Presseschau

NZZ vom 15.04.2019

Uli Fortes Erinnerung an Lucien Favre

Das 0:0 in Basel ist ein gutes Resultat für die Grasshoppers, es hilft ihnen aber nicht weiter

HANSJÖRG SCHIFFERLI, BASEL

Nach nur fünf Wochen haben die Grasshoppers schon wieder ein Debüt eines Trainers erlebt. Anfang März versuchte Tomislav Stipic, der sich bald als grösstes Missverständnis in der Geschichte der GC-Übungsleiter entpuppte, ein 0:1 gegen die Young Boys zu werten – nach einem Spiel, für das er im Letzigrund mit seinen Spielern in die Gästekabine gezogen war. In der Abwehr wechselte er auf eine Fünferreihe, sein Torhüter Heinz Lindner hielt grossartig und sogar einen Penalty. Aber in der 95. Minute fiel doch noch ein Gegentor. Hinzu kam die Kunde, Xamax habe gegen den FC Sion 3:1 gewonnen und die Reserve im Abstiegskampf auf vier Punkte ausgedehnt. Dennoch wollten manche eine leise Aufbruchsstimmung erkennen, immerhin hatte die Mannschaft gegen den grössten Gegner im Lande gut gekämpft.

Am Samstagabend stand Uli Forte in Basel vor der Aufgabe, das Startspiel seiner zweiten Zeit beim Rekordmeister zu analysieren, ein 0:0 gegen die Nummer zwei des Landes. Auch Forte hatte eine Abwehr mit drei Innenverteidigern gewählt und zeigte sich zufrieden mit deren Leistung. Der Gegner FCB schoss allerdings 32 Mal Richtung Zürcher Tor und durfte 18 Eckbälle treten. Lindner hielt wieder grossartig. Weil der FCB, anders als ehedem YB, kein Tor zustande brachte, blieb GC diesmal eine Niederlage erspart. Für den Abstiegskandidaten Nummer eins ist das grundsätzlich ein gutes Ergebnis. Allein, Xamax siegte auch diesmal und hat nach dem 1:0 in Luzern sieben Punkten Vorsprung. Zu spielen sind nur noch sieben Runden.

Ein Sieg gegen Thun ist ein Muss

Die Lage der Grasshoppers ist also noch schlechter als zuvor. Auch Forte weiss, «dass nun ein Sieg gegen Thun ein Muss ist, oder wenigstens fast». Danach folgt in Neuenburg das Spiel der letzten Chance. Forte fand über das Resultat hinaus Gründe, einigermassen zufrieden zu sein. Die Moral der Mannschaft erwähnte er. Es sei «wichtig, diese Mentalität mitzunehmen». So hat es ehedem auch von Stipic getönt. Wenigstens ist Forte zuzutrauen, das Team in Kürze besser zu formen, etwas stabiler zu machen als sein Vorgänger. Von Fan-Kritik blieb Forte übrigens weitestgehend verschont.

Aber GC war auch an diesem resultatmässig befriedigenden Abend noch immer eine Mannschaft, die offensiv wenig bewirkte. Zwei Stürmer waren aufgestellt, Yoric Ravet und Caiuby, die zu Beginn der Rückrunde als Hoffnungsträger kamen – und noch nichts geboten haben. Es lieferten auch die Aussenläufer kaum offensive Beiträge, was im Fall des 20-jährigen Debütanten Mersim Asllani auch nicht erwartet werden durfte. Wer ehrlich ist, sagt auch: Gegen YB mag der späte Zeitpunkt des Tores bitter gewesen sein. Aber Spiele vom Zuschnitt wie die Partie zwischen dem FCB und GC verliert man in aller Regel, obwohl die Basler zurzeit wenig Esprit zeigen. Einmal standen sie sich gar selbst im Weg. Ihr Trainer Marcel Koller sagt, man müsse manchmal halt «auch mit Wut» in einen Abschluss gehen und dürfe «nicht immer hinter die Torlinie kombinieren».

Andere Sorgen

Das sind nicht die Probleme der Grasshoppers. Deren Trainer sucht Wege, seine Spieler aufzubauen. Am Samstag nahm Forte diesen rhetorischen Anlauf: «Ich denke in unserer Lage an Lucien Favre, der einst Borussia Mönchengladbach übernahm, als das Team klinisch tot war – und am Ende schaffte er in der Barrage den Klassenerhalt.» Favre hatte nach seinem ersten Spiel mit Gladbach als Tabellenletzter nur vier Punkte Rückstand auf den Barrage-Platz und immerhin elf Spiele Zeit, sie wettzumachen.

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