Presseschau

Schweiz am Wochenende vom 09.02.2019

«Ihr wisst, wo ihr mich findet»

FCB-Stürmer Ricky van Wolfswinkel spricht über seine Familie, die Schweiz und eine mögliche Reise nach Indien

Jakob Weber

Sie sind seit kurzem 30 Jahre alt und haben anschliessend gegen GC drei Tore erzielt. Gibt es da eine Verbindung?

Ricky van Wolfswinkel: Ich hoffe. (lacht) Nein, Spass bei Seite. Die einzige mögliche Verbindung ist, dass ich nach sieben Monaten auf dem Flügel wieder im Sturmzentrum gespielt habe.

Waren die drei Tore Ihr schönstes Geburtstagsgeschenk?

Die Tore sind ein verspätetes Geschenk, das ich mir selber gemacht habe. Aber mein Lieblingsgeschenk war der Besuch von Freunden aus Holland, die zu meinem 30. vorbeigekommen sind.

Verletzung, Ersatzbank, neuer Trainer, neue Position. 2018 war ein schwieriges Jahr für Sie. Ihr Fazit?

Ich habe viel gelernt. Vor allem, wie man auf dem Flügel zu spielen hat. Dadurch kann ich mich besser adaptieren, wenn der Trainer mich wieder auf anderen Positionen einsetzt. Aber es war kein Zufall, dass ich auf meiner Stammposition als Stürmer drei Tore geschossen habe. Dort fühle ich mich einfach am wohlsten.

Haben Sie Marcel Koller gebeten, wieder in der Spitze spielen zu dürfen?

Nein. Ich habe da keinen Einfluss. Er hat einfach so entschieden. Als Koller im Sommer kam, fragte er mich, ob ich auf dem Flügel spielen könne. Ich sagte «Ja», denn schliesslich ist es mein Job, zu spielen, und ich wollte nicht auf die Bank. Jetzt war ich letzte Woche plötzlich wieder Stürmer. Ich bin nicht böse, wenn ich am Samstag wieder woanders spiele. Der Coach kann sehr gut entscheiden, was im Moment das Beste für mich und das Team ist.

Hat er Ihnen gesagt, auf welcher Position er Sie in der Rückrunde einplant?

Nein. Nach dem GC-Spiel hat er mir nur gesagt: «Ich hoffe, du hast noch mehr Tore im Fuss und nicht alles auf einmal verbraten.» Nach so einem Spiel gehe ich davon aus, wieder im Sturm zu spielen. Aber ganz sicher bin ich nicht.

Wie ist Ihre Beziehung zu Albian Ajeti? Im aktuellen System ist nur Platz für einen Stossstürmer.

Wir wissen beide, dass nicht wir die Entscheidung treffen. Beide machen ihr Ding, arbeiten hart und empfehlen sich. Am Ende entscheidet der Trainer. Auf den kann man dann böse sein, aber nicht auf den Konkurrenten. Albian und ich mögen uns. Wir sitzen in der Kabine nicht weit weg voneinander und haben viel Spass zusammen. Wir haben überhaupt kein Problem.

Auch auf anderen Positionen herrscht momentan ein grosser Konkurrenzkampf. Macht sich das bemerkbar?

Wenn alle fit sind, so wie jetzt, sind viele Positionen doppelt oder sogar dreifach besetzt. Stammspieler spüren die Konkurrenz und sind fokussierter. Spieler, die nicht zum Einsatz kamen, wollen sich im Training aufdrängen. Konkurrenzkampf kitzelt aus allen Spielern das Beste heraus.

Sie sind Stammspieler. Spüren Sie den Druck der Konkurrenz?

Nicht wirklich. Ich gebe immer 100 Prozent. Deswegen kann ich jetzt nicht noch mehr geben. Der Konkurrenzkampf stresst mich nicht. Aber vielleicht liegt das daran, dass ich jetzt 30 bin.

Ihr Vertrag läuft bis 2020. Wurde schon über eine Verlängerung geredet?

Nein. Es eilt nicht. Ich habe eine gute Zeit hier und keine konkreten Zukunftspläne, ausser dass ich noch mindestens sechs Jahre spielen will, wenn der Körper mitmacht. Ich lebe grundsätzlich im Moment und denke nicht weit voraus. Will ich noch was Spezielles machen? Zum Beispiel in Amerika spielen? Solche Fragen stelle ich mir nicht. In dieser Hinsicht bin ich sehr langweilig.

Schade. Wir hofften, Sie erzählen uns, dass Sie gerne nach Indien wechseln würden. Was halten Sie vom Investment des FC Basel in Chennai City?

Ich finde das gut. Am Ende können beide Vereine profitieren. Ich würde gerne erfahren, wie die Dinge in Indien funktionieren, wie die Leute dort leben und wie Fussball gespielt wird.

Waren Sie schon in Indien?

Noch nicht. Aber ich will da eines Tages hin. Als Fussballer hatte ich bislang nicht die Zeit dafür. Wir bereisen zwar viele Länder, aber lernen sie nicht kennen. Wir sind nur im Hotel und im Stadion. Das ist schade. Ich würde gerne mehr Zeit haben und die Länder richtig kennen lernen.

Sie kennen die Schweiz länger als den FCB. Ihre Frau Bianca ist Schweizerin. Wie haben Sie sich kennen gelernt?

In der Dominikanischen Republik. Wir haben beide mit unseren Familien Ferien auf der anderen Seite der Welt gemacht. Seit mehr als zehn Jahren sind wir jetzt schon zusammen. Bianca hat mich auf all meinen Stationen begleitet. Mittlerweile haben wir zwei Kinder: Djoy und Lovée.

Hat Djoy mit dem Hattrick-Fussball, den Sie nach dem GC-Spiel mit nach Hause genommen haben, schon die ganze Wohnung zerschossen?

Ich habe den Ball am Sonntagabend neben sein Bett gelegt. Am Montag bin ich aufgewacht, weil er ihn gefunden und sofort gegen die Wände geschossen hat. Noch ist nichts kaputt gegangen. Meine Frau lässt ihn nur im Flur Fussball spielen. Da gibt es nichts zu zerstören. (lacht)

Durch Ihre Familie sind Sie schon ein halber Schweizer. Zeigt sich das auch in Ihrer Persönlichkeit?

Ich war früher nie so der Naturmensch. Vielleicht, weil die Natur in Holland eher langweilig ist. Aber in der Schweiz habe ich die Berge und die Seen lieben gelernt. Vielleicht ist das der Schweizer in mir, der dafür sorgt, dass ich die Natur viel mehr geniesse.

Haben Sie einen Lieblingsort?

Ich weiss nicht, ob ich das hier in Basel sagen soll. Aber die Gegend um den Vierwaldstättersee, wo auch die Familie meiner Frau wohnt, ist wunderschön. Ich gehe gerne auf die Rigi, fahre mit meinem Sohn Schlitten und esse ein Schnitzel.

Ist Schlittenfahren nicht zu gefährlich für einen Profifussballer?

Ich mache das nur mit meinem Sohn. Skifahren ist laut Vertrag verboten, aber Schlittenfahren ist o.k.

Letzte Frage: Was bedeutet der Name van Wolfswinkel?

Winkel bedeutet Shop. Als Kind hoffte ich immer, dass mein Grossvater einen Laden hat, wo er Wölfe oder so verkauft. Aber so besonders war er dann doch nicht. In meiner Heimat heissen einige Leute van Wolfswinkel. Auch eine grosse Firma, welche die Strassen säubert und den Müll einsammelt.

Wolfswinkelsack statt Bebbisack?

Genau. Wann auch immer ich aufhöre mit Fussball, wisst ihr, wo ihr mich findet. (lacht)

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