Tages-Anzeiger vom 07.04.2017
Heute entscheidet sich die Zukunft des FC Basel. An einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung stellt Bernhard Burgener seine Pläne vor. Danach wird abgestimmt, ob er die Aktienmehrheit kaufen darf.
Florian Raz
Das Ganze hätte in aller Stille vor sich gehen können. In einem dieser berühmtberüchtigten Hinterzimmer, von denen es in der Finanzbranche eine ganze Menge geben soll. Denn auch wenn im Sportteil – auch an dieser Stelle – immer von Clubs und Vereinen geschrieben wird, so gibt es doch im Schweizer Spitzenfussball nur Aktiengesellschaften. Bernhard Heusler und seine Vorstandskollegen des FC Basel hätten also das Recht, ihren Aktienanteil von rund 90 Prozent der FC Basel Holding AG an jeden zu verkaufen, der die Vorgaben der Swiss Football League erfüllt.
Doch weil sich der scheidende Präsident moralisch verpflichtet hat, die Mitglieder des Vereins FC Basel über einen Verkauf entscheiden zu lassen, müssen die kommenden Besitzer heute an einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung ihre Pläne präsentieren. Wie diese im Detail aussehen, ist bislang unbekannt. Sehr wohl aber, wer hinter dem neuen Projekt steht. Dass der Verkauf der Aktien an Bernhard Burgener abgelehnt wird, scheint nicht realistisch.
Der Besitzer
Bernhard Burgener
Erzählt gerne, wie er 1957 in einfache Verhältnisse geboren wurde und danach unmittelbar hinter dem St.-Jakob-Stadion aufgewachsen ist. Burgener machte seine ersten Millionen mit einer Videotheken-Kette. Inzwischen ist er im Filmbusiness ebenso tätig (Constantin Film) wie in Fussball (Vermarktung der Champions League), Eurovision Song Contest oder TV (Sport 1). Neuerdings engagiert er sich auch im Boxen (World Boxing Super Series).
Burgener dürfte zwar genug eigenes Geld besitzen, um die FCB-Aktien zu kaufen. Seine anderen Geschäfte sind aber oft etwas grösser als sein eigenes Portemonnaie. Deswegen sind seine Firmen durch ein kaum zu durchschauendes Geflecht verbunden, in dem die Mehrheitsverhältnisse nicht immer klar sind. Um die Vorherrschaft in diesem Konstrukt zankt sich Burgener gerade mit dem Deutschen Dieter Hahn. Die Kontrahenten stehen deswegen vor mehreren Gerichten in der Schweiz und in Deutschland. Es geht um Macht und viel Geld.
Verliert Burgener, könnte er die Kontrolle über die von ihm in Pratteln aufgebaute Firma Highlight Communications verlieren. Und damit auch die Vermarktung der Champions League. Wobei sowieso unklar ist, ob Burgener als Besitzer eines an der Champions League teilnehmenden Fussballteams weiterhin an der Vermarktung des Wettbewerbs beteiligt sein darf. Er will 89,8 Prozent der FC Basel Holding AG kaufen, die ihrerseits 75 Prozent der FC Basel 1893 AG besitzt, in der die Profi-Teams des FCB angesiedelt sind.
Der Sportchef
Marco Streller
Wurde auch schon als «Berufsbasler» bezeichnet. Der 35-Jährige ist aber eher ein Basler aus Leidenschaft. Wobei er ja eigentlich Baselbieter ist, aber wer ausserhalb der Nordwestschweiz kennt schon den Unterschied?
Er hatte in seinen jungen Jahren als Stürmer einen Ruf als Bruder Leichtfuss, wurde erst zum Helden, als er die Schweiz in der Türkei an die WM 2006 schoss, und danach zum Buhmann, als er dort im Penaltyschiessen scheiterte.
Seit seinem Rücktritt ist er unter anderem Mitglied der Basler Transferkommission. Er soll massgeblich am Besitzerwechsel beteiligt sein, weil er Ambitionen auf mehr Verantwortung anmeldete. Er wird Georg Heitz als Sportchef ersetzen, der dem FCB regelmässig Transfereinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe beschert hat. Die Frage, die sich alle stellen: Hat Streller sein bisweilen emotionales und sprunghaftes Wesen für diesen Posten genügend im Griff?
Der Berater
Alex Frei
Rekordtorschütze im Nationalteam, Torschützenkönig in der Ligue 1 und Reizfigur im Schweizer Fussball. Er beendete 2013 seine aktive Karriere nach einem verlorenen Machtkampf mit dem damaligen FCB-Trainer Murat Yakin abrupt und wechselte im gestreckten Galopp auf den Sessel des Sportchefs bei Luzern.
Dort verstrickte er sich in sportlichen Ansprüchen, finanziellen Zwängen sowie internen Intrigen und brannte fast aus. Die Trennung vom FCL nach zwanzig Monaten erlebte er darum mehr wie eine Befreiung denn als Niederlage. Danach verabschiedete sich Frei erst einmal von höheren Ambitionen im Spitzenfussball. Derzeit trainiert er die U-15 des FCB. Das soll er auch weiterhin tun, aber zugleich seinem Freund Streller beratend zur Seite stehen. Die beiden kennen sich schon seit gemeinsamen Juniorenzeiten beim FC Aesch.
Der Nachwuchs-Mann
Massimo Ceccaroni
Ist in Basel unter anderem deswegen eine Legende, weil er in seiner ganzen Karriere kein einziges Tor in der höchsten Liga schoss. Auch nicht, als er einmal gegen GC zum Elfmeter antreten durfte. Als Rechtsverteidiger verbrachte er seine ganze Karriere von 1987 bis 2002 in Rot-Blau. Dass er nach dem ersten Titelgewinn seit 22 Jahren keinen neuen Vertrag erhielt, schmerzte ihn.
Der heute 48-Jährige arbeitete danach in der eigenen Firma für Bodenbeläge. 2005 stieg er erst als Trainer bei den Old Boys ein und danach mit dem Club zweimal bis in die 1. Liga auf. 2012 wurde er zu seinem Stammclub zurückgeholt, er ist seither Technischer Leiter der FCB-Nachwuchsabteilung.
In der neuen Struktur soll er voraussichtlich dafür sorgen, dass der Weg der eigenen Junioren in die erste Profimannschaft wieder kürzer wird.
Der Anwalt
Martin Wagner
Burgeners Anwalt, Geschäftspartner und langjähriger Freund. Wenn Burgener den «Good Cop» gibt, dann ist Wagner der «Bad Cop». Eine streitbare Persönlichkeit, die immer wieder die Schweizer Medienlandschaft aufmischt – oder es zumindest versucht.
War von 2010 bis 2011 kurz Verleger der «Basler Zeitung», verlor aber den Kampf um die Ausrichtung gegen Christoph Blocher. Weil er sich danach als FDP-Kandidat für den Baselbieter Nationalrat in Stellung bringen wollte, griff er Blocher frontal an, nannte Blochers Kinder unter anderem «Klone» ihres Vaters.
Inzwischen aber geschäftet Wagner wieder mit dem SVP-Übervater. Wagner ist unter anderem erneut Anwalt der «Basler Zeitung». Zuletzt machte er mit einem gescheiterten Übernahmeangebot für die «Blick»-Gruppe Schlagzeilen. Hat Burgener Probleme, ist es gerne Wagner, der in den Medien für seinen Klienten in die Bresche springt.
Es ist kaum anzunehmen, dass Wagner beim FCB ein offizielles Amt übernimmt. Aber bislang gilt: Wo Burgener ist, ist Wagner nicht weit.