Presseschau

Basellandschaftliche Zeitung vom 22.05.2018

Beim Griff nach den Sternen die Finger verbrannt

Der grosse Rückblick auf die FCB-Saison 2017/18 Vom Höhenflug in der Königsklasse bis zum Ende der Titel-Serie

Am Schluss steht die Enttäuschung, die Enttäuschung über die erste Saison ohne Titel seit neun Jahren. Doch davor setzte der FCB mehrere Glanzlichter. So schaut die Klubführung auf ihr erstes Jahr zurück.

Sébastian Lavoyer und Céline Feller

Zurück bleibt der Schmerz, dieses stechende Gefühl des Versagens. Die Serie ist gerissen, nach acht FCB-Meistertiteln in Folge feierten am Sonntag die YB-Anhänger nach 32-jähriger Durststrecke ein rauschendes Fest. Während die Berner durch die Gassen torkeln, sitzt im Joggeli die Klubführung des FC Basel und zieht Bilanz über ein turbulentes Jahr mit vielen Wechseln in der Teppichetage, auf dem Platz und der Gefühlslage.

FCB-Trainer Raphael Wicky sagt: «Meine Hauptmission war es, den Titel zu verteidigen. Das habe ich nicht geschafft, das kommt jetzt so richtig an. Und auch wenn es viele schöne Momente gab, schmerzt das.» Natürlich weiss er schon seit über drei Wochen, dass es nichts wird mit dem Meistertitel. Aber Wicky tickt emotional ein bisschen anders, sagt, er habe «verzögerte Emotionen». Davon erzählte er schon, als er selbst nach sensationellen Auftritten in der Königsklasse absolut cool blieb.

Die Sterne der Champions League sind jetzt weit weg. Denn die Saison endete ohne Titel. Wir haben zehn Momente herausgegriffen und lassen Präsident Bernhard Burgener, Sportchef Marco Streller und Trainer Raphael Wicky sagen, was sie damit verbinden. Ein Rückblick auf ein Jahr mit zahlreichen Höhepunkten, aber einem vorerst traurigen Ende.

30. Juli 2017: Der tränenreiche Rücktritt

«Mati hatte den anderen Sicherheit gegeben.» Marco Streller

«Das war ein Teil des Ganzen. Wenn man es herunterbricht, waren es wohl Matis Skorerpunkte, die uns am Ende gefehlt haben. Er hatte die Qualitäten, dass er mit einer genialen Aktion die gegnerische Mannschaft hat knacken können. Das war bei uns oft das Problem, dass dieses Element, das Geniale und Unvorhersehbare, in gewissen Spielen gefehlt hat. Vor allem in jenen Spielen, in denen der Gegner sehr, sehr tief gestanden ist. Hinzu kommt, dass er verstanden hat, was es heisst, Captain dieser Mannschaft zu sein. Er war das Bindeglied zwischen Staff und Mannschaft. Logisch geht es dann nicht spurlos an einer Mannschaft vorbei, wenn der Captain wegbricht. Er war auch ein Spieler, der den anderen auf dem Feld Sicherheit gegeben hat. Sie haben zu ihm aufschauen können, und er stand immer da wie eine Wand.»

27. August 2017: Die plötzliche Verunsicherung

«Statt eines Flows war Verunsicherung da.» Marco Streller

«An dieses Spiel erinnere ich mich noch, als wäre es gestern gewesen. Wir haben sie in der ersten Halbzeit auseinandergenommen, und am Schluss gibt es trotzdem nur ein 1:1. Da haben wir uns nach dem Spiel extrem aufgeregt. Hättest du da gewonnen, wärst du in einen richtigen Flow gekommen. Stattdessen war Verunsicherung da. Dann spielt es auf einmal doch eine grosse Rolle, dass du nach dem ersten Spiel den Captain verloren hast, obwohl du darauf und auf die Startniederlage sensationell reagiert hast.»

20. September 2017: Der traurige Tiefpunkt

«Die schwächste Halbzeit der ganzen Saison.» Bernhard Burgener

«Die erste Halbzeit gegen St. Gallen war die schwächste, die ich diese Saison vom FCB gesehen habe. Man hat mich danach kritisiert dafür, dass ich nach diesem 1:2 nicht vor die Presse trat. Aber es wäre in meinen Augen ein falsches Signal gewesen, wenn ich mich da vorgedrängt hätte. Das hätte nur unsere sportliche Führung um Marco Streller diskreditiert. Aber ich habe vollstes Vertrauen in ihn und seine Leute. Natürlich, es war eine Enttäuschung. Aber wir haben im Sommer die Führung gewechselt, einen neuen Sturm verpflichtet und wurden gleich zu Beginn vom Rücktritt von Matías Delgado überrascht. Bei so vielen Veränderungen darf man nicht in Panik verfallen, wenn es mal nicht läuft. Es war uns aber klar, dass eine Reaktion hermuss, und die kam ja dann auch.»

27. September 2017: Der königliche Befreiungsschlag

«Dieses 5:0 war das perfekte Spiel.» Raphael Wicky

«In diesem Spiel ist alles aufgegangen. Du gehst nach zwei Minuten in Führung, dann hält Tomas Vaclik ein paar Bälle gut und dann macht Dimitri Oberlin seinen Sprint, der Ball geht rein und du bist im Flow. Wir hätten ja gar noch mehr Tore schiessen können. Alleine Blas Riveros hätte noch zweimal treffen können. Es war das perfekte Spiel, ja. Davon träumst du. Aber es ist auch klar, dass das nicht immer alles genau so funktionieren kann wie in diesem Spiel.»

5. Dezember 2017: Die historische Gruppenphase

«Würde es für den Meistertitel eintauschen.» Marco Streller

«Ausserhalb der Schweiz werden vom FCB nur die Champions-League-Auftritte wahrgenommen. Ich war zuletzt öfters in Deutschland und alle haben mir gesagt, dass das unglaublich sei, was in Basel geleistet wird. In der Schweiz ist der Tenor etwas negativer, weil wir die Meisterschaft nicht geholt haben. Aber diese Spiele in der Champions League haben gezeigt, dass auch vieles gut war. Mich hat der Auftritt in Moskau beispielsweise sehr beeindruckt. Da war eine unheimliche Reife und Ruhe zu sehen. Ähnlich wie im Heimspiel gegen Manchester United. Da vergibst du den Matchball gegen Moskau und als Reaktion schlägst du United. Nicht dank Kontern, sondern weil du besser warst und dominiert hast. Das ist so beeindruckend. Genauso wie das Spiel in Lissabon. Dennoch würde ich den einen oder anderen Sieg in der Champions League für den Meistertitel eintauschen.»

15. Januar 2018: Der entscheidende Transfer

«So radikal wird uns das nicht mehr passieren.» Marco Streller

«An dem Tag hat uns Manuel Akanji verlassen. Im Nachhinein muss ich sagen: Es waren in der Form zu viele Wechsel im Winter. Wir haben Transfers gemacht mit Blick auf den Sommer. Es war ein Zufall, dass wir gleich so viele haben gleichzeitig holen können. Vali war ablösefrei, Fabian Frei zu einem guten Preis zu haben. Samuele Campo haben wir bewusst im Winter geholt, um ihm Zeit zu geben. Vielleicht hätten wir den einen oder anderen erst im Sommer holen sollen. Handkehrum wären sie dann jetzt nicht so weit, wie sie es jetzt sind. Man muss aber auch sehen, dass man einen Spieler nicht halten kann, wenn er ein Angebot von Dortmund hat und es annehmen will. Wir haben unsere Lehren gezogen. So ein Umbruch würde uns so radikal nicht mehr passieren.»

4. Februar 2018: Die wachsende Fan-Wut

«Wenn wir nicht mitmachen, gehen wir ein.» Bernhard Burgener

«Da haben uns die Fans zu verstehen geben, dass sie nichts von unserem Engagement im E-Sports halten. Das war unmissverständlich auf ein Banner geschrieben («E-Sports dr Stegger zieh», Anm. d. Red.). Aber wenn wir uns vor allem Neuen verschliessen, werden wir früher oder später eingehen. So wie es mit Kodak ging. Weil sie die Augen verschlossen, als die digitale Fotografie aufkam. Für mich war von Anfang an klar, dass wir E-Sports forcieren. Denn wenn man solche Entwicklungen nicht ernst nimmt, spielen wir irgendwann wieder im Rankhof – überspitzt formuliert. Aber ich habe Verständnis für die Fans und ihre Ängste.»

17. Februar 2018: Die wegweisende Niederlage

«In dieser Phase haben wir den Titel verspielt.» Raphael Wicky

«In dieser Phase haben wir die Meisterschaft verspielt. Wir haben zwei Heimspiele in Serie verloren, zuerst gegen Lugano und dann an diesem Tag gegen St.Gallen. Ironie des Schicksals war, dass Cedric Itten, der bis im Januar noch bei uns war, die beiden Tore zum 2:0 für St.Gallen schoss. Solche Spiele zu Hause darfst du nicht verlieren. Das bringt Unruhe und Unsicherheit rein. Das darf nicht mehr passieren. Wir müssen wieder eine Macht sein im eigenen Stadion.»

28. Februar 2018: Das deutliche Cup-Aus

«Ein Zeichen für YB, dass wir verwundbar sind.» Raphael Wicky

«Wir wussten, dass es schwierig wird auf dem Kunstrasen in Bern. Das Spiel war aber eigentlich ziemlich ausgeglichen. Letztlich verlieren wir die Partie trotzdem mit 0:2. Vielleicht war das ein Zeichen für YB, dass der FCB verwundbar ist. Für uns war es so, dass sich ab diesem Zeitpunkt eine Saison ohne Titel abzuzeichnen begann.»

28. April 2018: Die gerissene Serie

«An dem Tag habe ich ein Inserat vorbereitet.» Bernhard Burgener

«Vom YB-Spiel an diesem Tag habe ich nur die Zusammenfassung gesehen. Aber ich habe an diesem Tag ein Inserat vorbereitet (in der Meisterbeilage des «Blick» schaltete der FCB ein Inserat mit dem Pokal und den Worten: «Bitte tragt dem Pokal Sorge. Wir wollen ihn in gutem Zustand zurückholen.»). Es war mir ein Anliegen und ist ein Zeichen des Respekts gegenüber dem Gegner. Denn YB war über die gesamte Saison gesehen einfach stärker, stabiler und konstanter.»

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