Presseschau

SonntagsZeitung vom 14.04.2019

Nur Verlierer

Der FC Basel lässt YB vor dem Fernseher Meister werden, die Grasshoppers verlieren trotz des 0:0 in Basel Boden im Kampf gegen den direkten Abstieg

Florian Raz

Basel Irgendwann war es so weit, dass die Zuschauer nicht mehr wussten, ob sie lachen oder weinen sollten. Es war eine Art Tragikomödie, die an diesem Abend gegeben wurde vor 20 000 immer konsternierter wirkenden Zuschauern im St.-Jakob-Park.

Hier die Grasshoppers, die ab der 40. Minute mit acht Leuten im eigenen Strafraum standen und darum zu beten schienen, dass das Spiel möglichst schnell zu Ende sein möge. Dort der FC Basel, der die Bälle kreuz und quer durch den Sechzehner der Zürcher spielte, ohne sich deswegen übermässig viele Chancen zu erarbeiten.

Und wenn mal ein Abschluss zustande kam, stand Ajeti seinem Mitspieler Stocker vor dem Torerfolg. Oder der überragende Lindner im GC-Tor wehrte ab. 17:3 lautete das Corner-Verhältnis für den FCB, bei dem dieses Eckball-Training allerdings keinen sichtbaren Lerneffekt hinterliess.

Am Ende dieses nicht ganz einfach zu ertragenden Abends gab es nur Verlierer. Die Basler mussten Mitte April bereits Gratulationen an den alten und neuen Meister in Bern schicken. Die Young Boys wurden darum gebracht, sich den Titel auf dem Rasen zu erspielen. Und die Grasshoppers? Die nahmen zwar mit Kampf und Glück und Lindner einen nicht budgetierten Punkt aus Basel mit. Und verloren doch zwei Punkte im Kampf gegen den Abstieg, weil Xamax in Luzern gewann.

Sieben Zähler Rückstand und ein schlechteres Torverhältnis, das ist eine Menge bei nur noch sieben ausstehenden Partien. Das weiss auch Uli Forte. Aber der neue Mann an der Seitenlinie wäre ein schlechter Krisencoach, wenn er nicht gleich nach Abpfiff eine Motivationsrede für seine Spieler gefunden hätte. Also rechnete Forte in der GC-Garderobe kurz vor, «wie schnell es mit der Dreipunkteregel gehen kann».

Danach erzählte er den Journalisten davon, wen er sich zum Vorbild nehmen will: «Unseren Freund Lucien Favre.» Der habe 2011 Mönchengladbach auch mit sieben Punkten Rückstand übernommen: «Am Ende wurde der Abstieg über die Barrage verhindert.» Eine schöne Geschichte. Mit dem etwas unschönen Detail, dass Favre damals fünf Spiele länger Zeit hatte, um sein Team wieder in die Spur zu bringen.

Die Grasshoppers verlieren schon wieder ihren Abwehrchef
Natürlich versuchen die Grasshoppers, sich an den nun vier Spielen ohne Niederlage festzuhalten, die sie aneinandergereiht haben. Aber auch Forte weiss mit Blick nach vorne, dass es nicht mehr reicht, einfach nicht zu verlieren: «Gegen Thun ist ein Sieg nicht Pflicht, aber fast ein Muss.» Dabei hilft nicht, dass Abwehrchef Nathan in Basel mit Verdacht auf Kreuzbandriss vom Feld musste.

Im ersten Spiel unter seinem neusten Trainer war GC in einer Art 5-3-2 angetreten. Die Zürcher zeigten dabei zumindest zu Beginn den Willen, aus der massierten Defensive den schnellen Angriff zu versuchen. Aber wie soll das gehen mit Spielern wie Caiuby oder Ravet, die nie die Frage aufkommen liessen, weswegen sie in der Bundesliga nicht mehr gebraucht werden? Wie sollen junge Spieler wie Bajrami oder Pusic Leistung abrufen, wenn ihnen jedes Selbstvertrauen abgeht? Und vor allem: Wer in diesem Kader soll die Tore erzielen? Zweimal nur hat GC in den letzten vier Spielen getroffen.

Die Qualitätsfrage stellt sich auch in Basel. Der FCB hat sich zwar im neuen Jahr gefangen und ist noch ohne Niederlage. Aber vier Unentschieden in den letzten sechs Spielen sprechen nicht dafür, dass sich die Basler eine neue Siegermentalität erspielen. Und die brauchen sie, wollen sie YB in der kommenden Saison herausfordern.

Bis dahin gilt, was Valentin Stocker als Gruss nach Bern schickte: «Gratulation den Young Boys. Sie sind uns mindestens einen Schritt voraus. Das verdient unseren Respekt.»

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