Basler Zeitung vom 07.12.2016
Der FC Basel verliert gegen Arsenal 1:4 und verabschiedet sich von Europa
Von Oliver Gut
Basel. Als alles vorbei ist, hat die Partie gar noch nicht richtig begonnen. In der 16. Minute stehen die Fussballer des FC Basel zum zweiten Mal zu weit weg von den hochtalentierten Arsenal-Angreifern und zappelt der Ball einen Augenblick später zum zweiten Mal hinter FCB-Goalie Tomas Vaclik im Netz. Der Aussenseiter liegt 0:2 zurück, die Stimmung im nahezu ausverkauften St.-Jakob-Park passt zur Temperatur. Sie ist am Gefrierpunkt angelangt. Die Luft ist nach zwei Stichen der Gäste draussen. Die letzte Hoffnung auf eine Überraschung ist der Ernüchterung gewichen.
Am Ende steht es 1:4. Weil Arsenal kurz nach der Pause zwei weitere Stiche setzt – und weil Seydou Doumbia in der 78. Minute sein langersehntes Champions-League-Tor doch noch schiesst, als es nichts mehr nützt.
Dicker Schlussstrich
Es ist ein Resultat, wie es der FCB in einem Europacup-Heimspiel seit acht Jahren und dem 0:5 gegen Barcelona nie mehr hat hinnehmen müssen. Und es ist ein dicker, scharf gezogener Schlussstrich unter eine internationale Kampagne, die ebenfalls so schlecht ausfällt wie seit acht Jahren nicht: Damals gabs in der Champions League nur einen Zähler, dieses Mal waren es zwei. In beiden Fällen steht am Ende dasselbe Verdikt: Der FCB verabschiedet sich vor Weihnachten von der internationalen Bühne.
Eine Überraschung ist dies nicht mehr. Sondern die logische Fortsetzung nach den vorangegangenen Eindrücken. Die Basler fanden europäisch nicht den Tritt und präsentierten sich in diesem Herbst nicht in jener Form, die sie noch im Sommer mit Schwung in die nationale Meisterschaft hatte starten lassen. Wenn dann zum Abschluss mit Arsenal noch ein Gegner seine Aufwartung macht, der zu den Giganten des europäischen Fussballs gehört und der in einer Verfassung ist, die ihm aktuell den zweiten Platz in der englischen Premier League bringt, muss dann schon sehr vieles für den Aussenseiter laufen, dass es am Ende doch noch gut kommt.
Das tut es an diesem Abend nicht. Und das ist auch dem FCB geschuldet, der es zu Beginn nicht versteht, die Londoner so einzuengen, dass sie ihre hohe Offensivqualität nicht ausspielen können. Beim 0:1 darf Alexis Sanchez ohne Druck einen perfekten hohen Ball auf Kieran Gibbs chippen, weil Adama Traoré ihn nicht angreift – der Rest ist ein Querpass und ein Tor. Beim 0:2 steht Mesut Özil angenehm frei, um den Ball in die Schnittstelle auf Kieran Gibbs zu spielen – der Rest ist ein Schuss, ein Nachschuss und ein Tor.
Dass dabei Lucas Perez trifft, nachdem er aus knapper, ungeahndeter Offside-Position gestartet war, kann als mangelndes Wettkampfglück bezeichnet werden. Und man kann den Basler auch zugutehalten, dass sie zwischen den Treffern und bis zur Pause durchaus eine Spielanlage zeigen, die sie hoch stehen lässt, beim Gegner Fehler provoziert und zu eigenen Chancen führt. Doch es ist genauso zweitrangig, wie es das durchaus ähnliche Bild in der zweiten Hälfte ist, nachdem Arsenal zwei weitere Treffer erzielt hat. Die Kräfteverhältnisse sind letztlich klar genug. So klar, dass sogar noch Stimmung aufkommt, weil Doumbia wenigstens der Ehrentreffer gelingt.
Der FCB hat es ein sechstes Mal versucht – und ein sechstes Mal nicht das erreicht, was er sich in dieser Champions League vorgenommen hat. Dass dies gegen Arsenal genauso passiert wie gegen Paris Saint-Germain, darf man aufgrund der Kräfteverhältnisse auf dem Papier ruhig als logisch bezeichnen. Letztlich ist für die Basler europäisch Schluss, weil es ihnen nicht gelungen ist, Ludogorez Rasgrad in Schach zu halten. Ein Sieg und ein Unentschieden hätten gereicht – zwei Remis gegen den nominell schwächsten Gruppengegner waren zu wenig.
Sich öffnende Scheren
Allerdings ist es auch so, dass es dem bulgarischen Meister im letzten Spiel gelingt, in Paris ein 2:2 zu erreichen. Das kostet PSG den Gruppensieg und ist ein weiterer Hinweis darauf, dass Rasgrad Fussball spielen kann. Es deutet aber auch darauf hin, dass es bei allen Scheren, die sich zwischen den Superreichen des Fussballs und dem Rest immer weiter öffnen, noch immer möglich ist, gegen die Weltauswahlen der Grossclubs Zählbares zu erreichen.
«Ich denke schon, dass in dieser Kampagne mehr möglich gewesen wäre», sagt auch Urs Fischer nach einem letzten, unangenehmen Abend im Scheinwerferlicht. Aber er sagt auch: «Die Tabelle lügt nicht. Wir sind Vierte. Wir hatten das Ziel, europäisch zu überwintern, das haben wir nicht erreicht. Da gibt es nichts schönzureden.»
Für ihn geht es nun darum, die Hinrunde zu Hause gegen St.?Gallen gut zu beenden. Nach YB und Arsenal ein drittes Mal in Folge zu verlieren, wäre ein Abschluss, der noch dickere Fragezeichen provoziert.?