Presseschau

Basler Zeitung vom 17.02.2017

Die Welt mit anderen Augen sehen

Behrang Safari ging aus privaten Gründen nach Malmö und gewann dort seinen 8. Titel in Folge

Von Tilman Pauls

Malmö. In Malmö ist es kalt in diesen Tagen, die Temperaturen klettern nur gemächlich über den Gefrierpunkt, es liegt Schnee und auch sonst gibt es ein paar ziemlich gute Gründe, warum man Mitte Februar nicht unbedingt Fussballprofi in Schweden sein will.

Behrang Safari ist das aber herzlich egal. Er war im alten Jahr zwar noch ein paar Tage in der Sonne, Spanien, beim Golfen. Aber im Grunde geniesst der 32-Jährige die mehrmonatige Pause zwischen dem Ende der Meisterschaft und dem Auftakt in die neue Saison in der Kälte. «Eine lange Zeit ohne Fussball», sagt Safari zwar offiziell-schuldbewusst, aber man spürt durch den Telefonhörer hindurch, dass er diese Unterbrechung aktuell ganz gut gebrauchen kann. «Es kommt mir entgegen, weil ich mich noch um ganz viele Dinge kümmern muss.»

Schliesslich bietet solch eine lange Pause ja immer auch Zeit, um über all das nachzudenken, was passiert ist im Jahr 2016 – und das war wahrlich nicht wenig im Fall von Behrang Safari. «Es war eine Menge los», sagt er. Da war erst die Rückrunde mit dem FCB. Dann der Meistertitel mitsamt allen Feierlichkeiten. Danach der nächste Anlass, der Abschied von Walter Samuel und dessen Weltkarriere. Anschliessend Safaris Wechsel nach Malmö, in seine Heimat. Und natürlich auch der Meistertitel dort, der zweite innerhalb von sechs Monaten, der achte in Folge, der achte innerhalb von siebeneinhalb Jahren.

Es gibt nicht viele Fussballer, die so eine Trophäensammlung ausweisen.

Kein leichter Abschied

Aber trotzdem ist Safaris Geschichte keine der angeblich verrückten, die nur der Fussball schreibt. Im Grunde hat die Geschichte des Verteidigers nur am Rande mit Fussball zu tun. Schliesslich ist er im vergangenen Sommer nicht mit sportlichen oder finanziellen Absichten vom FCB zurück zu Malmö gewechselt, sondern aus «familiären», wie er immer wieder betont hat. Erst kurz vor seinem Abgang aus Basel erklärte Safari, was genau diese familiären Gründe waren, «ich wollte nichts verstecken»: Bei Leon und Emiliano, den Zwillingen der Familie, wurde bereits 2014 eine Entwicklungsstörung vermutet. Autismus.

«Am Anfang war es sehr schwierig, weil so vieles von dieser Krankheit noch unbekannt ist», sagt Safari. Aber darum beschloss er gemeinsam mit seiner Frau, wieder nach Schweden zu ziehen. Weil dort nicht nur die staatliche Unterstützung in derartigen Fällen besser ist, sondern die Fünfjährigen auch aktiver auf die schwedische Sprache reagieren. In Basel hatten die Buben zusätzliche Probleme, sich und ihre Eindrücke von der Welt zu kommunizieren, weil sie – abgesehen vom Umgang mit ihren Eltern – meist mit einer Fremdsprache konfrontiert waren.

«Es war kein leichter Abschied, denn Basel ist meine Stadt und der FCB mein Club», sagt Safari heute, «aber meinen Söhnen zuliebe haben wir so entschieden – und es war richtig. Ich wollte den beiden ein gutes Umfeld ermöglichen, das ihnen in ihrer Entwicklung hilft.» Jetzt haben die Zwillinge die entsprechende Unterstützung und sie haben positiv auf ihr neues Umfeld reagiert. «Es ist keine einfache Situation, aber meine Frau und ich haben gemerkt, dass Autismus etwas Ewinzigartiges ist, man sieht die Welt mit anderen Augen. Wir lernen jeden Tag von den beiden und ich bin froh, dass sie in Malmö mal im Stadion waren und mich spielen sahen.»

Keine Gedanken ans Aufhören

Dies zeigt: Ganz loslösen kann man Safaris Geschichte vom Fussball eben doch nicht. Denn logischerweise hat die Erkrankung der Kinder Auswirkungen auf das, was früher mal das Wichtigste für ihn war: Wettkämpfe, Niederlagen, Siege. Das alles scheint jetzt aber nicht mehr so bedeutend wie früher. «Ich habe festgestellt, dass ich nicht nur den Sport anders gewichte, sondern dass ich auch Menschen unterschiedlich beurteile. Es ist früher auch schon mal vorgekommen, dass ich eine Person vorschnell bewertet habe. Aber dank meiner Kinder weiss ich jetzt: Jedes Leben ist auf eine andere Art besonders und das gilt es zu akzeptieren.»

Trotz dieser Umstände stand für Safari nie zur Diskussion, seinen Beruf aufzugeben – und in Malmö bietet sich ihm nun die Möglichkeit, beide Aspekte seines Lebens zu vereinen. Mit dem Malmö FF hat er einen Verein, den er kennt, der aber seit seinem Abgang im Jahre 2008 «immer grösser geworden ist», wie Safari sagt. Ein Club, der in der Champions League spielt und dreimal in den letzten vier Jahren Meister wurde. Zudem ist Safari, der bei Malmö einen Vertrag bis 2020 unterschrieben hat, mit seiner Erfahrung ein wichtiger Teil jener Mannschaft, die im April als Titelverteidiger in die Saison startet.

Und irgendwo im Hinterkopf lauert der Gedanke, dass er mit Malmö auf den FCB treffen könnte. Und selbst wenn nicht: «Ich plane schon eine Reise nach Basel», sagt Safari. Er will «seine Stadt» so schnell wie möglich wiedersehen.

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