undenkbar. Nur im Fussball und bei der Uefa ist das möglich, noch mit dem Applaus von Bernhard Heusler. Nicht einmal der Versuch einer Einsprache bei der Uefa – zugunsten der 99,99 Prozent korrekten Fans – wurde unternommen. Wer fühlt sich dabei wohl? Selbst zu Hause vor dem eigenen Fernseher bleibt am 3. April ein sehr schales Gefühl und leider kein Applaus für Bernhard Heusler.

Doch noch ein letztes Wort: Bernhard Heusler ist ein ausgezeichneter Fussballmanager, ein Glücksfall für Basel, eine Ausnahme der ganzen Branche. Nur seine Hooligan-Ansichten zerstören diesen guten Ruf, Fall für Fall ein bisschen mehr. Es ist Zeit zu handeln. Es braucht das erweiterte Hooligan-Konkordat, damit Täter konsequent, schnell und Weiteres verhindernd bestraft und von den Stadien ferngehalten werden können. Die Täter müssen wissen, dass eine Tat Konsequenzen nach sich zieht. Diese Haltung verhindert nicht die gute Fanarbeit. Wer nichts tut, hat nichts zu befürchten. Diese Haltung erlaubt es, die Bereitschaft der Ordnungskräfte in den Hintergrund zu «versorgen», zum Wohl der 99,99-prozentigen, beispielhaften Fans des FC Basel. Dazu braucht es einen Ausbau und/oder eine striktere Ausnützung der Kontrollen im Hintergrund (Kameras, Polizei, persönliche Beobachtungen), einen Umbau des Stadions (Verlegung des Gästesektors zum Bahndamm und Verlegung des Familien­sektors in den jetzigen Gästesektor), und nicht zuletzt eine Verlegung der Busse für den Gästesektor, weg vom Stadion, erreichbar per Bahn.

Peter H. Müller ist CVP-Landrat aus Oberwil und FCB-Fan seit 1964.

Zurück