Presseschau

Basler Zeitung vom 09.06.2017

Ideengeber aus dem Hintergrund

Bernhard Burgener ist vieles – und ab heute auch: Präsident des FC Basel

Von Tilman Pauls

Basel. Shrek, ausgerechnet. Bernhard Burgener hätte ja auch einen anderen Superhelden vor die Tür stellen können, zum Beispiel die Spiderman-Figur, die in einem der hinteren Büros in der Ecke hockt und lauert. Stattdessen begrüsst die Besucher im zweiten Stock nun aber ein grässlich-freundlicher Oger, von dem die meisten wohl nicht mal wissen, dass er erst in einem Kinderbuch lebte, ehe Holly­wood ihn in die Finger bekam.

Der Firmensitz der Highlight Communications AG befindet sich in einer der weniger schönen Ecken Prattelns. Zwar nicht weit vom Rhein entfernt, aber wer würde das erahnen, wenn er vor dieser grau-­traurigen Hauswand steht? Auf der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes befindet sich ein Freizeitcenter, man kann dort bowlen oder Billard spielen; vermutlich ist es der einzig richtige Ansatz, um diesen Block zumindest mit ein bisschen Leben zu füllen.

Im Inneren sieht es kaum anders aus. Wer an Shrek vorbei durch die blaue Tür in die Büroräume tritt, wird von einem schmalen Gang in Empfang genommen. Zahnarzt-Beleuchtung und durch eine Klima-Anlange gesiebte Luft. Einzig die Filmposter an der Wand locken den Besuch in die tieferen Bereiche, dorthin, wo der Chef seine Gäste empfängt.

Falls hier je ein Innenarchitekt seine Finger im Spiel hatte, hat er definitiv mehr Gewicht auf die Zweckmässigkeit gelegt denn auf die Ausstattung. Aber irgendwie passt es ja: Von aussen leicht zu übersehen, leicht zu unterschätzen, was sich hinter der Fassade abspielt.

Wenn Bernhard Burgener ein Gebäude wäre, er wäre dieses hier.

Das Know-how

Bernhard Burgener, 1957 in Basel geboren, aufgewachsen am Bachgraben, gross geworden in der Nähe des St.-Jakob-Parks und noch viel grösser in Pratteln. Von hier aus steuert er sein Imperium, dessen Eckdaten er schon so oft vorgetragen hat, dass sie als Stehsatz in seinem Wortschatz eingebrannt sind.

1982: Die Gründung der Videothek Movie­star in Allschwil. 1983 dann die Rainbow Home Entertainment AG, Filmrechte. Anfang der 90er-Jahre stösst er im Laaser Tal auf eine Goldgrube, in der eigentlich Marmor abgebaut wird. 1999 dann der Anfang der Vermarktung der Champions League. 2003: Constantin Film, «Das Parfum», «Fack ju Goethe». 2004: Eurovision Song Contest. 2009: Wiener Philharmoniker.

All das ist Burgener. Und ab heute ist er auch: Präsident des FC Basel.

Es war Mitte Februar, als die Welle losbrach. Nach dem Anstoss durch den Finanzchef Stephan Werthmüller hatte sich der scheidende Verwaltungsrat des FCB nach und nach mit der Idee angefreundet, zurückzutreten. Man war auf Marco Streller zugegangen, der unter der Schreibtischlampe seines kleinen Büros schon am Konzept der rotblauen Zukunft tüftelte – so würde man sich das zumindest gerne vorstellen. Doch Streller brauchte einen Mann für den Hintergrund. Einen mit unternehmerischem Know-how, dem nötigen Kapital und auch dem Mut, ein ultraerfolg­reiches Unternehmen wie den FC Basel ein Stück weit neu auszurichten.

Burgener war der Richtige für das Vorhaben, natürlich war er das. Er mag mit seinen Ideen und seinen Marken in der ganzen Welt tätig sein und manchmal – so wirkt es – darüber hinaus. Aber Basel ist er immer verbunden geblieben.

Die Loge

Als Radio Raurach Mitte der 90er-­Jahre seinem Ende entgegensendete, wendete Burgener den Konkurs ab. Als der ehemalige Spielmacher Arthur von Wartburg nach der Karriere in finanzielle Schieflage geriet, kam er bei Burgener unter. Als der FCB Anfang der 90er-­Jahre Geld suchte, erarbeitete er jenes Konzept, das Karli Odermatt in den Beizen der Innenstadt zu Geld machte. Und auch als es darum ging, Mittel für die Rückkehr Alex Freis zu beschaffen… nun, zumindest gibt es keinen Beweis, dass er dort nicht auch involviert war.

Für Burgener bestand kein Zweifel, als Streller vor einigen Monaten auf ihn zukam. Zumal es dieses Mal keine Rettung war, sondern in erster Linie ein Geschäft mit einer attraktiven Marke.

An der ausserordentlichen Mitgliederversammlung Anfang April stellte Burgener nicht nur das neue Konzept, seine Mitstreiter und sich selbst vor. Er machte deutlich, dass er kein Mäzen sein werde. Die wichtigsten Grundsätze des Aktionärsbindungsvertrags hat er zwar akzeptiert, nämlich dass das Eigenkapital der Holding nicht angegriffen wird, wenn ausnahmsweise mal kein Gewinn erwirtschaftet werden sollte. Aber Burgener hat auch klargemacht, dass er sich und dem Verwaltungsrat im Gewinnfall eine Dividende ausschütten werde.

1986 von 2389 Mitgliedern stimmten zu, ob sie es wegen Burgener taten, wegen der klingenden Namen Streller, Frei und Ceccaroni oder ganz einfach deshalb, weil der FCB nun mal der FCB ist. Übrig blieb von diesem Abend ein Auftritt, der den Mitgliedern die Person Bernhard Burgener nicht entscheidend näherbringen konnte – und dieser eine Versprecher: «Jean-Pierre Wicky».

In der Zwischenzeit ist viel passiert. Jean-Pierre heisst mittlerweile Raphael und ist Trainer des neuen, noch rotblaueren FC Basel. Marco Streller stellt das Kader der Zukunft zusammen und auch sonst nimmt der Club für die Zeit nach Heusler und Georg Heitz Formen an. Gestern folgte die Bekanntgabe, dass Jean-Paul Brigger eine zentrale Figur wird, die einen Teil der Aufmerksamkeit absorbiert, der Burgener gerne aus dem Weg geht (vgl. Text oben).

Burgener hat ein Team von Vertrauten und Spezialisten um sich versammelt, so wie er das immer gemacht hat. Er liefert die Ideen und sucht dann die Mitarbeiter, die diese für ihn umsetzen.

Er selber hat sich zuletzt zurückgehalten, was auch damit zu tun hat, dass er erst heute an der Generalversammlung zum Präsidenten ernannt wird und in der Folge die Aktien des abtretenden Verwaltungsrats auf sich vereint. Aus Respekt vor der Leistung seines Vorgängers hat er geschwiegen und sich zuletzt nicht mal mehr in seiner Stadion-Loge gezeigt.

Aber in den Vordergrund dürfte Burgener auch künftig selten treten.

Die Frage, wer Bernhard Burgener ist, ist nicht einfach zu beantworten, und die Prognosen sind vielversprechend, dass das auch so bleiben wird. Als 2016 in New York am Ground Zero der aus Laaser Marmor gebaute Bahnhof eröffnet wurde, blieb Burgener zu Hause. Als in Bethlehem das von ihm erdachte Weihnachtskonzert über die Bühne ging, schaut er aus der Ferne zu. Und wenn in wenigen Wochen die World Boxing Super Series in Monaco feierlich präsentiert wird, dürfte Burgener auch das von Pratteln aus mitverfolgen.

Burgener hat sich bei keinem seiner Projekte je in den Vordergrund gespielt, das wird wohl auch beim FCB so sein.

Die Unterschiede

Um dem neuen Präsidenten näherzukommen, hilft vielleicht wirklich nur, sich klarzumachen, wer Bernhard ­Burgener nicht ist. Er ist zum Beispiel nicht Bernhard Heusler.

Zwar sind beide in Basel aufgewachsen und früh in den Strudel FCB geraten. Aber sonst scheint die beiden wenig bis gar nichts zu vereinen. Man kann sich – nach allem, was bislang bekannt ist – jedenfalls nicht vorstellen, dass Burgener einen Saal, so gross wie die St. Jakobshalle, 40 Minuten lang im Alleingang unterhalten kann und will. Man kann sich nicht ausmalen, dass er den Kontakt zur Muttenzerkurve in der Form aufrechterhält, wie es Heusler stets getan hat. Dass er sich neben allen anderen Projekten nur dem FCB verschreibt. Und es scheint auch wenig wahrscheinlich, dass Burgener irgendwann, wenn er sein Ende gekommen sieht, mit einem Platzsturm von der Muttenzerkurve verabschiedet wird.

Burgener wird seinen eigenen Weg gehen, weil auch der Club einen neuen Weg gehen muss. Und er wird dies meist aus dem Hintergrund tun, wo er sich von seinen Spezialisten berichten lässt. Vielleicht lässt sich irgendwann ein genaueres Bild von ihm zeichnen. Falls er es zulässt. Wahrscheinlich wird er aber so schwer greifbar bleiben, wie er es bisher für die meisten geblieben ist.

Klar ist eigentlich nur: Heute endet die Ära Heusler. Und es beginnt die Ära Burgener.

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