Presseschau

Berner Zeitung vom 04.03.2015

«Bei uns ist niemand grösser als der Klub»

Fussball · Basel spielt heute im Cup-Viertelfinal in Münsingen. FCB-Sportdirektor Georg Heitz äussert sich zu zehn Thesen – es geht um 20-Millionen-Transfers und einen Wechsel Basels in die Bundesliga, um die Rivalität zu YB und den FCB-Schiedsrichterbonus.

Der FC Basel ist Serienmeister, Leader, Branchenprimus der Schweiz – und er ist diese Saison immer noch in drei Wettbewerben engagiert. Heute tritt er im Cup-Viertelfinal in Münsingen an, nächste Woche im Rückspiel der Champions-League-Achtelfinals in Porto (Hinspiel 1:1).

Georg Heitz, ab 2009 FCB-Sportkoordinator, stieg vor drei Jahren zum Sportdirektor und Verwaltungsrat auf. Früher arbeitete Heitz als Journalist bei der «Basler Zeitung» und in der Medienabteilung der Fifa, heute verantwortet er die kluge Transferpolitik Basels. Der 45-jährige Basler nimmt Stellung zu zehn – teilweise provokativen – Thesen rund um den FCB.

1 Von 100 Spielen gegen Münsingen gewinnt der FC Basel 100.

Wir haben noch nicht 100 Partien gegen Münsingen bestritten, diese These wird sich vermutlich nur schon deshalb nie belegen lassen. Klar ist: Alles andere als ein Sieg im Viertelfinal wäre für den FCB eine riesige Enttäuschung. Aber wir wissen aus eigener Erfahrung, wie hart es in Münsingen wird.

2 Basel ist zu gut für die Schweiz und sollte schon lange in der 1. Bundesliga spielen.

Das stimmt überhaupt nicht. Erstens hat es in der Super League starke Gegner, wir haben beispielsweise erst vor etwas mehr als einer Woche in Bern gegen YB verloren. Zweitens fühlen wir uns in der Super League wohl und müssen uns jedes Jahr wieder beweisen. Die Liga ist nicht so schlecht, wie auch die Medien sie manchmal machen. Und in der Bundesliga wartet niemand auf einen Schweizer Klub aus einer vergleichsweise kleinen Stadt. Da hat es in der 2. Bundesliga oder sogar noch tiefer einige Klubs aus grösseren Städten.

3 Der FCB ist froh um ein starkes YB – sonst wird es langweilig.

Aber klar doch, obwohl es uns nie langweilig wird. Es tut uns gut, wenn andere Teams wie in den letzten Saisons Zürich und GC oben mitspielen. Und es ist so, dass die Young Boys die Möglichkeiten besitzen, uns herauszufordern. Es gab ja in den letzten Jahren einige bedeutende Begegnungen zwischen uns, da hat man gesehen, dass eine Rivalität besteht.

4 Vor 5 Jahren, vor der unseligen Phase 3 in Bern, waren die Young Boys fast gleich weit wie Basel, das heute in allen Bereichen deutlich besser aufgestellt ist.

Die von uns gegen YB gewonnene Finalissima 2010 war rückblickend schon eine Art Zäsur. Seither wurden wir fünfmal Meister, während YB keinen Titel holte. Jetzt sind die Young Boys aber wieder auf einem guten Weg. Wir haben grossen Respekt vor jedem Verein, und YB besitzt natürlich ein gewaltiges Potenzial, ein tolles Stadion, viele Fans und ausgezeichnete wirtschaftliche Möglichkeiten. Die Young Boys sind derzeit, wenn überhaupt, gar nicht weit von uns entfernt und besitzen ein starkes Team.

5 Der FC Basel schwimmt im Geld und weiss bald nicht mehr, wohin damit.

Wir haben in den letzten Jahren ausserordentlich hohe Einnahmen gehabt dank den Teilnahmen an der Champions League und den vielen Spielerverkäufen ins Ausland. Es ist aber nicht so, dass wir nicht wissen, wo wir investieren möchten. Es gibt immer etwas zu tun, im Stadion etwa oder im Nachwuchs und im Kader. Wir sind deshalb froh um gewisse Reserven.

6 Breel Embolo wird der erste Schweizer Fussballer, der mehr als 20 Millionen Franken Ablösesumme kostet.

Man muss, gerade bei jungen Spielern, immer vorsichtig sein. Embolo ist ein herausragendes Talent, aber er ist vor kurzem erst 18 Jahre alt geworden. Er muss seine Leistungen auf hohem Niveau noch konstant bestätigen. Es tut ihm gut, spielt er noch in der Schweiz, er ist klar im Kopf und weiss genau, was er will. Ich bin auch kein Freund davon, Spieler zu vergleichen und zu beurteilen, ob Embolo jetzt mit 18 weiter ist als es Xherdan Shaqiri, Granit Xhaka oder wer auch immer war. Und um eine derart hohe Ablösesumme zu erzielen, müssen sowieso mehrere Faktoren stimmen. Der Spieler muss sich weiterentwickeln, wir müssen Erfolg haben, es müssen sich mehrere Klubs einen Bieterwettbewerb liefern und alle Beteiligten am Transfer interessiert sein.

7 Es spielt keine Rolle wer den FCB trainiert – entscheidend ist ohnehin der Vorstand, der in Basel alles entscheidet.

Wir haben in den letzten fünf Jahren vier verschiedene Trainer gehabt, und jeder war zu seiner Zeit die richtige Lösung für uns. Manchmal will ein Trainer weg, manchmal passt es nicht mehr, manchmal muss man neue Reize setzen. Bei uns ist niemand grösser als der Klub. Wir führen den Verein und sind am langfristigen Erfolg interessiert, ein Trainer möchte oft möglichst viel möglichst schnell. Wir wollen nicht zu sehr von einem Trainer abhängig sein. Allerdings redet der Trainer selbstverständlich bei Transfers mit und kann einen Wechsel verhindern, wenn er glaubt, dass uns der betreffende Spieler nicht weiterbringt.

8 Die aktuelle Meisterschaft wird nur noch spannend, wenn Basel in der Champions League gegen Porto weiterkommt und nicht zu sehr mit der Super League beschäftigt ist.

Unser Vorsprung ist nicht so gross, YB und Zürich sind sieben und acht Punkte zurück, das kann man schnell aufholen. Die Super League ist unser Kerngeschäft, und ich halte ohnehin nichts von dieser Diskussion um Doppel- oder Dreifachbelastung. Wir haben ein Kader von 20 bis 25 Spielern, die alle als Profis angestellt sind. Ich glaube nicht, dass es uns schaden würde, in die Viertelfinals der Champions League einzuziehen. Im Gegenteil, das würde uns sogar noch einen zusätzlichen Schub geben.

9 Den Schiedsrichterbonus hat sich der FCB redlich verdient. Gerade YB wurde in den letzten Jahren in Duellen mit Basel ja oft stark benachteiligt.

Es ist gegenüber den Schiedsrichtern grob unfair, wenn behauptet wird, sie würden uns absichtlich bevorteilen. Jedes Team findet immer wieder Gründe, sich über Fehler der Spielleiter zu beklagen, das gehört zum Fussball. Man sollte als Verantwortlicher solche Diskussionen aber nicht zu sehr befeuern, weil man dadurch den Spielern und Trainern zu Alibis verhilft. Deswegen haben wir beispielsweise nach unserem Heimspiel kürzlich gegen Sion die ungerechtfertigte Rote Karte gegen unseren Goalie Tomas Vaclik nicht gross thematisiert. Klar ist aber auch, dass ein Fehlentscheid zugunsten des FC Basel oftmals für grosse Resonanz sorgt, weil dieser Klub halt in der jüngsten Vergangenheit sehr erfolgreich war.

10 Für Georg Heitz gibt es als Steigerung nach den tollen, erfolgreichen Jahren in Basel nur noch die Bundesliga, wo in einigen Vereinen ziemlich chaotisch gearbeitet wird und fähige Sportchefs gesucht werden – und Marco Streller wird sein Nachfolger beim FCB sein.

Ich beginne mal von hinten: Wir hoffen in Basel alle, dass Marco Streller, wenn er seine Karriere irgendwann beendet hat, eine Funktion beim FCB übernimmt. Vorerst brauchen wir ihn aber noch als Fussballer. Und was mich betrifft: Ich glaube nicht, dass jemand in der Bundesliga auf Georg Heitz wartet. Da gibt es prominentere Kandidaten. Ich fühle mich in Basel wohl und denke keine Sekunde daran, wo ich später arbeiten könnte. Was ich aber schon heute sagen kann: Ich werde beim FCB nie unter einem anderen Präsidenten als Bernhard Heusler arbeiten.
Fabian Ruch

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