Presseschau

Basler Zeitung vom 25.02.2019

Basels schnellster Dosenöffner

Im Club wird Noah Okafor (18) schon lange heiss gehandelt – gegen Xamax zeigt er, warum

Von Florian Raz

Neuchâtel. Es ist so mühsam und kompliziert, wie sich das der FC Basel vorgestellt hat. Vielleicht sogar noch etwas mehr. Neun Gegner stehen im, am und um den eigenen Strafraum. Draussen dirigiert Xamax-Trainer Stéphane Henchoz, als ob er am liebsten gleich selbst in der Innenverteidigung Bälle wegputzen möchte. Über 30 Minuten schon schieben die Basler vor diesem Defensivkunstwerk den Ball hin und her, ohne auch nur die Ahnung einer Torgelegenheit aufkommen zu lassen.

Was es jetzt braucht? Einen Freistoss vielleicht. Einen gnädig gepfiffenen Penalty. Oder einen wie ihn. Einen wie Noah Okafor, geboren in Binningen, wohnhaft in Arisdorf. Drei Gegner decken ihn ab, als er den Ball an der linken Aussenlinie erhält. Okafor scheint erst zur Mitte ziehen zu wollen, dann geht er ab, den Flügel runter. Ein schneller Übersteiger, da ist ein Xamaxien schon nur noch Statist. Noch eine Tempoverschärfung, etwas Glück, dass der Ball vor der Grundlinie bleibt. Jetzt sind auch die zwei anderen Neuenburger abgeschüttelt. Ein halbhoher Rückpass zu Valentin Stocker – und die Basler führen 1:0.

«Das Tor war der Dosenöffner», sagt der Torschütze danach. Man darf das ruhig zuspitzen: Der Basler Dosenöffner in diesem Spiel heisst Noah Okafor. Zumal er mit einem Schlenzer aus 20 Metern selbst noch das zweite Basler Tor erzielt. Es gibt klare Hinweise, dass dieser junge Flügel noch so manche gegnerische Abwehr knacken dürfte.

Die mit Abstand beste Leistung

Natürlich, es ist erst sein 16. Auftritt mit den Profis. Und Okafor selbst gibt nach Schlusspfiff zu, dass ihm soeben «die mit Abstand beste Leistung» im FCB-Dress gelungen sei. Nur spricht einiges dafür, dass das nicht einfach ein Ausreisser gegen oben war. Schon eher hat Okafor auf der Maladière das abgeliefert, was ihm innerhalb des FCB einige wie etwa U-18-Trainer Alex Frei schon länger zugetraut haben.

Okafor ist rasend schnell. Er kann dribbeln. Er gibt in Neuchâtel den Assist mit links, schiesst sein Tor aber mit rechts. Und er wird im Mai erst 19 Jahre alt. Oder schon 19? Auch das war im Umfeld des FCB schon zu hören: Der Hinweis darauf, dass etwa ein Breel Embolo bereits als 17-Jähriger im Fanionteam des FCB für Furore gesorgt hat.

Wahrscheinlich ist es ganz gut für Okafor, dass er noch etwas an sich arbeiten kann, ohne gleich als kommender Star verbrannt zu werden. Der Hype wird früh genug beginnen, wenn er weiter so spielt. Spätestens dann wird auch er mit der latenten Angst der Schweiz konfrontiert werden, ein Fussballtalent an eine andere Nation zu verlieren. Sein Vater wanderte als Teenager aus Nigeria via Österreich und Deutschland in die Schweiz aus und heiratete eine Schweizerin. Noah Okafor besitzt beide Pässe, spielte bislang in Schweizer Nachwuchs-Auswahlen und sagt: «Ich bin stolz, für die Schweiz zu spielen. Aber man weiss nie, was die Zukunft bringt. Vielleicht liegt die dann bei Nigeria.»

Den FCB muss das vorerst nicht beschäftigen. Für ihn ist ein Spieler wie Okafor ein Geschenk des Himmels. Ein 18-Jähriger, der breitestes Baslerdeutsch redet – und gleichzeitig mit seinem Spiel die Fantasien des Publikums anregt. So eine positive Geschichte braucht der Club, brauchen Präsident Burgener und Sportchef Streller dringend, um ihr Nachwuchs-Konzept trotz fehlender Titel zu verteidigen.

Für Okafor gilt es erst einmal, seine Leistung zu bestätigen. Wobei ihm Trainer Marcel Koller grosse Fortschritte attestiert. Im Herbst habe Okafor noch «das Bewusstsein» gefehlt. Will heissen, er vergass manchmal seine defensiven Aufgaben oder setzte seinen Speed in der Offensive zu wenig clever ein. «Viele Videos» haben Koller und sein Staff seither mit Okafor angeschaut. Offenbar mit Erfolg. Heute sagt Koller: «Ihm zuzuschauen macht extrem viel Spass.»

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