Presseschau

TagesWoche vom 19.02.2016

«Diskret, verschwiegen, diszipliniert, intensiv»

Pascal Naef über seine Arbeit für Gigi Oeri und den FCB

Christoph Kieslich; Samuel Waldis

Er ist gewissermassen ein Relikt aus der Amtszeit von Gigi Oeri beim FC Basel: Pascal Naef, der persönliche Assistent der Ex-Präsidentin, betreut die Profis des FCB und versucht deren Alltagsprobleme zu lösen. Ein Gespräch mit einem ebenso dienstbaren wie unauffälligen Menschen hinter den rotblauen Kulissen.

Pascal Naef, was genau machen Sie eigentlich beim FC Basel?

Ich bin das Mädchen für alles. Auf der einen Seite bin ich Spielerbetreuer, wenn nötig, helfe ich bei der Arbeit mit den Medien, und falls es sonst etwas zu erledigen gibt, mache ich das auch. Wohnungen übergeben zum Beispiel.

Wir haben nicht nach einer Stellenbeschreibung gefragt, weil wir gar nicht wissen, ob Sie angestellt sind beim FCB.

Bin ich nicht.

Sie machen das aus karitativen Motiven heraus?

Nein, auch nicht. Es ist eine Vereinbarung zwischen der ehemaligen Präsidentin und dem jetzigen Präsidenten, dass ich die Aufgaben, die ich schon während der Amtszeit von Gigi Oeri als ihr persönlicher Assistent übernommen habe, auch weiterhin mache.

Wo sind Sie Gigi Oeri über den Weg gelaufen, und wie wurden Sie ihr persönlicher Assistent?

Kennengelernt habe ich sie im John Valentine Fitness Club. Zu Beginn war ich so etwas wie ihr Chauffeur, etwa zu den Spielen des FCB. Zu Auswärtsspielen bin ich schon vorher gefahren, aber von da an war ich eben mit Frau Oeri unterwegs und sass im VIP-Sektor statt in der Fankurve. So bin ich in die Tätigkeit als Gigi Oeris Assistent hineingewachsen, und daraus hat sich der Job beim FCB entwickelt.

«Ich überlasse es Ihnen zu beurteilen, ob ein Fussballer alles selber erledigen kann.» – Pascal Naef, seit vielen Jahren ein dienstbarer Geist hinter den Kulissen des FC Basel.

Wahrgenommen hat man Sie erstmals, als Jacques Zoua als junges Talent aus Kamerun beim FCB getestet wurde. Damals noch unter Christian Gross.

Zuvor habe ich zum Beispiel schon Papa Malick Ba wegen der Aufenthaltsbewilligung nach Bern begleitet. Aber richtig angefangen hat es 2008 mit Jacques Zoua. Das hat sicher damit zu tun, dass auch meine Frau aus Kamerun stammt.

Wie sieht Ihr klassischer Arbeitstag aus?

Bevor die Mannschaft unterwegs ist, bin ich in meinem Büro in der Nähe des Spielzeug Welten Museums. Um 8 Uhr, wenn die Mannschaft ins Stadion kommt, bin ich bereits dort. Der Ablauf ist bekannt: Frühstücken, Training, dann Freizeit oder nochmals Training.

Und in dieser ganzen Zeit sind Sie als hilfreicher Geist vor Ort, insbesondere für die ausländischen Spieler?

Ich versuche, Probleme mit Teammanager Gusti Nussbaumer und der Mediensprecherin Andrea Roth zu lösen, auch während des Trainings. Wenn beispielsweise die Parkkarte eines Spielers nicht funktioniert, schaue ich, dass er sie nach dem Training wieder hat.

«Ein Fussballer muss heutzutage schon einige Energie aufbringen, um leisten zu können, was von ihm verlangt wird.»

Ein einfach zu lösendes Problem. Gibt es auch Schwieriges?

Klar! Wo wohne ich? Welches Auto fahre ich? Was machen meine Kinder? Wie wird meine Familie integriert? All diese Fragen der Spieler betreffen mich sowie teilweise auch Gusti Nussbaumer, der sich vorher allein um solche Sachen gekümmert hat.

Warum brauchen Fussballer jemanden, der das für sie übernimmt, während andere Ausländer in der Schweiz das alles selber lösen?

In anderen Branchen gibt es auch jemanden, der sich um diese Probleme kümmert. Einige Unternehmen haben gar explizit Leute dafür angestellt. Der Amerikaner kommt nicht in die Schweiz und fragt sich, wo er wohnen soll. Dem wird gleich gesagt, am besten in den Reinacherhof zu ziehen, da gibt es andere Amerikaner.

Sind Sie jemand, der gerne einen Pascal Naef in Anspruch nehmen würde?

Nie im Leben. Ich mach das lieber alles selber. Aber die Frage ist: Habe ich Zeit? Kann ich das selber? Und traue ich mir das zu? Ich überlasse es Ihnen zu beurteilen, ob ein Fussballer alles selber erledigen kann.

Fussballer haben doch jede Menge Zeit.

Das sagen Sie. Die Frage ist einfach, ob ein Mensch für diese organisatorischen Dinge Zeit aufwenden will und kann. Ich versuche mich stets in die Person hineinzuversetzen, die neu in die Schweiz kommt. Die Eingewöhnungszeit braucht Energie. Das hält einen von anderen Sachen ab, und ein Fussballer muss heutzutage schon einige Energie aufbringen, um leisten zu können, was von ihm verlangt wird.

Stets zu Diensten: Pascal Naef (rechts) bei einem Juniorenspiel des FC Basel auf dem Nachwuchs-Campus, hinten Chefcoach Urs Fischer (links) und Assistenztrainer Marco Walker.

Es gibt sicherlich auch Fussballer, die versuchen, ohne Sie auszukommen.

Zum Glück.

Wer ist das?

Das spielt keine Rolle (lacht). Aber Sie können davon ausgehen, dass die Schweizer mich nicht brauchen respektive selten. Das hat mit der Sprache zu tun, aber auch mit dem Wissen um die Strukturen. Aber für einen Isländer ist es bereits etwas anderes, wenn er in die Schweiz kommt. Wir sind teilweise ein kompliziertes Land, und je nach dem, woher man kommt, sind wir sogar ein sehr kompliziertes Land.

Sie werden einem neuen Spieler als eine der ersten Ansprechpersonen beim FCB vorgestellt?

Ich hole die Spieler oft am Flughafen ab. Dann bin ich die erste Kontaktperson, da gibt es gleich den ersten Austausch. Ich versuche jeweils, keine Zeit zu verlieren, warte nicht ab, bis der Spieler mit seinen Fragen kommt. Sondern ich sage ihm gleich, wie es zu und her geht. Da beginnen die Zahnräder bereits ineinanderzugreifen.

Sie erklären den Neuen, wie sie eine Wohnung finden, wo es Kindertagesstätten gibt, wie sie ein Konto eröffnen. Sie sind ein Lebensberater.

Also leben müssen die Spieler schon selber.

Ein Alltagslebensberater.

Auch den Alltag müssen sie irgendwann selber bewältigen. Mein Job ist personenbezogen. Die einen brauchen mehr Betreuung, die anderen weniger. Es ist alles eine Frage der Nationalität und des Charakters. Woher ein Spieler kommt, wo er gespielt hat, aus welchem Kulturkreis er stammt, das weiss ich jeweils im Voraus. Alles andere lasse ich auf mich zukommen. Ich bin in Aesch in einem Quartier mit vielen Ausländern aufgewachsen, und mir fällt es leicht, mich in eine Situation oder Person hineinzuversetzen.

Spielt es für diese Arbeit eine Rolle, dass Ihre Ehefrau aus Kamerun stammt?

Eine enorme Rolle. Ich hatte ein gewisses Grundgerüst, was Kommunikation über Kontinente hinweg betrifft, und das Zusammenleben mit meiner Frau ist meine Masterarbeit. Da durfte und musste ich schon einige Dinge lernen, die mir vorher nicht bewusst waren über das Leben als Ausländer in der Schweiz.

Über negative Erfahrungen?

Negative wie positive – einfach Beispiele aus dem täglichen Leben.

«Man lernt eher den Menschen kennen als den Fussballer. Ich sehe in eine Intimsphäre, die ein Journalist oder ein Fan nie sieht.»

Verraten Sie uns doch mal, wer die leichtesten und schwierigsten Fälle waren. Sie können die aktuellen Spieler ausklammern, damit sich niemand betupft fühlt.

Auch die Ehemaligen könnten sich betupft fühlen.

Sie können es ja charmant ausdrücken.

Ich beginne mal so: Man lernt eher den Menschen kennen als den Fussballer. Dadurch habe ich einen anderen Zugang zu Personen. Ich sehe in eine Intimsphäre, die ein Journalist oder ein Fan nie sieht. Ihre Frage ist eine Jokerfrage. Jeder hat seine positiven und negativen Seite. Deswegen kann ich Ihre Frage unmöglich beantworten.

Dann können Sie vielleicht von Situationen erzählen, in denen Sie dachten: Das kann jetzt aber wirklich nicht sein.

Wenn einer auf einer Landstrasse zu schnell fährt. Obwohl man ihm hundertmal erklärt hat, dass das nicht geht und wie die Gesetze in der Schweiz lauten.

Oder mal eine Wohnung, die unaufgeräumt hinterlassen wird?

Das ist der Regelfall. Bei einem Fussballer geht der Auszug so schnell vonstatten wie der Transfer. Die haben keine Zeit, noch die Haarklammern zu entsorgen. Die Wohnungen sind in der Regel aufgeräumt, aber nicht so, wie Sie und ich die Wohnung hinterlassen würden.

Wie lief das eigentlich ab mit dem Problemfall Yoichiro Kakitani?

Yoichiro Kakitani hatte seine eigenen Betreuer, unter anderem einen Dolmetscher. Er war in seiner eigenen Welt.

Hatten Sie gar keinen Zugriff auf ihn?

Doch. Gewisse Diskussionen haben schon stattgefunden. Aber er hat mich halt insofern nicht gebraucht, als er andere Bezugspersonen hatte.

Was hat bei Kakitanis Integration nicht funktioniert?

Das ist schwierig zu sagen. Da spielen viele Faktoren mit.

Nämlich?

Dass er vielleicht noch zu viel «Japan» war. Selbst in der Schweiz. Vielleicht war das einer der Faktoren, die die Integration erschwert haben.

«Die Ägypter sind nicht schlecht herausgekommen» – Pascal Naef mit Mohamed Salah.

Mohamed Salah sagte einst: «Ohne Pascal Naef wäre ich verloren gewesen.» Was meint er damit?

Verloren wäre er nicht gewesen. Er hätte seine Informationen einfach woanders geholt. Es fiel ihm so einfach leichter. Mit gewissen Spielern hat man eine engere Bindung. Nicht auf kollegialer Basis, aber zwischenmenschlich merkt man, dass man auf die einen mehr schaut als auf die anderen. Aber auch Mohamed Salah hätte natürlich sagen können, es interessiert mich nicht, was der Naef sagt. Bei ihm habe ich gemerkt, dass man sich etwas mehr um ihn kümmern musste. Das beinhaltet auch mal ein Nachtessen oder eine Ausfahrt am Wochenende.

Was war Ihre Rolle bei Jacques Zoua?

Ich war so etwas wie der grosse Bruder.

Also eine sehr enge Verbindung.

Fast zu eng.

Wie sieht es fast vier Jahre später aus, da Zoua inzwischen über Hamburg und Kayseri Erciyesspor in der Türkei bei Ajaccio in der französischen Ligue 1 gelandet ist?

Mit Jacques war die Bindung speziell eng. In der Tendenz gab es diese Beziehungen mit mehreren Spielern. Irgendwann wird es auch persönlich. Dann besteht die Gefahr, dass es einen traurig stimmt, wenn einer woanders einen Vertrag unterschreibt. Bis zu einem gewissen Punkt kann man sich neutral dem Spieler gegenüber verhalten. Und dann gibt es den Punkt, an dem es in die persönliche Sphäre geht. Ab diesem Punkt riskiert man, dass man keinen guten Job mehr machen kann.

Gibt es einen Spieler, der es Ihnen besonders leicht gemacht hat?

Da gibt es ein paar. Die Ägypter beispielsweise sind nicht schlecht herausgekommen. Der eine oder andere Afrikaner auch nicht.

«Es ist ja nicht so, dass sich die Spieler nicht selbst zurechtfinden würden. Der FCB macht das, damit die Integration so schnell wie möglich stattfindet.»

Wie viel Zeit nimmt Ihre Tätigkeit beim FCB in Anspruch?

Es gibt Zeiten, da ist es die Hälfte meines Arbeitslebens. Der Peak sind die Transferperioden oder vor und nach Trainingslagern. Letztes Jahr war es aufwendig. Da hatten wir nicht nur neue Spieler, sondern auch einen neuen Trainer.

Sie betreuen also auch die Trainer?

Wenn es nötig ist. Ich sage nicht, dass die Trainer oder der Trainerstab die gleiche Betreuung nötig haben. Aber vielleicht wollen sie es.

Das heisst, Sie haben Paulo Sousa die Villa in Riehen besorgt?

Zum Beispiel.

Urs Fischer braucht wohl kaum viel Betreuung.

Nein. Er ist ja auch Schweizer. Was soll ich ihm erklären? Er erklärt mir mehr vom Leben als ich ihm. Er ist schliesslich neun Jahre älter (lacht).

Letztendlich scheint Ihre Tätigkeit eher eine Rundum-Wohlfühl-Betreuung für hochtalentierte, hochbezahlte junge Männer im Fussball-Business zu sein, die da angeboten wird. Was hat das mit dem zu tun, was man landläufig unter Integration von ausländischen Menschen versteht?

Das ist schon ähnlich. Auch Fussballprofis sind Menschen, und es ist nicht so, dass sie das, was wir ihnen als Dienstleistung anbieten, nicht selber machen könnten und sich selbst zurechtfinden würden. Der FCB macht das, damit die Integration so schnell wie möglich stattfindet. Ich bin also eher für das Wohlgefühl als für die gesellschaftliche Eingliederung zuständig.

«Diskret. Verschwiegen. Diszipliniert. Intensiv.» Pascal Naef schildert im Gespräch mit der TagesWoche seine Arbeit für Gigi Oeri – das Gleiche gilt für seinen Betreuer-Job beim FC Basel.

Herr Naef, wie darf man sich parallel zum FC Basel die Arbeit des persönlichen Assistenten einer einflussreichen, wohlhabenden Frau vorstellen?

Diskret. Verschwiegen. Diszipliniert. Intensiv.

Sowohl Ihre Rolle in der Mannschaft als auch Ihre Zusammenarbeit mit Gigi Oeri: Sie sind so etwas wie ein modernen Butler.

Klingt nicht schlecht.

Ein Edelbutler.

Ein Butler schaut allerdings zum täglichen Leben seines Arbeitgebers. Bei Frau Oeri muss ich nicht auf das tägliche Leben schauen. Da geht es um ihre Geschäftsfelder, die ich betreue. Da bin ich alles andere als ein Butler. Der würde sich nicht darum kümmern, wie es um das Spielzeug Welten Museum steht. Frau Oeri hat an jedem Ort eine Geschäftsführerin oder einen Geschäftsführer. Ich bin die Verbindungsperson zwischen ihnen und der Besitzerin. Wie Sie wissen, macht Frau Oeri ihre aktuellen Projekte mit Leib und Seele, alles andere läuft nebenher. Und darum kümmere ich mich in ihrem Auftrag.

Was beinhaltet das momentan?

Den John Valentine Fitness Club, die Museen in Basel und in Lyon. Ihre Filme. Der Nachwuchs Campus des FC Basel. Die Hundeheime, die Sie betreibt. Des Weiteren die Scort Stiftung und dann alles Private. Sie können sich zudem vorstellen, was es sonst noch alles gibt. Wobei: Nein, Sie können es sich eben nicht vorstellen (lacht).

Wir können es uns tatsächlich nicht vorstellen.

Ich kann dazu auch nicht viel sagen. Ich erledige beispielsweise auch Frau Oeris Post.

Vertrat den FC Basel auch schon bei Europacup-Auslosungen in Nyon: Pascal Naef im Dezember 2007 mit Pedro Barbosa von Sporting Lissabon.

Als FCB-Präsidentin stand Gigi Oeri lange im öffentlichen Fokus. Gab es mehr Fanpost oder Schmähbriefe?

Es gibt alles. Immer noch.

2011, als klar war, dass Frau Oeri das Präsidentenamt in neue Hände gibt, war die Rede davon, dass sie vor einem Burn-out stand.

Das stand so im «Blick».

Wie geht es ihr im Februar 2016?

Gut. Beschäftigt.

Hat sie ihren Lebensmittelpunkt nach wie vor auf Ibiza?

In Basel. Sie hat sowohl am Zürichsee wie auf Ibiza ein Hundeheim und reist zwischen den verschiedenen Orten hin und her.

Freut sich die Ehrenpräsidentin darüber, wie der FCB gedeiht?

Das muss sie selber beantworten. Sie ist sicherlich nicht unglücklich darüber.

Wird Gigi Oeri noch mal was machen im Fussballgeschäft?

Das werden wir sehen.

Oder nochmals einen Kinofilm machen?

Das werden wir sehen.

«Das Parfüm» hat sie massgeblich finanziert, und …

… «Cloud Atlas». Zumindest als Co-Produzentin.

Ist «Das Parfüm» Ihr Literatur-Stil?

Nein. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass Frau Oeri den Film macht, hätte ich das Buch nicht gelesen.

Sie lesen Fussballbücher?

Nein. Ich habe genug Fussball in meinem Leben. Welche Fussballbücher soll ich schon lesen?

«111 Gründe, den FC Basel zu lieben». Oder das «Kicker»-Jahresheft.

Nein! (lacht)

Sie sind einer, der ständig auf das Interesse anderer eingeht. Wo bleibt da Pascal Naef?

Der ist tagtäglich dabei.

«Ich mache den Job im Auftrag von Gigi Oeri. Und der Verein zahlt mir sehr viel: In dem Moment, wo wir Meister werden.»

Was ist Ihre Passion?

Das, was ich mache.

Brauchen Sie keine Hobbys?

Mir widerstrebt es, meine Familie ein Hobby zu nennen. Für mich ist die Familie kein Hobby, sie ist das Leben. Ich bin ein familiärer Mensch, habe zwei Kinder. Jede Sekunde, die ich mit der Familie verbringen kann, ist Gold wert. Das darf ich so sagen. Ich brauche in dem Sinn kein Hobby. Ich liebe diesen Verein und habe das Glück, dass ich in diesem Verein etwas machen darf.

Waren Sie damit konfrontiert, nach dem Abgang von Gigi Oeri als eine Art Statthalter oder gar Aufpasser im Verein für Ihre Chefin wahrgenommen zu werden?

Nein. Ich bin eher ein Verbindungsmann. Als damals einzige Frau in diesem Business war sie froh um Unterstützung. Und nach dem Rücktritt als Präsidentin war sie froh, dass sie einfach mal Ruhe hatte. Die Medienpräsenz ist von 200 Prozent auf null gefallen.

Für die Arbeit im Verein bekommen Sie vom FCB kein Geld. Was ist die Gegenleistung? Ein Dankeschön?

Wie erwähnt: Es gibt die Vereinbarung, und ich mache den Job im Auftrag von Gigi Oeri. Ich weiss nicht, ob das kostenlos ist. Und ich erwarte nicht, dass einmal im Monat jemand kommt und sich bei mir bedankt. Wobei, der Verein zahlt mir sehr viel: In dem Moment, wo wir Meister werden. Ich weiss nicht, wie viele Menschen diesen Job gerne günstig machen würden, schon nur, damit sie ihr Leben in der Nähe dieses Vereins verbringen dürfen. Auf der einen Seite ist das Geld im Fussball immer ein wichtiges Argument. Auf der anderen Seite darf man aber nicht vergessen, dass die Leidenschaft nicht mit Geld aufgewogen wird.

Der Lohn der Arbeit: Der Meisterpokal, hier im Mai 2015 in den Händen von Philipp Degen, Shkelzen Gashi und Pascal Naef.

Im Alter zwischen 23 und 28 Jahren haben Sie sich als gelernter Maschinenkonstrukteur unter anderem in Russland mit dem Thema Wasseraufbereitung beschäftigt. Mit etwas Lebensnotwendigem also, einer der grossen Frage der Welt. Und jetzt sind Sie in der Unterhaltungsbranche tätig. Wie ist das für Sie?

Ich sehe das anders. Dem Einzelnen stellen sich die wichtigen Fragen nach wie vor. Für mich gibt es keinen grossen Unterschied zwischen dem Wasser und dem Lebensbereich der Spieler. Ich bin nicht in der Unterhaltungsbranche tätig, sondern im Leben der Spieler, beschäftige mich mit essenziellen Fragen des Lebens. Es geht nicht um Lohn oder um Positionen auf dem Rasen, das ist nicht meine Aufgabe. Für mich stehen die Fragen im Vordergrund, ob sich ein Spieler wohlfühlt, ob er alles hat, was er braucht, wie es seiner Familie geht. Weit weg vom Wasser, das das Leben bedeutet, ist das meiner Meinung nach nicht.

Eines der grössten Integrationsprojekte, Renato Steffen, braucht viel Betreuung.

Wieso?

Aus naheliegenden Gründen: die Akzeptanz bei den Fans im Joggeli.

Diesen Weg muss er selber finden.

«Meine Aufgabe war, dass Renato Steffen möglichst bald einen VW-Golf fährt und seinen Hugo-Boss-Clubanzug bekommt.»

Können Sie ihm da Ratschläge geben?

Nein.

Haben Sie mit ihm über die unterschiedliche Wirkung von Torjubel schon gesprochen?

Das ist nicht meine Aufgabe (lacht). Meine Aufgabe war, dass er möglichst bald einen VW-Golf fährt und seinen Hugo-Boss-Clubanzug bekommt.

Sie besorgen den Spielern auch die Autos?

Klar.

Die Spieler machen ja wirklich nicht viel selber.

Also in die Garage ging Renato Steffen schon selber. Aber ich musste ihm sagen, wer unsere Partnergarage ist.

Gibt es Vorgaben vom Verein? Hubraum? Pferdestärken?

Das weiss ich nicht. Ich weiss aber, dass gewissen Spielern zu viele PS schaden. Wie man weiss.

Wie läuft die Eingliederung von Andraz Sporar und Alexander Fransson?

Sie ist im Gang. Wohnungen haben sie bereits. Das erste Ziel ist immer eine Wohnung und ein Auto zur Verkehrsteilnahme. Damit ist man relativ schnell integriert: Es gibt dir die mobile Freiheit und Intimsphäre, wenn du zu Hause und nicht im Hotel wohnst. Das sind wichtige Indikatoren für das Wohlbefinden eines Spielers.

Wo haben Sie die Wohnungen, die Sie den Spielern anbieten?

In der ganzen Nordwestschweiz, im Umkreis von ungefähr 20 Kilometern. Ballungsräume mit vielen FCB-Spielern gibt es nicht. Und in der Stadt wohnen nur wenige. Ich kann Ihnen aber nicht sagen wer.

Dachten wir uns schon. Stört es Sie eigentlich nicht, dass Sie sich im Fussball in einem Umfeld voller geheimer oder zurückgehaltener Informationen bewegen?

Nein, ich bin mir das gewohnt.

Weil Sie als persönlicher Assistent von Frau Oeri seit zwölf Jahren in einer Geheimniswelt leben?

Es ist keine Geheimniswelt. Man weiss ja relativ viel. Was die Fussballer betrifft, so empfinde ich es als selbstverständlich, dass die Wohnorte nicht überall bekannt sind. Für mich interessiert sich zwar kaum jemand, aber ich möchte auch nicht, dass man alles über mich weiss.


Zur Person
Pascal Naef stammt aus Aesch, hat eine Lehre als Maschinenkonstrukteur bei der Habasit AG in Reinach gemacht, war drei Jahre beim Schweizer Militär und anschliessend für die nicht mehr selbstständig existierende, im Bereich der Wasseraufbereitung tätige Firma Christ in Aesch weltweit geschäftlich unterwegs. Vor zwölf Jahren begann seine Arbeit als persönlicher Assistent von Gigi Oeri, die damals Vizepräsidentin des FC Basel war. Heute ist der 40-jährige Naef Delegierter der Steineck-Stiftung (Spielzeug Welten Museum) sowie der John Valentine Fitness Club AG, für die Stiftung Gossos tätig (zum Wohl von Hunden) sowie für die Wohnhaus Campus AG, die zum Ausbildungskonzept des FC Basel gehört.

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