Presseschau

Basler Zeitung vom 24.09.2016

Stolze Old Boys schiessen ein Eigentor

Dass der FCB die Partnerschaft mit OB kündet, müssen sich Letztere selber ankreiden

Von Adrien Reymond

Basel. Das Bild, das die Mitteilung des BSC-Old-Boys-Präsidenten Beat Fläcklin auf der Vereinshomepage begleitet, wirkt wie ein Gnadengesuch an den FC?Basel. Timm Klose, Eren Derdiyok und Breel Embolo sind darauf zu sehen. Drei, die den Sprung aus dem OB-Nachwuchs über Rotblau ins Ausland geschafft haben. Vor gut einer Woche hat der FCB seinem Partnerverein nämlich mitgeteilt, dass man die offizielle Zusammenarbeit nach Richtlinien des Schweizerischen Fussballverbands (SFV) über die laufende Saison hinaus nicht weiterführen werde (siehe Kasten). «Sehr überraschend» sei die Neuigkeit gewesen, schreibt Fläcklin, der sich gegenüber der BaZ nicht mehr weiter zum Thema äussern wollte.

In seinen Zeilen sind Enttäuschung und Frust aber deutlich herauszu- spüren. Dazu passt das eingangs erwähnte Bild mit den drei ehemaligen Old- Boys-Junioren. Es suggeriert, dass der FCB OB einiges zu verdanken hat, dass der FCB OB braucht, und dass ergo OB solch eine Behandlung nicht verdient hat. Der Entscheid sei jedoch nach intensiven internen Analysen endgültig, sagt FCB-Vizepräsident Adrian Knup, der als «Verantwortlicher Nachwuchs» die Partnerschaft begleitete.

Der Leistungsauftrag des FCB

Denn auf den Sportanlagen St.?Jakob wurde man der Interpretation der Old Boys, als Partnerverein mitentscheiden zu dürfen, welches Talent wann und in welchem Team spielt, überdrüssig. Aufwand und Ertrag hätten für den FC Basel nicht mehr übereingestimmt, so Knup. Was so viel heisst, dass die Old Boys dem FCB das Leben unnötig schwergemacht haben und mitdiskutieren wollten, wo es nach Ansicht von Rotblau nichts mitzudiskutieren gegeben habe, weil der FCB als Leadverein gemäss SFV die Verantwortung und damit die Entscheidungs- hoheit hat. Gemäss Knup gab es auch nicht einen speziellen Fall, der zu diesem Entscheid geführt habe. «Der FC Basel hat einen Leistungsauftrag vom SFV zu erfüllen. Um diesem gerecht zu werden, müssen wir in der Selektion und der Ausbildung der Nachwuchsspieler nach unseren eigenen Vorstellungen handeln können. Dies ist in der Zusammenarbeit mit OB für uns nicht genügend gewährleistet», sagt Knup.

Dass man asymmetrische Beziehungen auf der Schützenmatte nur ungern zulässt, ist nicht neu. Den Gelbschwarzen ist die undurchdringbare Vormachtstellung des FCB auf der Footeco-Ebene (Talentförderprogramm) ein Dorn im Auge, weshalb sie stets und möglichst überall vom FCB autonom sein möchten. Sie empören sich darüber, dass das der FC Basel ihrer Ansicht nach nicht akzeptiere.

Denn Fläcklin sagt in seiner Mitteilung auch, dass gemäss FCB eine «Partnerschaft auf Augenhöhe nicht mehr erwünscht und zeitgemäss ist». Der OB-Präsident folgert daraus: «Die guten Partnervereine haben dem Leadverein nur zuzudienen und nicht mitzudiskutieren». In dieser Konklusion zeigt sich das Rollenverständnis der Old Boys. Man sieht sich eben nicht ausschliesslich als FCB-Talentlieferanten. Der eigene Stolz verbietet es, wie auch die einseitig rivalisierenden Gefühle gegenüber der Schweizer Nummer eins. Wenn man stets die besten Junioren an den Leadverein abgibt, ist es schwer, Rotblau hie und da im Nachwuchs- bereich auf dem Rasen zu schlagen.

Der Relevanzverlust der Old Boys

Dazu pocht OB bei der Talentselektion darauf, dass die eigenen Entscheidungsträger auf Juniorenebene genauso qualifiziert sind und deren Meinung genauso ernst zu nehmen ist wie die von Rotblau. Diese Profilneurose lenkt vom eigentlichen Ziel ab, die besten Talente der Region beim Leadverein unterzubringen. Schliesslich träumt ein junger Fussballer davon, einst im Proficlub spielen zu dürfen und nicht bei einem Partnerverein.

Mit diesem Rollenverständnis hat OB offensichtlich Mühe und Fläcklin reagierte mittels Communiqué noch am gleichen Tag, an dem ihm der FC Basel den Entscheid mitteilte, was den FCB verärgerte. «Es wurden immer wieder Gespräche über die Schwierigkeiten sowie die Art und Weise der Zusammenarbeit geführt. Der FC Basel hatte stets die Absicht, die Zusammenarbeit erfolgreich zu gestalten. Ich kann darum die offensive Berichterstattung von OB so nicht nachvollziehen», sagt Knup dazu. Die rotblaue Mitteilung auf der FCB-Homepage kam einen Tag später, war entsprechend kalt und kurz, weil der FC?Basel von der angriffigen OB-Mitteilung dazu gezwungen worden war.

Den Preis, den die Gelbschwarzen nun dafür bezahlen, ist beträchtlich. Die Old Boys beanspruchen stets Relevanz für sich. Im Umfeld wird darüber lamentiert, dass der Verein in Basel zu wenig Anerkennung erhält, für das, was er leistet. Sei es bei den Aktiven, sei es bei den Junioren. Mit der Ausbootung aus der SFV-Label-Partnerschaft geht nun ein faktischer Relevanzverlust einher. Der selbsternannte Ausbildungsverein wird aus einer offiziellen Struktur ausgeschlossen, die die Ausbildung von zukünftigen Spitzenfussballern zum Ziel hat. Damit verliert OB grössere Unterstützungsbeiträge. Diese werden üblicherweise vom SFV an den Leadverein überwiesen, der diese an seine Partner verteilt. OB wollte diesen Betrag jedoch ausdrücklich direkt vom Verband erhalten – ohne Umweg über den FCB –, weshalb dies eigens so eingerichtet wurde.

Die offene Frage nach dem Ersatz

Ab Sommer 2017 werden sämtliche U-Mannschaften der Old Boys verschwinden, dazu die damit verbundenen Trainerstellen sowie die Position des Footeco-Leiters (Rafet Öztürk). Neben OB als Verein verlieren die regionalen Talente, die sich in diesem Gefäss für einen Platz im FCB bewerben konnten. Ob Rotblau einen Ersatzpartner sucht, damit die Anzahl Junioren in diesem Gefäss aufrechterhalten werden kann, bleibt offen.

So oder so werden die besten Junioren weiterhin beim FCB landen. Nur werden die Old Boys ab Sommer 2017 von diesem Prozess innerhalb der SFV-Struktur ausgeschlossen sein und de facto kein Juniorenspitzenfussball mehr betreiben können. Der Verein hat damit – von falschem Stolz getrieben – ein veritables Eigentor erzielt.

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