Presseschau

NZZ am Sonntag vom 27.04.2014

Die Sportwoche

Der Cup-Final und seine Folgen aus objektiver Sicht

Von Benjamin Steffen

Mit dieser Geschichte ist es wie mit einem Fanmarsch: Man weiss nicht genau, wo der Anfang ist. Bei der Gründung von Bern 1191? Bei der Einführung des Schweizer Fussball-Cups 1925? Bei der Wahl Ancillo Canepas 2006 zum Präsidenten des FC Zürich? Starten wir deshalb der Einfachheit halber so, wie einst alles begann, mit einem Montag.

Ostermontag. Fans des Fussballclubs Zürich (kurz: FCZ) reisen nach Bern. Im Cup-Final trifft der FCZ auf den FC Basel (kurz: FCB). Als die FCZ-Fans durch die Strassen ziehen, rufen sie «Scheiss-YB». Die Young Boys (kurz: YB) nehmen am Final indes nicht teil, weil sie letzten Herbst dem FC Le Mont Lausanne (kurz: Fussballzwerg) unterlagen.

Der Sicherheit zuliebe haben die Berner Behörden für den sogenannten FCZ-Fanmarsch eine Route vorgegeben. Demzufolge müssten sich die FCZ-Fans vor dem Münster versammeln; auf dem Weg vom Bahnhof zum Münster werden die Zürcher aber von Müdigkeit, Orientierungslosigkeit oder anderen schwarzen Mächten überwältigt und rasten auf dem Bärenplatz. Logische Folge: Ausschreitungen, Plünderungen.

Im Final zeigt der Schiedsrichter Patrick Graf gegen Basel eine diskutable rote Karte.

Der FCZ siegt, Canepa sagt: «Der Schiedsrichter war sehr objektiv, Kompliment.»

Graf sagt später: «Weiterspielen zu lassen, wäre der richtige Entscheid gewesen.»

Dienstag. Titel auf blick.ch: «Die ehrliche Haut aus dem Emmental.» Gemeint ist Graf. Er sei Geschäftsstellenleiter einer Bank; Ort und Name derselben werden auch verraten. Via Google lassen sich Grafs E-Mail und Telefonnummer leicht eruieren. FCB-Fans verplempern kaum mehr Zeit, wenn sie nach der Müllhalde ihres Zorns fahnden. So was nennt sich Leserservice. Soll den Baslern ja nicht so ergehen wie den FCZ-Fans, die das Münster suchten und den Bärenplatz fanden.

Mittwoch. Canepa sagt in der NZZ: «Unsere Fan-Verantwortlichen sagten mir, am Marsch seien Leute dabei gewesen, die sie noch nie zuvor gesehen hätten. Da liegt der Verdacht nahe, dass Krawall-Touristen dabei waren.» Sehr objektiv, Kompliment.

Donnerstag. Manuel Willi, der Chef der Berner Regionalpolizei, sagt im «Tages-Anzeiger»: «Unsere Szenekenner haben 77 Prozent der 44 Festgehaltenen eindeutig der Zürcher Fan-Szene zugeordnet.» Erstaunlich.

Der «Blick» schreibt: «Mord-Drohungen gegen Cup-Final-Schiri!» Erstaunlich.

Freitag. Der Schweizerische Fussballverband gibt bekannt, er kandidiere nicht für die Durchführung von Euro-Spielen 2020.

Richtig so! Fehlte uns ja noch, eine Masseneinwanderung ausländischer Fans – wie an der Euro 2008, als Holländer Bern überschwemmten. Die holländischen Fans waren verdächtig andersartig, freundlich und gesittet. Wie Friedenstauben, objektiv gesehen.

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