Basler Zeitung vom 20.09.2016
Stadt Basel gewährt wegen FCB keine Planungssicherheit für Grossevents
Von Daniel Wahl
Basel. Die «Nacht des Glaubens» war ein Grosserfolg für die Römisch-Katholische und Evangelisch-reformierte Landeskirche sowie für die Freikirchen. Rund 15?000 Menschen besuchten im Mai 2013 das Festival für Kunst und Kirche mit 70 In- und Outdoor-Anlässen an 34 Schauplätzen in der Stadt. Hauptattraktion war der Gastauftritt der Jesus-bekennenden Rocksängerin Nina Hagen auf dem Barfüsserplatz. Für die Bevölkerung alles gratis. Das gute Echo in der Bevölkerung gegenüber dem Grossevent schrie förmlich nach einer Wiederholung.
Darum hätte schon in diesem Jahr die «Nacht des Glaubens II» stattfinden sollen; der Barfüsserplatz sollte wiederum im Zentrum des Anlasses stehen. Als aber der Freitag, 13. Mai 2016, festgelegt wurde, stellte der Leiter für Grossevents vom Standortmarketing eine Terminkollision fest: Er sah organisatorische Konflikte im Bereich der Public-Viewing-Zone auf dem Barfi im Umfeld des Europa-League-Finals vom 18. Mai, wo sich der FC Sevilla gegen Liverpool mit 3:1 durchsetzte. Die Kirchenveranstalter verschoben demütig ihren Event auf nächstes Jahr – auf den 2. Juni 2017.
Unvorhersehbarer Terminkonflikt
Offenbar erhält in dieser Stadt der Fussballgott gegenüber dem Kirchengott die besseren Karten. Konsterniert schreibt Pfarrer Beat Rink, Projektleiter und Kulturbeauftragter, auf Facebook: «Über zwei Jahre Planung, unzählige Sitzungen im Organisationskomitee und am Schreibtisch (nein: an vielen Schreibtischen!), Kontakte mit Künstlern, Finanzgesuche, Prospekte-Einpack-Aktionen, Werbestände auf Kongressen, Besprechungen mit Kirchenleitern und mit der Stadtverwaltung … Und mit einer wachsenden Vorfreude auf den 2. Juni 2017, der ‹Nacht des Glaubens. Festival für Kunst und Kirche II.› Und dann die Meldung, dass am 2. Juni 2017 das letzte Spiel des FC Basel stattfindet. Und das heisst bekanntlich: Meisterfeier! Niemand, zuallerletzt die Stadtverwaltung (bei der wir vor über einem Jahr alle Vorreservationen getätigt hatten) realisierte etwas von diesem Terminclash. Wir versuchten es beim FCB. Dieser kann aber nichts verschieben.»
Offenbar ist es ein Problem, wenn sich 15?000 kirchliche Kunst- und Kulturbesucher gleichzeitig mit knapp 10?000 Fussballfans in der Stadt aufhalten. Zu viert sassen die Organisatoren am Tisch mit dem Basler Kulturchef Philippe Bischof und sprachen die Kollision an, als dieser geantwortet haben soll: «Es besteht keine Aussicht auf Erteilung der definitiven Bewilligung für die vorreservierten Plätze; ihr könnt das vergessen.» Auf Anfrage der BaZ führt Bischof aus: «Ich habe den Organisatoren empfohlen, ein Ausweichdatum zu suchen, ich fand, gleichzeitig mit dem FCB auf dem Barfi macht es keinen Sinn.»
Während der «Nacht des Glaubens» ziehen die Besucher wie bei der Museumsnacht von Ort zu Ort quer durch die Stadt und besuchen Konzerte, Theater, Lichtinstallationen, Pantomimen eher besinnlicher Natur. «Böllerschüsse und Fussballgesänge hätten sicher gestört, bestimmt im Umfeld der Elisabethenkirche und des Theaterplatzes», erkennt auch Beat Rink. Doch die Sicherheitsbedenken reichen weiter bis zum Münsterplatz. «Die Allmendbehörde sagte uns freundlich, dass eine Bewilligung des Anlasses auf dem Münsterplatz bis 23 Uhr noch drin liegt.» Am liebsten hätte man, wenn die Kunstveranstaltung gänzlich hinter den Kirchenmauern verschwände, sagt Rink.
Über 100?000 Franken verloren
Der FCB, auch wenn seine Termine nicht definitiv stehen, soll Vorrang haben. Die Kosten für den vergeblichen Organisationsaufwand, die die Kirchen in den Sand setzen, können derzeit nicht genau beziffert werden. «Es handelt sich aber sicher um einen sechsstelligen Betrag», sagt Projektleiter Timo Schuster. Rink ergänzt: «In dieser Stadt erhalten Veranstalter von Grossevents keine Planungssicherheit.»
Indessen weist man in der Verwaltung Mitverantwortung ab. Daniel Hofer von der Allemendverwaltung stellt es so dar, dass die Organisatoren freiwillig die «Nacht des Glaubens II» annulliert hätten. Und Philippe Bischof als Kulturchef sieht zunächst keine Veranlassung, sich zu äussern, wenn in Basel ein Kunstfestival dieser Grössenordnung platzt; das sei unglücklich, meint er zögernd.
Dass der Terminkonflikt nicht bemerkt worden ist, dürfte daran liegen, dass der FCB für die Meisterfeier keine Bewilligung bei der Allmendverwaltung einholen muss und bloss das Justiz- und Sicherheitsdepartement orientiert. Die Glaubensbrüder sprachen darum beim Club vor. Hätte man im April/Mai von der Terminkollision erfahren, hätte man noch etwas machen können, soll es beim FCB geheissen haben. Nun sei das nicht mehr möglich.
Ob die Meisterfeier auch woanders durchgeführt werden könnte? Philippe Bischof dazu: «Abgesehen davon, dass es nicht so viele Balkone gibt in Basel, glaube ich nicht, dass man die heilige Kuh FCB antasten darf.» Dass der FCB allerdings seine Feste verschieben kann, zeigt ein Blick ins Archiv: Die Cup-Feier 2003 fand auf dem Marktplatz statt.
Am 2. Juni 2017 wird es folglich nur eine Mini-Glaubensnacht geben. Der Kirchengott zeigt mit einem «Spot auf dem Münsterplatz» Präsenz.
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