Basler Zeitung vom 25.11.2015
Um den St.-Jakob-Park führt die Stadt ein Mehrwegpfand ein – dieses findet in Münchenstein Anwendung
Von Martin Regenass
Basel. Im und um den St.-Jakob-Park soll während Fussballspielen, Konzerten und anderen öffentlichen Veranstaltungen so wenig Abfall wie möglich anfallen. Zu diesem Zweck müssen die Wurststände, Kioske und Getränkeverkäufer auch ausserhalb des Stadions auf Becher, PET-Flaschen und Bierdosen Pfand verlangen. Zurück geht diese Regel auf eine Änderung im Umweltschutzgesetz, die der Grosse Rat im November 2014 guthiess. Das Parlament stimmte der Gesetzesänderung mit 48 zu 41 Stimmen zu. Sechs Grossräte enthielten sich. Für die Umsetzung zuständig ist das Amt für Umwelt und Energie Basel-Stadt (AUE). In Kraft tritt diese Regel im Januar 2016.
Bei den Take-Aways sowie Shops unterhalb des Rasens und den Ständen ausserhalb des Stadions löst die neue Pfandregel nicht gerade Begeisterung aus (BaZ berichtete). Die Betreiber im Shopping-Center befürchten Wettbewerbsnachteile, weil die Spiele und Veranstaltungen über die Öffnungszeiten des Centers hinausgehen. So würden auch Leute gedrängt, ein Pfand zu bezahlen, die gar nicht an der Veranstaltung teilnehmen. Sie müssten dann an einem anderen Tag wieder ins Shopping-Center kommen, immer mit dem negativen Hintergedanken, dass dort noch ein Pfand hinterlegt ist. Die Betreiber fürchten deshalb, dass Basels Pfandpflicht Kunden vergraulen könnte.
Tankstelle ebenfalls betroffen
Selbst Standbetreiber um das Stadion herum tun sich mit dem Gedanken an das Mehrwegsystem schwer. «Das Handling und die Logistik der diversen Becher und Flaschen geht am Gewinn verloren, weil es einen Mehraufwand bedeutet», sagt ein Caterer auf Anfrage. Das Pikante an der Sache: Innerhalb des Stadions soll ein anderes Bechersystem betrieben werden. Ob gar jeder Take-Away und Läden im Shopping-Center St.-Jakob-Park ein eigenes System betreiben wird, damit die Kasse am Ende ausgeglichen ist, ist noch unklar. Das hätte zur Folge, dass Matchbesucher mit einem halb vollen Becher von ausserhalb nicht ins Stadion gelassen werden.
Betroffen von der Mehrwegbecherregel ist auch die Coop-Pronto-Tankstelle nahe der St. Jakobshalle. Sie liegt an der Brüglingerstrasse, die in Richtung Dreispitz führt. Von der Tankstelle geht die Gefahr aus, dass dort die Besucher der FCB-Spiele oder anderer Events die PET-Flaschen oder Bierdosen kaufen und sie – falls kein Pfand verlangt würde – vor dem Stadion liegen lassen würden.
Um auch die Tankstelle ins Mehrwegbechersystem einbinden zu können, hat das AUE einen Bereich definiert, in dem Pfand verlangt werden soll. Das Problem: Dieser sogenannte Rayon erstreckt sich auch auf Baselbieter Boden. Betroffen sind somit auch die Caterer und Kioske auf Münchensteiner Grund. Es ist der Kiosk beim St.-Jakobs-Turm sowie ein Bier- und Wurststand. Die Frage drängt sich daher zwangsläufig auf, wie das basel-städtische Mehrwegbechergesetz auf Münchensteiner Boden durchgesetzt werden kann.
Bei der Gemeinde Münchenstein bestätigt Martin Strübin, Leiter des Tiefbauamts, dass Kiosk, Bier- und Wurststand auf Münchensteiner Boden liegen. «Aber die praktische Umsetzung des Mehrwegbecherkonzepts liegt bei der Grundeigentümerin Immobilien Basel-Stadt. Diese hat mit den verschiedenen Betreibern von Getränke- und Essensständen die Entsorgung zu klären», sagt Strübin. Somit liege die operative Durchführung bei der Stadt Basel respektive dem Kanton Basel-Stadt. Auf das restliche Territorium von Münchenstein könne die Regel laut Strübin allerdings nicht angewandt werden.
Ball wird hin und her gespielt
Bei Immobilien Basel-Stadt heisst es auf Anfrage, dass das Basler Sportamt für die Umsetzung zuständig sei, da dieses die St. Jakobhalle auf Münchensteiner Boden betreibe. Das Sportamt wiederum leitet an die Gastronomieabteilung der St. Jakobshalle weiter. Dort aber heisst es, dass dieser Umstand per Gesetz so definiert sei. Keine Antwort gibt das AUE. Es handle sich um eine laufende Umsetzung.
Eine allgemeine Einschätzung zur Frage, wie das Basler Umweltschutzgesetz auf Baselbieter Boden durchgesetzt werden kann, gibt Denise Buser. Die Titularprofessorin für kantonales öffentliches Recht an der Universität Basel sagt, dass das Territorialprinzip zwar nicht verletzt werden dürfe. «Aber wenn der Eigentümer des Grundstücks auf Münchensteiner Boden in einer Hausordnung die Bestimmungen des Basler Umweltschutzgesetzes festmacht, dann ist das zulässig.» Das Umweltschutzgesetz würde damit über das Eigentumsrecht wirksam. Weiter wäre dies auch der Fall, wenn der Grundstückeigentümer Lizenzen an die einzelnen Standbetreiber vergeben würde. «Der Eigentümer kann dann die Betriebsbewilligungen mit Auflagen bezüglich der Abfallentsorgung versehen», sagt Buser. Auch damit wäre indirekt das Basler Umweltschutzgesetz wieder umgesetzt – und zwar auf Baselbieter Boden.
Nicht so verzwickt ist die Angelegenheit in Zürich. Im Letzigrund gibt es seit einigen Jahren bereits im Stadion drin ein Mehrwegbechersystem, um den Abfall zu vermeiden. Doch ausserhalb gilt dieses System nicht.