Presseschau

Basler Zeitung vom 30.07.2016

Der Eisclown, Grafiker und FCB-Speaker

Zum Tod von Otti Rehorek

Von Dominik Heitz

Für die einen war er der Eisclown, für die anderen der FCB-Speaker, für die Dritten der Grafiker, Laternenmaler und Rahme­stiggli-Spieler im Drummeli: Otti ­Rehorek. In der Nacht auf Donnerstag ist er im Alter von 94 Jahren gestorben.

Geboren am 4. Juli 1922 und getauft auf Otto Karl, war er das dritte und jüngste Kind von Friedrich und Rosa Rehorek-Schneider. Friedrich Rehorek stammte aus der böhmischen Stadt Pilsen, war nach ­seinen Wanderjahren im Jahr 1908 als frisch promovierter «Assekuranz-­Ingenieur» nach Basel gekommen und hatte hier eine Stelle bei der Basler Lebens­versiche­rungs-Gesellschaft gefunden. Es sollte eine Stelle fürs Leben werden.

Otti erlebte seinen Vater als «tschechischen Patriarchen», der – wenn er von der Arbeit nach Hause kam – sich von seinen Kindern die Pantoffeln und vor dem Abendessen manchmal noch ein Bier bringen liess. Baseldeutsch lernt er nie, und er hatte seine klaren Vorstellungen, was Otti beruflich werden sollte: Mathematiker – wie er.

Anderes im Sinn

Doch Otti hatte anderes im Sinn. Eigentlich wollte er Schauspieler werden, aber damit biss er beim Vater auf Granit. Bis zur sechsten Klasse besuchte er das Mathematisch-Naturwissenschaftliche Gymnasium, dann trat er aus und konnte durchsetzen, an die Gewerbeschule zu gehen, um Werbegrafiker zu werden.

Diesen Beruf sollte er allerdings erst viele Jahre später wirklich ernsthaft ausüben. Denn zuerst verdiente er sein Geld als Eisclown. Otti hatte nämlich Anfang der 1930er-Jahre auf der neu eröffneten Kunsteisbahn Margarethen Buddy Elias kennengelernt – und später auch seine erste Frau. Zunächst ­blödelten die beiden auf dem Eis herum, um den Mädchen zu imponieren, doch mit der Zeit entwickelten sie komische Nummern, mit denen sie als «Buddy und Baddy» da und dort mit beachtlichem Erfolg auftraten. Als Rehorek nach dem Krieg in London als Werbegrafiker der Autofirma Roots arbeiten konnte, kam er nach wenigen Monaten in Kontakt mit einem Theaterdirektor, der ihn und Buddy Elias kurz vor Rehoreks Hochzeit mit Rosmarie Wiedmer unter Vertrag nahm.

Eine erfolgreiche Karriere als Eisclown nahm ihren Lauf. Sieben Jahre tourte das Duo in Europa und Amerika umher – in Shows in England, mit der skandinavischen «Scan Revue» nach Ägypten und ab 1950 mit der Top-Eisrevue «Holiday on Ice». Mit dabei war Ottis Frau, die als Eisrevue-­Girl auftreten konnte. In dieser Zeit kamen auch die Söhne Ronnie und Mike zur Welt. Sie waren schliesslich der Grund, dass Rehorek auf Drängen seiner Frau 1953 das Eisclown-­Dasein aufgab und nach Basel zurückkehrte. Als Werbegrafiker spezialisierte er sich nun mit Erfolg auf den Entwurf und den Bau von Ständen an Messen und Kongressen. Privat dagegen lief nicht immer alles rund. Wenige Jahre nach der Rückkehr nach Basel liess er sich von seiner ersten Frau scheiden. Auch die zweite Ehe brach auseinander. Die dritte Beziehung mit Edith Hauenstein hielt bis zuletzt.

«Master of Ceremonies»

Länger als jede seiner Beziehungen war jene zum FC Basel. 32 Jahre lang war er der Speaker im «Joggeli». Es begann im Jahr 1964, als er auf dem Landhof für den Stadionsprecher Otto Müller einsprang und von da an bis 1997 an jedem Heimspiel, aber auch an Länderspielen zu hören war. Der einstige FCB-Spieler und -Trainer Helmut Benthaus nannte ihn den «Master of Ceremonies». Tatsächlich hatte er mit seiner ruhigen, sonoren Stimme und einer guten Portion Humor die Fans im Griff. Rehorek war im «Joggeli» auch nicht bloss Stadionsprecher, sondern auch Pressechef, der Medienkonferenzen organisierte und durchführte.

Noch länger, nämlich 42 Jahre, nahm er am Monstre-Trommelkonzert, dem heutigen Drummeli, als Schauspieler teil: von 1954 – mit wenigen Unterbrechungen – bis 1997. In Erinnerung bleibt er hier in der Rolle des einfältig-arroganten Baslers in der «Balkon-Szene» und als eine der beiden Frauenfiguren in der «Klärli und Hildy»-­Nummer. ­Selber am besten gefiel er sich wohl in der Rolle des Fischers im Jahr 1987, als die Frage auftauchte, ob es vertretbar sei, nach der Chemiekatastrophe in Schweizerhalle noch Fasnacht zu machen. Die Antwort war Ja, denn: «D Fasnacht isch uus Trutz geboore, d Fasnacht myymt kai haili Wält.» Und vier Jahre später bejahte er dieselbe Frage im Zusammenhang mit dem Golfkrieg erneut – diesmal in der Rolle des weisen Narren.

Künstlerisch betätigte sich Rehorek jahrzehntelang als Laternen­maler – im Verbund mit anderen. Es war jeweils eine auf knapp zwei Monate vor der Fasnacht beschränkte – und manchmal von Jahr zu Jahr, von Ort zu Ort nomadisierende – Atelier­gemein­schaft, die ihrer Kreativität und manchmal auch Verrücktheit freien Lauf liess.

Wie stets, so fiel Otti Rehorek auch hier durch seine Ruhe und Gelassenheit auf. Sie hatte er sich – auch als Gross­vater und Urgrossvater – bis zuletzt bewahrt.

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