Presseschau

Sonntagsblick vom 30.04.2017

Fischers Los

Kommentar

Felix Bingesser Chefredaktor Sport felix.bingesser@ringier.ch

Stellen Sie sich vor, Sie sind Mitarbeiter im Aussendienst, haben sich stets korrekt verhalten und all Ihre Ziele erreicht, und müssen Ende Jahr gehen.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Verkäuferin in einer Boutique. Sie sind stets pünktlich und freundlich, nie krank. Das Geschäft brummt. Trotzdem werden Sie Ende Jahr entlassen.

Stellen Sie sich vor, Sie chrampfen viel, bringen einen schönen Lohn heim, sind ein guter Ehemann und ein fürsorglicher Vater. Sie mähen Ihren Rasen stets akkurat und polieren am Samstag Ihren Skoda Kombi samt Felgen auf Hochglanz. Und trotzdem lässt sich Ihre Frau scheiden.

In etwa so wird sich Trainer Urs Fischer fühlen. Er hat den FCB erneut zum Titel geführt. So früh und damit so souverän wie kein Trainer vor ihm. Trotzdem muss er gehen.

Zu humorlos, zu verbissen, zu knorrig. Ein Biedermann. Sagen viele. Damit tut man Fischer unrecht. Wer anständig, integer und loyal ist, der ist nicht bieder. Vor allem ist es der kantige Fischer nicht.

Trotzdem ist er halt nicht der Mann für die Sternstunden, der Mann, der die Ketten sprengt, der Mann, der in dieser anspruchsvollen Unterhaltungsindustrie mal für grosse Gefühle und Emotionen sorgt.

In Basel, wo man verzweifelt gegen die Monotonie des Erfolgalltags ankämpft, braucht es auf allen Ebenen eine Blutauffrischung. Man muss nicht nur gewinnen. Das Gewinnen muss ein Erlebnis sein. Fischer ist wohl auch ein Opfer dieser Konstellation. Er hat längst nicht alles, aber sehr vieles, richtig gemacht.

Und so ist es wie immer bei Trennungen: Man wird vielleicht erst merken, was man an ihm gehabt hat, wenn er weg ist. Trotzdem, und so paradox es klingen mag: Die Trennung von Fischer ist in diesem Moment die richtige Entscheidung.

Zurück