TagesWoche vom 26.05.2016
Der Fussball taugt wenig, als der FC Basel die Saison-Dernière gegen GC durch ein Eigentor von Adama Traoré mit 0:1 verliert. Vor dem Spiel werden drei verdiente Spieler gebührend verabschiedet, dann begleitet das mit 30'000 Zuschauern besetzte Joggeli den Niedergang des FCZ mit Hohn und Spott – und schliesslich überreicht Roger Federer dem Meister den neuen Pokal. Von Christoph Kieslich, Samuel Waldis und Daniel Faulhaber
Es war ja schon alles klar, zumindest aus Sicht des FC Basel, für den es an diesem Abend nur noch darum ging, den Meisterpokal in Empfang zu nehmen. Und dennoch entwickelte sich noch einmal grosses Gefühlskino für die über 30'000 Zuschauer im St.-Jakob-Park. Angefangen bei der tränenreichen Verabschiedung des Trios Degen, Safari, Samuel bis zum Auswärtssieg für GC, der den Hoppers einen Platz im Europacup sichert.
Die 90 Spielminuten waren geprägt einerseits von einer ziemlich uninspirierten Vorstellung beider Teams, vor allem aber des FCB, der der Einfachheit halber den einzigen Treffer selbst besorgte: Adama Traoré lenkte in der 42. Minute eine Flanke von Mergim Brahimi reichlich ungeschickt ins eigene Tor. Das reichte GC bereits, womit die Grasshoppers beide Spiele in Basel gewonnen und damit die beste Bilanz aller Super-League-Vereine gegen den Meister aufzuweisen haben.
Und diese Grasshoppers-Mannschaft samt ihres Trainers Pierluigi Tami bewies Stil mit ihrer Geste, Spalier zu stehen, als der alte und neue Meister FCB mit seiner Startelf auflief, die angesichts der Verletzungsmisere ein letztes Aufgebot darstellte.
Ein belangloses Spiel und Basler Häme für den FCZ
Andererseits erlebte das Joggeli mittels den eingeblendeten Zwischenständen von den anderen Plätzen den schwarzen Tag für den anderen Zürcher Club mit. Um 20.43 Uhr und mit der 2:0-Führung des FC Lugano machte sich in der Muttenzerkurve erste Häme breit, und der GC-Fansektor jubelte. Dann schmähten sich die Supporter gegenseitig, und in der Halbzeitpause gab es auf den besseren Plätzen ein erstes Cüpli.
Während das Geschehen auf dem Rasen des St.-Jakob-Parks belanglos blieb – und der FCB eigentlich von einem Pfostenschuss von Cédric Itten abgesehen nicht den Anschein machte, als ob der Punkterekord (85 aus der Saison 2003/2004) oder der Torerekord (90 von 2009/2010) ihn noch sonderlich motivieren würde –, nahm die Dramatik andernorts ihren Lauf.
Um 21.48 Uhr wurde die Führung von Vaduz im Letzigrund in Basel mit Jubel und inbrünstigen «Züri Nati B»-Gesängen begleitet. Um 21.56 Uhr hatte der FCZ die Partie gedreht, doch Applaus gab es sechs Minuten später, als das 3:0 für Lugano durchdrang. Damit war das Verdikt im Abstiegskampf gefällt.
Um 22.20 Uhr verabschiedete Basler Hohn und Spott den FCZ in die Zweitklassigkeit. Und das ziemlich genau 10 Jahre nach dem 13. Mai 2006 und dem auf die Spitze getriebenen Saisonfinale, als der FCB an gleicher Stelle in der 93. Minute den Titel an die Zürcher verlor.
Walter Samuel bleibt die Pointe verwehrt
Einen letzten, einsamen Höhepunkt erlebte die gestrige Partie, als Walter Samuel und Philipp Degen in der 90. Minute für drei Nachspielminuten eingewechselt wurden und so unter dem Jubel der Zuschauer einen würdigen Abschied erhielten. Samuel blieb gar mit einem Kopfball die Pointe im allerletzten Moment knapp verwehrt.
Damit schliesst der FCB die 19. Meistersaison mit 14 Punkten Vorsprung auf den Zweiten Young Boys ab. Während die Berner in die steinige Qualifikation gehen, hat sich der FCB einen Direktplatz in der Gruppenphase der Champions League verdient. Der FC Luzern und die Grasshoppers spielen Europa League und werden begleitet vom Cupsieger, der am Sonntag zwischen Lugano und dem am Boden zerstörten FCZ ermittelt wird.
Roger Federer bringt den neuen Meisterpokal
Nach dem Abpfiff dieser Saison war Basel ganz bei sich und beim Feiern. Die Meisterparty-Routine der vergangenen Jahre versuchte man zu durchbrechen durch akustische Umrahmung – das Trommler-Ensemble Stickstoff. Was an Stimmung auf den Rängen entstand, wurde aber leider mit hämmernder Musik aus der Konserve erstickt.
Eine letzte Überraschung hatten die Organisatoren aber noch parat: Den nagelneuen Pokal, der angefertigt werden musste, weil die Liga den alten nach dem sechsten Titel dem FCB geschenkt hat. Er wurde vom prominentesten FCB-Fan unter frenetischem Jubel ins Stadion getragen: Roger Federer überreichte die 13 Kilo schwere und mit Champagner gefüllte, vergoldete Silbertrophäe an FCB-Captain Matias Delgado, der den Henkelpokal um 22.45 Uhr in die Höhe stemmte.
Und die Kampfansage an die Liga, nun vorerst ohne den FCZ und mithin ohne den Klassiker des Schweizer Fussballs, adressierte FCB-Präsident Bernhard Heusler auch schon: «Wir greifen an. Die Jagd auf den zweiten Stern beginnt.» Heisst: Nächste Saison will der FCB Titel Nummer 20.