Basler Zeitung vom 29.09.2017
Spiel dich zu den Bebbi – ein Besuch bei einem Kinder-Sichtungstraining des FC Basel
Von Daniel Aenishänslin
Irgendwann einmal. In ein paar Jahren, hoffentlich. Im St.-Jakob-Park durch die Senftube schreiten, das Trikot des FC Basel tragen und den FC Zürich schwindlig spielen. Ein Traum, den schon Fünfjährige träumen. Darum möchte sich manch einer so schnell wie möglich einen Platz im rotblauen Karriere-Express sichern.
Es ist Mittwochnachmittag, und der FC Basel ruft zu seinem Sichtungstraining. «Spiel dich zu den Bebbi», lautete die Devise für 27 Knaben der Jahrgänge 2011 und 2012. Für zwei weitere Knirpse ist das Training bereits beendet, kurz nachdem es begonnen hat. Noch zu grosse Mühe haben sie, sich von den Eltern zu lösen. Dabei ist es gar kein Sprung mit Schwimmflügeli ins Haifischbecken. Joachim Eble und seine Assistenten pflegten einen äusserst rücksichtsvollen Umgang mit den Stars in spe.
Eble, 62-jähriger Leiter der Kindersportschule Bebbi, sagt, «es ist ganz wichtig, dass man sich mit Respekt begegnet. Das hier ist auch eine soziale Schule.» Aus diesem Grund kommuniziert er im wahrsten Sinne des Wortes auf Augenhöhe. Ausbildner nennen sich Joachim Eble, Vincent Bröckelmann, Philipp Salgado und Joris Stöckli, nicht Trainer. Betont werden soll damit, dass die Entwicklung der Kinder im Vordergrund stehe und nicht der Sieg im Wettkampf. «Die Kinder sollen sogar in diesem Sichtungstraining frei aufspielen können», bemerkt Eble, «der Druck kommt noch früh genug.»
Die Träume der Eltern
Aus diesem Grund zieht Eble die erste rote Linie gleich nach der – freundlichen – Begrüssung am Treffpunkt auf den Sportanlagen St. Jakob. «Die Eltern verabschieden sich hier von den Kindern und bleiben hinter dem Campus-Zaun», gibt er den Tarif durch. Die Kinder sollten nicht von den Eltern unter Druck gesetzt werden können. Denn auch diese haben ihre Träume. Zum Beispiel eben, dass ihr Sohn im St.-Jakob-Park durch die Senftube schreitet, das Trikot des FC Basel trägt und den FC Zürich schwindlig spielt. Einige der Eltern hält auch diese Massnahme des Auf-Distanz-Bleibens nicht vom aktiven Coaching ab. Es bedarf halt etwas mehr an Lautstärke. Da nützt es selbst nichts, dass Eble noch mahnt, «wenn ihr nicht wisst, was wir von den Kindern wollen, könnt ihr unmöglich coachen».
Hätten die Eltern gewusst, worum es Joachim Eble tatsächlich geht, sie hätten wohl bemerkt, wie aussichtslos ein Coaching ist. «Wir achten nur auf die Schnelligkeit und Beweglichkeit der Kinder», eröffnet Eble, «alles andere ist lernbar.» Beobachte man einen hünenhaften Spieler wie Manchester Uniteds Romelu Lukaku, der zudem noch ein wahrer Schrank sei, falle auf, dass er eben etwas trotzdem sei: schnell und beweglich. Die Kinder haben denn auch sichtlich Spass auf dem Koordinationsstelle-Parcours. Und nicht nur deshalb, weil das Wetter an diesem Nachmittag zum Sporttreiben im Freien einlädt.
Im fünften Anlauf
Die 28 Grad zaubern im Frühherbst nochmals ein sommerliches Hitzeflimmern auf den Kunstrasen. Im Durchschnitt zwei der Jungs werden am Ende solcher Trainings, die die Rotblauen für verschiedene Jahrgänge durchführen, eine Einladung zum Probetraining erhalten. «Für die übrigen bedeutet das nicht das Ende ihrer Karriere», betont Eble. Kinder würden sich entwickeln. «Es gibt FCB-Spieler, denen gelang dieser Schritt erst nach dem fünften Sichtungstraining.» Diese finden jeweils im Frühling und im Herbst statt. Anmelden kann sich jeder. «Mädchen sind ebenfalls gern gesehen», bemerkt Eble. Voraussetzung sind das entsprechende Alter sowie der Wohnort. Die Anreise ins Joggeli darf nicht mehr als 20 Kilometer betragen.
Eines wird an diesem Nachmittag ebenfalls deutlich: Joachim Eble geht auf in seinem Job. Seit Juli ist er zu 100 Prozent angestellt. Zuvor arbeitete er 50 Prozent für den FC Basel und 50 Prozent für das Sozialamt von Efringen-Kirchen. Die unterschiedlichsten Projekte füllen ihn aus. Da wäre jeweils mittwochs sein Einsatz auf der «Tschuttimatte» bei der Primarschule St. Johann – ein niederschwelliges Angebot für alle von 4 bis 13 Jahre. Oder da wären auch die samstäglichen Fördertrainings auf den Sportanlagen St. Jakob, im Winter in der Turnhalle des Freien Gymnasiums Basel. Joachim Eble fühlt sich bei der Arbeit mit den Kinder in seinem Element: «Für mich ist ein Traum wahr geworden.» Ein Traum, in dem er in spielerischer Art und Weise den Jüngsten unter dem Stern des FCB die Freude an der Bewegung vermittelt. Ganz ohne Senftube und FCZ.