Presseschau

SonntagsZeitung vom 03.02.2019

Der letzte Versuch, die Millioneninvestition zu retten

Der FC Basel sucht eine Nische für Topverdiener Zdravko Kuzmanovic (31)

Oliver Gut

Basel Eigentlich soll ja schon länger alles anders werden. Doch zuletzt war es halt wieder so, wie es schon oft gewesen ist. Zdravko Kuzmanovic war in der Vorbereitung verletzt. Diesmal an der Kniekehle. Es handelte sich zwar nur um eine harmlose Blessur. Doch hilfreich ist das nicht, wenn es darum geht, Zweifel zu beseitigen. Zweifel, dass der Mittelfeldspieler für den FC Basel doch noch ein Gewinn werden kann, anstatt das zu bleiben, was er fast immer war, seit er 2015 von Inter Mailand zurückkam: eine Belastung.

Die Geschichte von Zdravko Kuzmanovic und dem FC Basel ist eine schwierige. Sie beginnt im Teenageralter. Vom Nachwuchs der Young Boys ist er zum FCB gestossen. Er hat seine erste Saisonhälfte in der Startformation der Profis hinter sich, als er eine Vertragsverlängerung ausschlägt und im Januar 2007 den ersten Verlockungen aus dem Ausland erliegt. Er will mit 19 Jahren zu Palermo. Jedenfalls so lange, bis seine Koffer gepackt sind. Dann wechselt er den Berater. Und aus Palermo wird Fiorentina.

Die Toskaner zahlen ordentlich. Rund drei Millionen Euro fliessen vom Arno an den Rhein. Doch die Ereignisse werfen ein schiefes Licht auf den aufstrebenden Fussballer. Dass er sich wenig später entschliesst, für Serbien statt wie in der U-21 für die Schweiz zu spielen, hilft seinem Ansehen zumindest hierzulande nicht.

Als YB wieder einmal hofft, kontert der FCB mit Kuzmanovic
Kuzmanovic spielt zweieinhalb Jahre für Florenz, dreieinhalb für Stuttgart und zweieinhalb für Inter. Dann tritt beim FC Basel Marco Streller als Stürmer und Identifikationsfigur zurück, wittert YB die Chance und bläst zum Angriff. Das psychologisch beste Basler Mittel, um den Bernern die Fanfaren zu stopfen, heisst Kuzmanovic. Er bekommt einen 5-Jahres-Vertrag.

Doch der vermeintliche Transfer-Coup stellt sich bald als Missverständnis heraus. Kuzmanovic, im Berner Oberland aufgewachsen, soll der neue Basler Führungsspieler werden. Es sind nicht die FCB-Verantwortlichen, die dies lautstark proklamieren. Sondern es ist Kuzmanovic selbst. Er wird nicht müde, zu betonen, der FCB sei eine Herzenssache. Er spricht davon, dass er die Mannschaft zu weiteren Titeln führen will, und untermauert seinen Anspruch, ein Besonderer zu sein: Neben dem Platz ist er ein Vielredner. Auf dem Platz zeigt er sich mit schwarzen Schuhen, die so «Old School» sind, dass sie schon wieder extravagant wirken.

Er fordert jeden Ball. Dirigiert. Kommentiert. Kritisiert. In einem Training kanzelt er einen jungen Spieler, der ihn duzt, mit «für dich immer noch Herr Kuzmanovic» ab. Und als Trainer Urs Fischer ihn daran erinnert, dass ein defensiver Mittelfeldspieler auch verteidigen muss, gibt er diesem zu verstehen, dass er nur für das Lenken des Spiels mit dem Ball zuständig sei.

Nach einem halben Jahr brüskiert er alle beim FCB und geht zu Udinese
So entpuppt sich als Anfang einer Irrfahrt, was Kuzmanovic als Beginn einer neuen Ära verstanden hatte. Er erleidet früh eine Verletzung, zeigt danach keine Geduld – und im Januar 2016 reist er aus dem Trainingslager in Marbella ab, um sich leihweise Udinese anzuschliessen. Nach nur einem halben Jahr.

Kuzmanovic stösst damit alle vor den Kopf. Dass es so schnell kein Zurück geben wird, ist klar. Und dass er aus der Ferne alles auf ein Problem zwischen ihm und Urs Fischer reduziert, hilft auch nicht. In der Folge geht es zwei Sommer lang einzig darum, Kuzmanovics Salär einzusparen. Beide Male bietet sich der FC Málaga als Leihlösung an. In der ganzen Zeit kommt er für die Spanier nur auf zwölf Einsätze. Zweimal reisst die Achillessehne. Im ersten Jahr rechts, komplett. Im zweiten Jahr links, halb. Es sind drei verlorene Jahre. Oder zwei verlorene Jahre, wenn man Kuzmanovic zuhört, der sich nur auf die Verletzungen bezieht. «Das war eine sehr schwierige Zeit», sagt er. Aber er findet, er habe daraus auch etwas gelernt: «Ich bin ruhiger, geduldiger geworden.»

Ob die Zukunft deshalb besser wird? Zumindest gibt es Anzeichen dafür. Im vierten Basler Vertragsjahr angelangt, wollte Kuzmanovic im vergangenen Sommer beim FCB einen neuen Anlauf nehmen. Geduldig war er dabei auf seine eigene Art: Angebote der Führung, seinen mit einem jährlichen Fixum von knapp 1,5 Millionen Franken dotierten Vertrag aufzulösen, schlug er aus, weil er auf keinen Rappen verzichten wollte. Davon abgesehen verhielt er sich so, dass sich kein Kündigungsgrund hätte finden lassen. Und das, obwohl er nie spielte – bis der Dezember kam und die Personalnot beim FC Basel so gross war, dass ihn Koller zweimal einwechselte.

Koller lässt ihn zweimal spielen und sagt danach: «Geiler Kicker»
Einmal kam er ganz kurz zum Einsatz, zu Hause gegen den FC Zürich. Einmal eine halbe Stunde vor Schluss, bei Sion, wo Kuzmanovic erstmals in seiner ganzen zweiten Basler Phase andeutete, warum die vormalige Clubführung unter Präsident Bernhard Heusler und Sportdirektor Georg Heitz überhaupt auf die Idee gekommen war, ihn zurückzuholen: Immer anspielbar, zeigte er auch unter Druck gute Pässe – und trug so dazu bei, dass der FCB mit zwei Siegen in die Winterpause ging.

«Er ist ein geiler Kicker», hat Trainer Marcel Koller danach gesagt. Was das heisst, ausser dass Kuzmanovic mit dem Ball noch immer besser umgehen kann als die meisten Profis in der Super League, bleibt offen. Denn das, was er den meisten Ligaspielern an Technik voraushat, fehlt ihm an Fitness – obwohl er diesbezüglich im Januar so weit war wie schon lange nicht mehr.

Dass er dem FCB in der Schlussphase einer Partie helfen kann, hat er gezeigt. Eine Rolle, die über jene des fürstlich bezahlten Entlastungsspielers hinausgeht, scheint allerdings wenig realistisch. Doch wenn sich beide Parteien damit anfreunden können, wäre Kuzmanovic zumindest keine Belastung mehr – und könnte so vielleicht doch noch zur Bereicherung werden.

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