Presseschau

St. Galler Tagblatt vom 09.10.2015

Die Fahne bleibt meist draussen

Andreas Hess ist eingefleischter Fan des FC Basel, und das seit 45 Jahren. Er verfolgt jeden Match der Rot-Blauen, meist vor dem Fernseher. Die Fahne auf seinem Balkon rollt er nur ein, wenn seine Lieblingsmannschaft ein Spiel verliert.

PHILIPP STUTZ

OBERUZWIL. Rot-Blau ist bei Andreas Hess dominant. Das beginnt schon beim Türvorleger, den das Emblem des FC Basel ziert. Im Wohnzimmer findet sich eine Leuchtschrift, selbstverständlich in den Clubfarben gehalten, ebenso wie ein Teil der Bettwäsche. Die Verbundenheit mit dem FC Basel dokumentiert weiter ein Teppich, den Hess' Mutter für ihren Sohn gestickt hat. Und selbst der WC-Deckel im Badezimmer trägt den Schriftzug des erfolgreichen Sportvereins.

Fahne ist nicht zu übersehen

«Ich halte dem FC Basel seit rund 45 Jahren die Treue», sagt Andreas Hess. Er war Anhänger des erfolgreichen Mittelfeldregisseurs Karl Odermatt und besuchte vor vielen Jahren einen Match zwischen dem FC Zürich und dem FC Basel, den die Mannschaft vom Rheinknie klar verlor. Das bedeutete für den Oberuzwiler aber Ansporn, Basel-Fan zu werden. Sein Sohn Peter tut es ihm gleich.

Die Clubfahne auf dem Balkon des Mehrfamilienhauses an der Flawilerstrasse ist nicht zu übersehen. Verliert seine Mannschaft eine Partie, rollt Andreas Hess sie für kurze Zeit ein. Was bei der gegenwärtigen Erfolgswelle des Vereins nur selten der Fall ist. Die Fahne bleibt jeweils so lange draussen, bis die Fussballsaison zu Ende ist.

Mitfiebern vor dem Fernseher

Reisen zu Spielen im Ausland kommen für Andreas Hess nicht in Frage. «Zu teuer», stellt er nüchtern fest. Auch die Heimspiele des Clubs besucht er aus Kostengründen selten. Die meisten Spiele verfolgen Vater und Sohn vor dem Fernseher. «Findet ein Match am Samstagabend statt, gibt's für mich keinen Ausgang», betont Andreas Hess. Der Oberuzwiler schwärmt von Christian Gross, Sohn eines Polizisten und langjähriger Trainer. Dieser habe die Basler nach langer Durststrecke wieder zum Erfolg zurückgeführt. Besucht Andreas Hess doch mal ein Spiel im Stadion, faszinieren ihn die Choreographien und die vielen bunten Fahnen, die von Anhängern geschwenkt werden. Die berüchtigte Muttenzer Kurve meidet er. Mit Rauchpetarden und vermummten Randalierern hat er nichts am Hut.

«Ich befürworte die Internetfahndung», sagt Andreas Hess. Dass wegen Saubannerzügen jeweils ein grosses Polizeiaufgebot nötig wird, was wiederum mit hohen Kosten – sprich Steuergeldern – verbunden ist, verurteilt er aufs schärfste. «Fussball muss doch ein friedliches sportliches Kräftemessen sein.»

Gegen Fussballrowdys

Andreas Hess ist aktiver Gewerkschafter und Mitglied der Unia. Er war auch in der Mitarbeiterkommission der Bühler AG tätig. Dass Fussballspieler exorbitante Saläre beziehen, stört ihn. «Dass einige von ihnen – wie etwa der Engländer Wayne Rooney – in einer Woche mehr verdienen als ich im Zeitraum von vier Jahren, ist ein Skandal.» Aber auch in der Schweiz sind Kicker in der Super League vielfach überbezahlt. Dass der FC Basel mit einem Budget von gegen 60 Millionen Franken alle anderen Clubs in den Schatten stellt und die Meisterschaft langweilig gestaltet, stellt der eingefleischte Fan nicht in Abrede. Der Verein werde halt professionell geführt und beschäftige zwischen 60 und 70 Mitarbeiter. «Der Club ist eine Institution», sagt Andreas Hess.

Konkurrenz durch grüne Fahne

Der Oberuzwiler wird den Baslern weiterhin die Treue halten. Die Fahne wird auch fortan ihren festen Platz auf dem Balkon einnehmen. Zuweilen bietet Nachbar Werner Brunner ihm Paroli. Auf dem Balkon des Nachbarn prangt dann nicht Rot-Blau, sondern das satte Grün der St. Galler Kantonalfahne.

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