Presseschau

Sonntagsblick vom 08.05.2016

So ein Seich!

Canepa wird nass gemacht

SANDRO INGUSCIO , MICHEL WETTSTEIN (TEXT) UND BENJAMIN SOLAND (FOTOS)

Ohne zu schwitzen macht der FC Basel den FC Zürich nass und lässt den Rivalen noch tiefer in den Abstiegssumpf schlittern.

Da kniet er. Ganz alleine auf dem Letzi-Rasen. Klatschnass. Die Haare verwuschelt. Ancillo Canepa mag nicht mehr aufstehen, auch wenn ihn die Sprinkleranlage gerade kalt duscht. Die Meisterhelden von 1966 wie Köbi Kuhn und Fritz Künzli sind vifer und rennen nach einer ersten Dusche weg. Verzichten lieber auf das gemeinsame Foto, als komplett nass zu werden. Canepa bleibt knien, alleine.

Und denkt sich: so ein Seich!

War die Idee auch. Zumindest befremdend. Der FCZ steckt seit der 0:4-Demontage vor einer Woche in Thun wieder knietief im Abstiegssumpf. Ist ein fragiles Gebilde, dass sich in den letzten fünf Spielen irgendwo gegen den Super-GAU auflehnen muss. Und was macht der FCZ-Boss vor dem Klassiker gegen den alten und neuen Meister FCB? Gegen den übermächtigen Rivalen? Canepa feiert. Richtig gehört.

Im Vorwort des Matchprogramms feiert er die guten alten Zeiten, wie der FCZ vor 50 Jahren 1966 zum ersten Mal das Double der Vereinsgeschichte geholt hat. Er lädt die Legenden wie Köbi und Künzle dazu ins Stadion ein. Und wird dann nass gemacht. Erst von der Sprinkleranlage. Und dann vom FCB mit der FCZ-Legende Urs Fischer an der Seitenlinie.

So ein Seich!

Eigentlich ist es Canepas FCZ, der die Punkte so dringend braucht. Der je nach Ausgang der Spiele heute sogar Letzter sein kann nach dieser Runde. Doch der FCB nimmt die Punkte. Und das praktisch ohne schwitzen zu müssen. Im gemütlichen Meisterfeiermodus. Dreimal auf Einladung der Gastgeber.

Einladung 1: Brunner haut Boëtius dämlich am Strafraum um. Delgado zirkelt das Freistossgeschenk herrlich ins Kreuz. 0:1.

Einladung 2: Brecher steht zu weit vor seinem Kasten. Davide Callà überlobt ihn aus 20 Metern traumhaft zum 1:2.

Einladung 3: Brecher haut Cümart um. Schiri Hänni zeigt auf den Punkt. Embolo eiskalt zum Sieg.

Und das in der 87. Minute. Der ganze FCZ Aufwand zu Nichte. Kochs Tor zum 1:1, Buffs Freistoss zum 2:2 – für die Katz. Canepa sieht, wie die FCB-Stars jubeln praktisch ohne geschwitzt zu haben. Er hört, wie die FCB-Fans höhnen: «Ihr gönd id Nati B». Und er ahnt, wie gross die Genugtuung für Urs Fischer sein muss als Meistercoach in den Letzi zurückzukehren und nicht den FCZ, aber Canepa, der ihn entlassen hat, zu schlagen.

Canepa, so ein Seich!

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