Presseschau

Berner Zeitung vom 13.05.2019

Wie ein 7:1

Ein brillantes YB zeigt Basel einmal mehr den Meister und dominiert den Rivalen beim 3:1 nach Belieben.

Fabian Ruch

Die Basler haben eine Weltsensation nach Bern mitgebracht. Sie präsentieren am Sonntagnachmittag einen Goalie mit sieben Armen. Jonas Omlin heisst der Krakenmann, er liefert gegen YB eine übermenschliche Performance ab, wehrt Schüsse und Kopfbälle aus wenigen Metern im Multipack ab. Omlin zeigt eine weltauswahlreife Darbietung und verhindert im Alleingang eine erneute Kanterniederlage des ängstlichen, schwachen FCB im Stade de Suisse.

Im Herbst verloren die Basler 1:7, am Sonntag würden sie mit einem 1:7 nicht einmal schlecht davonkommen. Sie haben Omlin dabei und das grosse Talent Noah Okafor, der grosse Rest läuft den Young Boys hinterher und wird über weite Strecken vorgeführt.

Weil Okafor aber bereits nach vier Minuten Ulisses Garcia davonläuft und Fabian Frei den Ball nach einem Durcheinander im YB-Strafraum mit dem einzigen Schuss der Gäste aufs Tor überlegt ins Tor spediert, führen die Basler lange Zeit 1:0. Das Resultat passt ungefähr so zum einseitigen Geschehen wie die Bezeichnung Spitzenkampf zu dieser One-Team-Show. Es ist ein YB-Soloauftritt mit rot-blauen Statisten. Eine Machtdemonstration des Meisters und Leaders, der ohne die Stammkräfte Sandro Lauper (gesperrt), Miralem Sulejmani, Mohamed Camara (verletzt) und Roger Assalé (auf der Bank) den Rivalen nach Belieben dominiert. Ein Auszug aus der Statistik belegt die totale Überlegenheit: 24:4-Schüsse, 11:1-Schüsse aufs Tor, 9:2-Eckbälle.

Ngamaleus Doppelschlag

Omlins sieben Arme verhindern zwar eine FCB-Demontage mit sieben Gegentoren, nicht aber eine weitere Basler Niederlage gegen YB. Von einer «grossen Leistung» spricht Berns Offensivspieler Christian Fassnacht, von einem «Riesenmatch» Captain Steve von Bergen, von einem «fantastischen Auftritt» dessen Abwehrpartner Loris Benito. Sie alle sind nach Spielende noch berauscht vom eigenen Sturmlauf.

Es ist Jean-Pierre Nsame, der in der 62. Minute im Anschluss an einen Corner mit einem wuchtigen Abschluss zum 1:1 trifft. Und es ist der eingewechselte Nicolas Ngamaleu, der den brillanten Vortrag seines Teams in der Schlussphase krönt. Zuerst schliesst der prächtig aufgelegte Kameruner in der 81. Minute einen Konter nach einem Basler Freistoss mit einem platzierten Flachschuss ab, später in der Nachspielzeit einen feinen Doppelpass mit Guillaume Hoarau ebenso stilsicher. «Wir haben uns für die grossen Anstrengungen belohnt», sagt Ngamaleu.

Sportlich mag es um nicht mehr besonders viel gehen am Sonntag. Aber ein Prestigeduell ist es halt doch, wenn Berner und Basler aufeinandertreffen. Sofort ist das Ringen um den Ball intensiv, harte Zweikämpfe und grobe Fouls prägen das Spiel. FCB-Abwehrspieler Carlos Zambrano wird Mitte der zweiten Hälfte nach einem Ellbogenschlag zum zweiten Mal verwarnt und des Feldes verwiesen – und könnte sich über eine Rote Karte nicht beschweren. Mittendrin in zuweilen giftigerAmbiance ist Valentin Stocker. Er geniesst auch in Bern den wenig schmeichelhaften Ruf des Oberprovokateurs, wird bei jedem Ballkontakt (viele sind es nicht) lautstark ausgepfiffen und vergibt kurz vor der Pause die beste Basler Chance kläglich. «Wir haben das 2:0 verpasst und hätten den Konter vor dem zweiten Gegentor verhindern müssen», sagt Basels Coach Marcel Koller. «Aber YB war stärker. Wir müssen dieses Spiel abhaken. In einer Woche sind wir beim Cupfinal gegen Thun schon wieder hier.»

Kurz vor mehreren Rekorden

Das Berner Publikum darf derweil beim drittletzten Heimauftritt dieser zweifachen YB-Meistermannschaft erneut ausgiebig feiern. In der Startphase bleibt die Fankurve wegen eines Boykotts gegen Polizeikontrollen vor der Begegnung leer. Auch die Supporter der Young Boys verhalten sich nicht immer angemessen, bei den Meisterfeierlichkeiten vor ein paar Wochen kam es zu Zwischenfällen in der Innenstadt.

Insgesamt aber ist die Stimmung im ausverkauften Stade de Suisse ausgezeichnet, was auch Gerardo Seoane freut. Der YB-Trainer kritisiert einzig die Chancenauswertung seiner Equipe, ist aber sehr zufrieden mit der Leistung. «Besonders gefallen haben mir unsere Emotionen. Das zeigt, dass wir noch hungrig sind.»

Die Young Boys haben ein weiteres Ausrufezeichen in einer grandiosen Saison gesetzt. In den letzten drei Partien können sie nun bei 23 Punkten Vorsprung mehrere Super-League-Rekorde Basels brechen. So fehlen beispielsweise nur noch zwei Zähler und fünf Tore zu Bestmarken. Das dürfte gegen den inferioren Absteiger GC, in St. Gallen sowie zum Abschluss gegen Luzern zu realisieren sein. Selbst gegen siebenarmige Weltwundertorhüter.

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