Presseschau

NZZ vom 04.02.2019

Trostlose Lottozahlen für GC

Die Grasshoppers sind beim 0:4 gegen Basel chancenlos

FLURIN CLALÜNA, ZÜRICH

Am Ende protestierten die wenigen Zürcher Zuschauer nicht einmal mehr gegen das, was sie sich hatten ansehen müssen; der Schlusspfiff des Schiedsrichters war der einzige Pfiff, der im Letzigrundstadion zu hören war. Sonst war da nur betretene Stille. Man kann dies Realismus nennen oder Schicksalsergebenheit. Vielleicht passte sich das Publikum aber auch nur den Grasshoppers an, die dieses erste Spiel der Rückrunde mehr über sich ergehen liessen, als dass sie es mitgestaltet hätten. Es heisst manchmal etwas vorschnell, eine Mannschaft sei in einem Spiel chancenlos gewesen. Aber für dieses GC-Team stimmte es: Es hatte in dieser Partie keine Chance, nicht eine einzige Torgelegenheit. Und trotzdem sagte der Trainer Thorsten Fink in einem Anflug unerschütterlichen Zukunftsglaubens: «Das wird schon noch.»

Ende nach einer halben Stunde

Es müsste ziemlich schnell etwas Gutes passieren, denn an diesem Nachmittag war es eher so wie bei der Ziehung der Lottozahlen. Die hört man sich zwar an, ahnt aber, dass die Chancen auf einen Gewinn eher gering sind. Der Stadion-Speaker ratterte die Zahlen emotionsfrei herunter, 0:1, 0:2, 0:3, 0:4, und seine Stimme klang so unbeteiligt, als wüsste er genau, dass es hier nichts zu gewinnen gab für GC. Für Fink war das Spiel nach nicht einmal einer halben Stunde schon vorbei, «den Rest kann ich nicht bewerten». Das Spiel endete für Fink also nach dem Platzverweis gegen Arlind Ajeti. Dabei hätte es zu den folgenden Minuten bis zum Ende schon noch das eine oder andere zu sagen gegeben, über die Widerstandslosigkeit seiner Mannschaft zum Beispiel, die sich treiben liess, bis dieses Spiel nur noch etwas war: hoffnungslos nach einer Winterpause, nach der alles hätte besser werden sollen.

Fink war es, der kürzlich gesagt hatte, er sehe Fortschritte im Vergleich zum Sommer. Wenn es solche wirklich einmal gab, haben die Grasshoppers sie an diesem Sonntag gut versteckt. Es schien eher so, als habe man eine in der Vorrunde schon schwächelnde Mannschaft mit Personalwechseln noch einmal geschwächt. In den nächsten Tagen soll zwar noch ein weiterer Aussenverteidiger verpflichtet werden, und GC bemüht sich, Yoric Ravet vom SC Freiburg zurückzuholen. Aber ob das genügt, um das Schlimmste abzuwenden? Sechs U-21-Spieler standen in der Startformation der Grasshoppers und mit Meriton Kastrati sowie Giotto Morandi zwei Debütanten. Auf die etwas erfahreneren Aleksandar Cvetkovic und Bujar Lika hatte der Trainer verzichtet und sie nicht fürs Kader nominiert. Und so geschah es, dass Fink einräumen musste, seine Mannschaft sei überfordert gewesen.

Überhaupt kann man sich fragen, welches aus Sicht der Grasshoppers die trostlosesten Momente dieser Partie gewesen waren: die Gegentore, die gelb-rote Karte gegen Arlind Ajeti nach 26 Minuten oder vielleicht doch, als die Zuschauerzahl bekanntgegeben wurde: 5200. Das sind fast 1000 weniger, als bisher im Durchschnitt zu den GC-Spielen kamen. Die Basler Fans hingegen amüsierten sich sehr ordentlich, sie sangen davon, dass GC bald in der «Nati B» sein werde, und sahen einen FCB, über den der Trainer Marcel Koller später sagte, er sei mit dessen Leistung «sehr zufrieden». Drei Tore hatte Ricky van Wolfswinkel erzielt, eines der eingewechselte Albian Ajeti. Es war ein Sieg, wie er den Baslern leichter nicht hätte gemacht werden können. Auch deshalb traute sich Koller wohl nicht, den FC Basel noch mehr zu loben. Sie dürften nun «nicht abheben», sagte er. Dafür gibt es tatsächlich keinen Grund. Der FCB zeigte ein gutes Spiel mit viel Ballbesitz und ohne Abwehrschwächen. Aber die Grasshoppers waren kein ernstzunehmender Gegner. Es sah eher so aus, als wenn Männer gegen Teenager spielten.

«Gutes Spiel bis zum 0:1»

Die wenigen älteren GC-Spieler standen nach dem Spiel in den Katakomben des Stadions und rangen um Worte. Es waren die zwei Österreicher im Team der Grasshoppers, die zu erklären versuchten, was eigentlich nicht zu verstehen war: wie sich GC so leblos hatte präsentieren können, auch wenn die Mannschaft sehr lange zu zehnt hatte spielen müssen. Raphael Holzhauser sagte: «Ich habe bis zum 0:1 ein gutes Spiel von uns gesehen.» Also 19 Minuten lang. Aber eigentlich geht es für GC schon wieder um viel grundsätzlichere Fragen. Ob man sich nun ernsthaft Sorgen machen müsse um die Grasshoppers, wurde der Goalie Heinz Lindner gefragt. «Nein, ich glaube nicht», sagte er. Eine Begründung fiel ihm nicht ein.

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