Presseschau

Schweiz am Wochenende vom 27.04.2019

Der Beginn der Versöhnung

Vier lange Jahre nach seiner Rückkehr zum FC Basel macht Zdravko Kuzmanovic erstmals auf dem Platz auf sich aufmerksam

Céline Feller

Die letzten Wochen des Zdravko Kuzmanovic waren nicht leicht. Wobei, das gilt eher auch schon für die letzten Monate, die letzten Jahre gar. Knapp vier an der Zahl, um genau zu sein.

Den Anfang nahm alles, als Zdravko Kuzmanovic im Sommer 2015 zum FC Basel wechselte. Er unterschrieb einen hochdotieren Millionenvertrag über fünf Jahre. Übertroffen wurde dieser nur noch von seinen riesigen Versprechen – unter anderem, dass er für immer beim FCB bleiben werde –, die er selbstredend nicht halten konnte. Denn statt der Rückhol-Romantik gab es ein Millionen-Missverständnis. Kuzmanovic überwarf sich mit dem damaligen FCB-Trainer Urs Fischer, flüchtete nach einem halben Jahr für sechs Monate nach Florenz, später für ein Jahr nach Málaga. Dort riss die Achillessehne, er kam zurück, liess sich wieder an denselben Ort ausleihen, zog sich erneut eine gravierende Verletzung zu. So stand er im letzten Sommer plötzlich wieder in Basel. Noch bis 2020 an den FCB gebunden und ohne alternativen Verein, der den schwierigen Typen und verletzungsanfälligen Spieler haben wollte. Also blieb er. Im Winter war man nahe einer Vertragsauflösung, der FCB wollte das Missverständnis endlich beenden. Aber Kuzmanovic wollte nicht. Er wollte bleiben. Durchbeissen. Sich beweisen.

Einen Stammplatz gab es nie, aber Zdravko Kuzmanovic – zwar nicht in seiner besten physischen Verfassung – kämpfte sich dennoch immerhin zu Teileinsätzen. Ende Februar stand er erstmals seit November 2015 in einer FCB-Startelf. Ein kleines Highlight, gefolgt von einem Beschwerde-Besuch bei Koller, weil er im nächsten Meisterschaftsspiel nicht erneut beginnen durfte. Kuzmanovics Geschichte beim FC Basel ist eine der Übermotivation, der Ungestümtheit. Kuzmanovic will alles, und wenn er nur ein bisschen weniger als das kriegt, ist er unzufrieden. Das Aufbegehren im März, es sorgt für neue Probleme. Immer wieder eckt er, dessen Leitspruch auf Instagram «Make money not friends», also «Mach Geld, nicht Freunde» lautet, auch in der Kabine an.

Heisser Fuss

So turbulent sein Berufsleben sich gestaltet, so ruhig schien es privat wieder geworden zu sein. Nach der Scheidung von seiner Frau war er wieder verliebt und vergeben – zumindest bis vor ein paar Wochen: Die Beziehung ist schon wieder Geschichte. Es schien, als würde sich zum Pech im Spiel auch wieder das Pech in der Liebe dazugesellen. Die letzten Wochen, sie waren wahrlich nicht einfach. Vergangenen Mittwoch kam ein weiterer Rückschlag. Die eigenen Mitspieler spielten dem Routinier einen Streich. Vor dem Abschlusstraining am Mittwoch strichen sie ihm Wärmecreme in den Schuh. Nach wenigen Minuten fing Kuzmanovics rechter Fuss an du brennen, der Schuh flog meterweit weg, gefolgt von gut hörbaren Fluchwörtern in Richtung Mitspieler. Koller sprach nachher von einem «heissen Fuss», den der Spieler gehabt habe.

Dieser heisse Fuss, der rechte von Zdravko Kuzmanovic, schiesst den FC Basel am Donnerstag in den Cuphalbfinal. Natürlich, Kuzmanovic dürfte wegen einer Tätlichkeit zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf dem Platz stehen. Natürlich, der FCB führt bereits mit 1:0 und ist es hypothetisch, ob der FCZ allenfalls gegen zehn Basler noch die Wende geschafft hätte. Am Ende ist Kuzmanovic jener, der den Deckel zumacht und dem die grosse Aufmerksamkeit gehört – wenn auch nicht ausschliesslich aus positivem Anlass.

Rotblaues Herz

Wie gut ihm das aber tut, zeigt erst seine Reaktion umgehend nach dem Tor und dann jene nach Abpfiff. Nach dem Treffer rennt er zu seinen Freunden. «Sie haben mich die ganze Zeit unterstützt.» In einer Zeit, die er selber als «nicht einfach» bezeichnet. «Aber ich haber immer daran geglaubt und gewusst, dass diese Chance wiederkommt.» Die erste grosse kam in Sion im Viertelfinal. Er nahm sie wahr. Die zweite kam im Halbfinal gegen den FCZ. Dass er diese erneut wahrnahm, ist müssig zu wiederholen. In den wirklich entscheidenden Spielen war er da, und noch bedeutender: Der Trainer hat auf ihn gesetzt. Dass Kuzmanovic ausgerechnet in solchen Duellen zur Höchstform aufläuft, habe durchaus mit den Affichen zu tun, sagt Koller: «Er ist einer, der erfolgreich sein will. Wenn es um die Sache geht, ist er voll dabei.» Voll dabei. Das scheint er seit seinem Transfer vor knapp vier Jahren auch erstmals langsam wieder beim FCB zu sein. Die grosse Hypothek, die das Duo Heusler/Heitz dem Duo Burgener/Streller auferlegt hat, hat sich erstmals ausbezahlt. Mit unglaublicher Verspätung. Aber dieser Abend, er hat auch versöhnliche Züge. Ein Herz formend läuft Kuzmanovic nach dem Spiel zu den FCB-Fans. «Ich konnte in der Vergangenheit nicht richtig zeigen, wie gerne ich diesen Klub habe. Aber ich liebe den FCB. Ich bin immer noch mit den Emotionen da, auch wenn das viele von mir vielleicht nicht gedacht haben.» Es ist der Versuch von Zdravko Kuzmanovic, dass die nächsten Wochen etwas schöner werden als seine letzten.

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