Presseschau

Basler Zeitung vom 21.07.2016

Zwei Schicksalsschläge und ein Traumauftrag

Baselbieter Textildrucker rüstet sämtliche Teams des FC Basel aus

Von Christian Horisberger

Gelterkinden. Zweimal in seinem Leben musste Werner Biedert ganz von vorne beginnen. Einmal, als gelangweilte Jugendliche sein Geschäft ab­­fackelten, das zweite Mal nach einem Hirnschlag. Zwei Jahre nach dem medizinischen Notfall treffen wir Biedert mit seiner Führungscrew im Besprechungszimmer seines Unternehmens, des ­Gelterkinder Textildruckspezialisten Permatrend. Der Firmengründer und -inhaber nennt die beiden schweren Schläge nicht etwa Katastrophen, sondern Fügungen des Schicksals: Er sei jeweils gezwungen gewesen, eine ­Veränderung hervorzurufen, um voranzukommen.

Fügung Nummer eins: Nach dem Brand von 2004 – junge Männer ­hatten bei einem Saubannerzug hinter dem Bahnhof das Permatrend-­Gebäude angezündet – stand Biedert vor dem Nichts. Sämtliche Waren, Maschinen, auch ein grosser Teil der Kundendaten wurden mit dem Gebäude vernichtet. Kaum hatte sich der Rauch verzogen, schaute der Chef nach vorne. Er schnitt beim Wiederaufbau alte Zöpfe ab, strukturierte das Unternehmen um.

Mitbewerber unterstützten die Permatrend während dieser Krise. Sie liessen Biedert ihre Maschinen benützen, bis er wieder in eigenen Räumen produzieren konnte. Das Team wurde in der Zeit noch stärker zusammengeschweisst. Die meisten Kunden blieben Biedert und seiner bis heute rund 20-köpfigen Crew treu. Schon zwei Jahre nach dem Feuer hatte die Firma in der früheren Bally-Fabrik hinter dem Bahndamm wieder ihren alten Umsatz erreicht. Darauf ist man hier stolz. «Jedes zweite Unternehmen zerbricht an so einem Tiefschlag», sagt Verkaufsleiterin Anita Crain Biedert, Ehefrau des Firmengründers.

«Bin nicht mehr der Gleiche»

Zehn Jahre nach dem Brand kommt der nächste Tiefschlag: Werner Biedert erleidet einen Hirnschlag. Äusserlich ist ihm davon nichts anzumerken. Im Gespräch allerdings wird spürbar, wie es ihn belastet, sich zu konzentrieren. «Ich bin nicht mehr der Gleiche.» Er war gezwungen, die Leitungsstruktur neu zu organisieren und die operativen Bereiche abzugeben. Statt alleine an der Spitze zu stehen, hat er seinen damaligen Verkaufsleiter Stefan Meyer in die Geschäftsleitung geholt und auch seine Frau Anita, die dafür ihren Kaderjob beim Kanton Basel-Stadt gekündigt hat. Er selber ist nach wie vor «das Gesicht» des Unternehmens, kümmert sich um die Finanzen und um die Zukunft. «Ich beobachte den Markt und neue Tendenzen und speise sie in den Betrieb ein.» Das liege ihm, hier könne er, der Branchenpionier, kreativ wirken. Fügung Nummer zwei: Zweckoptimismus? «Bestimmt, aber wenn ich mit dem Schicksal hadere, zieht mich das nur runter, und ich verliere Energie», sagt Werner Biedert, «die verwende ich lieber für Nützliches.»

Die Permatrend ist am Ball geblieben. Sie bedruckt Textilien von Firmen und Vereinen, für Arbeit und Sport. Konkret: Sie stellt im Siebdruckverfahren spiegelverkehrte Aufdrucke her – in der Branche spricht man von «Transfers» –, die unter Wärme und Druck auf Textilien übertragen werden können. Mit den Transfers werden T-Shirts und Kochschürzen veredelt, Trainings­anzüge und Fussballtrikots, Kombis von Feuerwehrleuten oder schusssichere Westen von Polizisten.

AC/DC-Aufnäher als Goldgrube

Gibt es für ein Material oder die Eigenschaften des Aufdrucks noch keine Lösung, wird eine gesucht. «Geht nicht, gibts nicht», lautet die Devise des Chefs. Er versetze sich immer in die Lage des Kunden und suche einen Weg, um dessen Ansprüchen gerecht zu werden. Solche Sprüche gibt jeder gute Verkäufer zum Besten – Biedert kauft man sie ab. Denn in seiner 40-jährigen Karriere als Selbstständiger – «ich war keine Sekunde in meinem Leben Angestellter» – muss er einiges richtig gemacht haben.

Das erste Geld hat der Unternehmer als 17-Jähriger, noch in der Handelsschule, mit dem Verkauf von Uhren, Radios und Fernsehern aus Hongkong gemacht. Als gestickte Aufnäher in Mode kamen, waren Biedert und sein Schulkollege und späterer Geschäftspartner Markus Ischi zur Stelle. «Wir waren der grösste Händler von AC/DC-­Aufnähern», erzählt er, «wir verkauften auf Teufel komm raus.» Weitere Motive kamen hinzu, die Kasse klingelte. Mit dem Geld, das die beiden Jungunternehmer so verdienten, erwarben sie 1985 eine in Deutschland in Konkurs gegangene Siebdruckerei. Das war der Start der Permatrend ins grosse Textildruck-­Geschäft.

Ihre Erfahrung macht die Perma­trend in der Schweiz zu einer der ersten Adressen im Veredeln von Textilien. «Hat ein Kunde reichlich Zeit und stellt an den Druck keine besonderen Anforderungen, fährt er günstiger, wenn er mit drei Mausklicks im Ausland bestellt», sagt Produktionsleiter Stefan Meyer.

Die Permatrend könne dann glänzen, wenns schwierig wird: wenn die Ware zu unterschiedlichen Zeitpunkten an verschiedene Adressen verschickt werden soll, wenn Nachbestellungen jederzeit möglich sein müssen, wenn Nachtschichten gefordert sind, wenn jede Minute zählt.

All diese Qualitäten, und wohl auch die geografische Nähe, haben den FC Basel bewogen, die Gelterkinder Firma erstmals längerfristig als Ausrüstungspartnerin an sich zu binden. Für die nächsten drei Jahre bedruckt die Permatrend sämtliche Matchleibchen sowie die persönlichen Taschen, Trainingsanzüge, Shirts, Hosen, Socken, Regen- und Winterjacken mit Nummern und/oder den Initialen der Spielerinnen und Spieler – vom Binggis bis zum Star. «Das Einzige, was sie nicht bekommen, sind die Unterhosen», scherzt Produktionsleiter Meyer.

Karl Odermatt als Fürsprecher

Vor wenigen Wochen stapelten sich die Kartons mit rund 10?000 Kleidungsstücken für den FCB bis fast unter die Decke eines Lagerraums der Perma­trend. Bis auf die U?21 und die erste Mannschaft wurden sämtliche Teams zur Anprobe bestellt und durch eine Fassstrasse geschleust. 300 Fussballerinnen und Fussballer seien es im Laufe von 14 Tagen insgesamt gewesen, sagt Anita Crain Biedert.

Jeder Spieler «packte» seine Tasche an der Fassstrasse, die Perma­trend versah dann die Teile mit den Initialen der Spieler und dem FCB-Emblem. Ein Rest der Kleider und Transfers bleibt für allfällige Nachdrucke an Lager, damit im Bedarfsfall sofort reagiert werden kann.

Beim FCB einen Stein im Brett hat die Permatrend seit einem denkwürdigen Besuch Biederts und Ischis beim damaligen Präsidenten René C. Jäggi. «In der Geschäftsstelle an der Leimenstrasse haben wir Karli Odermatt angetroffen, und der hat sich bei Jäggi für uns mächtig ins Zeug gelegt. Der Präsident willigte kurzerhand ein, uns das Merchandising des FCB zu überlassen.»

Heute laufen die Dinge beim FCB weniger spontan. Um den Zuschlag für den Dreijahresvertrag zu erhalten, durchlief die Permatrend trotz ihrer Referenzen eine mehrmonatige Evaluation. Umso grösser ist der Stolz über den Deal beim Geschäftsleitungstrio. Aber auch das Wissen um die eigenen Stärken: «Der FCB braucht einen verlässlichen und verschwiegenen Partner», sagt Crain. Verschwiegen, weil die Permatrend das Trikot für einen Neuzugang druckt, bevor die Öffentlichkeit etwas vom neuen Mann wissen darf.

Prominente Kunden zuhauf

Nicht unbedingt auf die Verschwiegenheit, aber auf die Flexibilität und Qualität der Gelterkinder Textilveredler zählen zahllose weitere, auch kleinere Sportvereine, die ihre Trikots mit Nummern, Vereinsnamen und Sponsoren bedrucken lassen, ebenso Firmen wie Implenia, Swisscom oder Würth, die auf Textilien ihre Logos anbringen lassen, sei es gebügelt, gelasert – für Fleece und Softshell – oder gestickt. Zu zwei Dritteln kommen die Aufträge über Wiederverkäufer nach Gelterkinden, mit einem Drittel steht die Perma­trend in direktem Kontakt.

Nächstes Jahr steht das 40-Jahr-­Firmenjubiläum an, schon dieses Jahr können Biedert und seine Frau jeweils 60 Kerzen auf dem Geburtstagskuchen ausblasen. Da kommt man nicht darum herum, an die Zukunft der Firma zu denken.

Die beiden haben sich schon einige Gedanken darüber gemacht. Verschiedene Modelle stehen zur Diskussion, unter anderen jenes, die Firma in die Hände der Angestellten zu geben. «Das wäre uns am liebsten», sagt Crain. Die Firma soll auch nach dem Rückzug Biederts weiter existieren. «Dank» Fügung Nummer zwei hat Werner ­Biedert für die Zukunftsplanung jetzt genügend Zeit und Musse.

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