Presseschau

Basler Zeitung vom 06.02.2019

Investition mit Weitblick

Was verspricht sich ein Club wie der FC Basel von einem Engagement in Indien beim Chennai City FC?

Von Tilman Pauls

Delhi. Am Anfang war diese ominöse Einladung mit den Namen von Bernhard Burgener, dem Präsidenten des FC Basel, sowie dessen CEO Roland Heri. Da war die Ankündigung des indischen Fussballclubs Chennai City FC, dass am Mittwoch in Delhi etwas «Grosses» in der Geschichte des Vereins angekündigt werde. Und da war, ein paar Stunden später, dann auch die Bestätigung von Heri, dass er gemeinsam mit Burgener nach Indien reisen werde. Sonst ist bislang aber nicht genau bekannt, was die beiden Vertreter des FCB heute um 11.30 Uhr Ortszeit (7 Uhr Schweizer Zeit) im fernen Indien ankündigen wollen.

Recherchen der BaZ haben ergeben, dass die Basler sich mit einer Minderheitsbeteiligung am Chennai City FC einbringen wollen und dafür einen einstelligen Millionenbetrag zahlen. The Times of India spricht von einem Anteil von 35 Prozent des Vereins. Aber was für ein Interesse haben die Basler genau an einem Club im fernen Indien? Mit was für Hintergedanken sind Burgener und Heri nach Delhi gereist?

Wie viele andere Clubs sucht auch der FCB ständig nach neuen Einnahmequellen. Die Gelder aus den Heimspielen sowie die überschaubaren TV-Gelder reichen alleine nicht, um einen Verein wie den FCB in seiner jetzigen Form zu finanzieren. Und mit Einnahmen aus dem europäischen Wettbewerb oder Spielerverkäufen hat man noch nie verbindlich planen können. Darum sucht der Club nach anderen Erlösquellen – so wie es Burgener vom ersten Tag an angekündigt hat.

Der nächste Salah?

Als Burgener im April 2017 sein Konzept «Für immer rotblau» vorstellte, stürzten sich alle auf den ersten Punkt seiner Präsentation: Innerhalb der 1. Mannschaft sollte sich ein klares Bekenntnis zur Region abzeichnen, was der Konzepttrainer Raphael Wicky später mit den drei prägenden Begriffen «verkleinern, verjüngen, verbaslern» zusammenfasste. Aber in Burgeners Antrittspapier waren noch weitere Dinge aufgeführt. Kooperationen mit anderen Clubs zum Beispiel. Und auch der Punkt «Investitionen mit Weitblick». In diese Sparte dürfte das angekündigte Engagement in Indien fallen.

Man muss weder Marketing- noch Fussballexperte sein, um zu erkennen, dass der indische Raum, neben dem chinesischen, zu einem der grössten Fussballmärkte anwachsen könnte. Mehr als eine Milliarde Menschen leben in Indien und damit – wie es ein Geschäftsmann ausdrücken würde – mehr als eine Milliarde potenzielle Kunden. Aber im Gegensatz zu China bietet Indien den Vorteil, dass der Einstieg für einen Club wie den FC Basel einfacher ist. Dank der langjährigen englischen Herrschaft ist zum Beispiel das Rechtssystem dem europäischen oder angelsächsischen Recht viel näher. Nicht umsonst engagieren sich jetzt schon einige Grossclubs wie Liverpool, Paris St-Germain oder der FC Barcelona mit ihren Akademien in Indien.

Für solche Vereine geht es aktuell in erster Linie darum, Werbung für die eigene Marke zu machen. Das kann für einen Club von der Grösse des FCB kaum der Grund sein, in Indien werden sich nicht viele rotblaue Trikots verkaufen lassen. Eine ernst zu nehmende sportliche Kooperationen hat bislang aber noch kein Verein aufgebaut. Das sportliche Niveau ist zu tief und der Sport noch zu wenig populär. Die beiden höchsten Ligen – die Indian Super League und die I-League – lassen sich nicht mit dem Fussball vergleichen, der in Europa gespielt wird. Einen Star gibt es nicht, Indiens Nationalteam liegt auf Rang 97, zwischen den Färöer-Inseln und Estland. Aber: Vor fünf Jahren lag die Mannschaft noch auf Platz 154.

Ein Basler Farmteam?

Hinter Volkssport Cricket wächst der Fussball. Und mit ihm die ewige Hoffnung, dass irgendwo der eine Spieler zu entdecken ist, der sich eines Tages so durchsetzt wie es ein Mohamed Salah getan hat. Darum bauen europäische Vereine ihr Netzwerk aktuell nach Indien aus und investieren dort ihr Geld. Die meisten indischen Topteams befinden sich aktuell in Verhandlungen mit europäischen Clubs, auch für den Chennai City FC haben sich bereits Vereine aus der Premier League interessiert – ehe der FCB einige Interessenten mit seinem Schritt überrumpelt hat.

Dass die Basler sich für diesen Schritt entscheiden, mag überraschen. Aber es passt zur Strategie unter Präsident Burgener. Schon im E-Sports-Bereich ist der FCB frühzeitig eingestiegen, um sich vergleichsweise kostengünstig zu positionieren und vielleicht erst in vielen Jahren richtig von der Entwicklung in diesem Bereich zu profitieren. Und auch mit dem Engagement in Indien sind die Basler wieder vor vielen anderen Vereinen.

Ob daraus in vielen Jahren eine enge Zusammenarbeit entsteht, eine FCB-Fussballschule mit FCB-Trainern und einem FCB-Farmteam, wie es sich die Verantwortlichen es sich vorstellen können? Vielleicht ist die Idee aber auch, den Bereich E-Sports auszulagern und im asiatischen Raum Fuss zu fassen. Dort könnte der FCB sein Engagement weit entfernt von Basel auf einem grösseren Markt gegebenenfalls sogar auf andere Spielebereiche ausweiten.

Oder man bricht das Experiment eines Tages ab und verkauft die Anteile zu einem Vielfachen des Kaufpreises. Denn die Preise werden steigen, je mehr Clubs aus Europa nach Indien drängen.

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