Presseschau

Basler Zeitung vom 17.05.2019

«Ich mag es laut»

FCB-Profi Zdravko Kuzmanovic will am Sonntag erstmals in seiner Karriere einen Pokal in den Händen halten.

Tilman Pauls

Zdravko Kuzmanovic, warum gewinnt der FC Basel gegen Thun den Schweizer Cup?

Aus meiner Sicht sind wir das bessere Team. Nichts gegen den FC Thun: Es ist beachtlich, was dort geleistet wird. Aber Basel und Thun sind zwei unterschiedliche Welten. Vergleichen Sie nur die Spieler, den Marktwert, den Club, das Umfeld oder die Erfahrung. Es gibt also ziemlich viele Gründe, die für uns sprechen.

Und einer dieser Gründe heisst Zdravko Kuzmanovic?

Ich bin FCB-Spieler und darum auch ein kleiner Grund, ja.

In den Cup-Partien gegen Sion und den FC Zürich war Ihr Einfluss mehr als nur klein.

Ich bin froh, dass ich dem Team in den Spielen helfen konnte.

Aber es ist doch kein Zufall, dass die besten beiden Spiele seit Ihrer Rückkehr beide im Cup stattgefunden haben?

Die besten Spiele? Ich habe auch in der Liga gute Spiele gezeigt. Gegen Sion. Und gegen St.Gallen. Gegen Xamax. Gegen Luzern.

Trotzdem hat man das Gefühl, Sie geniessen Spiele, in denen es um alles geht, besonders.

Das geht jedem Fussballer so. Es ist das Beste, was man erleben kann: Ein Spiel, 90 Minuten, am Ende gewinnt eine Mannschaft den Titel. Das ist doch geil!

Was haben Sie, was in solchen Spielen besonders wichtig ist?

Ich habe seit all den Jahren in Italien, Deutschland und Spanien ein gutes Gespür, was ein Team braucht. Vor zehn Jahren hätte ich nicht gewusst, wann ich das Spiel beruhigen muss oder wann das Team einen Impuls braucht. Jetzt kann ich ein Spiel oft lesen.

Ihre Tätlichkeit im Halbfinal gegen Alain Nef fällt also unter die Kategorie Impuls?

Das war eher eine kleine Streicheleinheit. Da war keine böse Absicht dahinter, und das weiss ein alter Hase wie Alain. Aber es war in einer Phase, in der Zürich Druck gemacht hat und wir uns etwas zu passiv verhalten haben.

Der Spielverlauf gibt Ihnen recht.

Ich wusste, dass es ein paar Emotionen braucht. Nachher sind wir anders aufgetreten.

Dabei sagten Sie vor der Saison, Sie seien ruhiger geworden.

Privat bin ich das auch. Aber auf dem Platz... Das wird sich nicht mehr ändern. Wenn ich dieses Feuer verliere, muss ich aufhören und mich aufs Sofa legen. Während des Spiels unternehme ich alles, um zu gewinnen.

Und danach?

Was meinen Sie?

Es heisst, Sie sollen sich nach einem Spiel gegen Thun mit Marcel Koller angelegt haben.

Sie dürfen nicht alles glauben, was in der Zeitung steht. Wir haben nach dem Spiel kurz miteinandergeredet. Eswar ein konstruktives Gespräch. Wir hatten eine gute Diskussion undwaren nachher beide zufrieden. Es ist nicht so, dass ich zu ihm in die Kabine gestürmt wäre.

Ging es dabei zufällig um Ihre Rolle als Ersatzspieler?

Das sage ich Ihnen sicher nicht.

Marcel Koller sieht Sie offenbar als Spieler von der Bank. Sehen Sie darin auch Ihre Qualität?

Nein. Ich will in jedem Spiel von Anfang an spielen. Ich sehe mich nicht als Joker. Ich bin ein Spieler für 90 Minuten.

Trauen Sie sich diese Rolle denn physisch überhaupt zu?

Klar. Gegen Luzern habe ich 82 Minuten gespielt. Gegen Xamax 80. Gegen St. Gallen 90. Im Cup gegen Zürich 45. Gegen Sion 40. Nach sieben Monaten ohne Spiel hatte ich noch nie einen Krampf.

Aber Sie hatten zwei schwere Verletzungen und wirkten nicht immer ganz austrainiert.

Mir kann keiner vorwerfen, dass ich physisch nicht auf der Höhe bin. Ich bin topfit.

Sie trauen sich also auch 120 Minuten Cupfinal zu?

Kein Problem.

Für Sie wird es am Sonntag ein spezielles Spiel werden.

Es ist mein erster Final um den Schweizer Cup, das ist speziell. Aber klar, ich habe auch eine besondere Beziehung zu Thun. Ich bin dort geboren und habe noch immer Freunde und Verwandte.

Sie haben die ersten 14 Jahre Ihre Lebens in Thun gelebt. Was sind die prägendsten Erinnerungen aus dieser Zeit?

Ich habe keine konkrete Erinnerung. Thun ist eine kleine, übersichtliche Stadt, das kann man nicht mit Basel vergleichen. Ich bin unbeschwert aufgewachsen, hatte eine schöne Kindheit. Und natürlich habe ich dort mit dem Fussballspielen begonnen. Mit sieben bin ich zum FC Dürrenast gegangen, für den mein Vater früher auch mal gespielt hat.

Trifft man Sie noch oft in Thun?

Nein, ich bin nicht oft dort.

Wie viel Berner Oberland steckt in Ihnen?

Ich glaube, nicht sehr viel.

Ist Thun Heimat?

Nein. Ich bin zwar dort geboren, aber als Heimat würde ich eher die Region Basel bezeichnen. Hier fühle ich mich wohl. Ich kann mir nur schwer vorstellen, in Thun zu leben. Es ist wunderschön dort, die Berge, der See, die Ruhe. Aber für meinen Geschmack ist es etwas zu ruhig.

Man kann sich das auch nur schwer vorstellen: Zdravko Kuzmanovic und Thun.

(Lacht) Ja, ich mag es laut.

Für Sie ist das Spiel gegen Thun aber auch darum speziell, weil Sie zum ersten Mal einen Titel in den Händen halten können.

Ich war noch nie dabei, wenn dem FCB ein Pokal überreicht wurde. Ich war auch nie auf dem Barfi, um mit den Fans zu feiern. Das will ich unbedingt erleben. Aber ich muss auch sagen: Ich habe im Herbst 2015 unter Urs Fischer meinen Teil zum Titel beigetragen. Und auch beim Cupsieg 2007 habe ich bis zum Winter alle Spiele bestritten.

Der ultimative Moment des Titelgewinns fehlt aber. Zumal Sie bei Ihrer Rückkehr angekündigt haben, mit dem FCB Titel gewinnen zu wollen.

Das stimmt, das habe ich gesagt. Jetzt bin ich zum ersten Mal eine ganze Saison hier, und wir haben gute Chancen, den Cup zu holen. Wenn wir gewinnen, habe ich mein Versprechen ja eingehalten.

Wo würden Sie einen Cupsieg in Ihrer Karriere einordnen?

Ich habe viele grosse Spiele erleben dürfen. Aber mit dem Cupsieg können wir ein wichtiges Zeichen setzen, dass in Zukunft mit uns zu rechnen ist. Für den Verein und die Stadt wäre dieser Erfolg sehr wichtig. Wir wollen den Fans den Cup schenken. Für mich wäre es ein Zeichen, dass es die richtige Entscheidung war, zurück zum FCB zu wechseln.

Wäre es auch eine Art von Wiedergutmachung in Richtung der Fans?

Klar ist es angenehmer, wenn die eigenen Fans einen unterstützen, als wenn dich 30000 auspfeifen. Ich habe die Reaktion der Fans verstanden, aber angenehm ist das nicht. Inzwischen höre ich aber keine Pfiffe mehr. Das zeigt mir, dass ich nicht so schlecht spiele. Und dass die Zuschauer spüren, dass ich alles für den Erfolg des FC Basel unternehme.

Das vierte Ihrer fünf Vertragsjahre beim FC Basel neigt sich dem Ende entgegen.

Was alles passiert ist...

Sie sind gekommen, nach einem halben Jahr geflüchtet, wieder gekommen, wieder gegangen und haben sich zudem noch zweimal schwer verletzt. Sind Sie überhaupt je

Jetzt bin ich doch hier, oder?

Es heisst aber auch, Sie seien im Team ein Einzelgänger.

Ich sage ja: Sie dürfen nicht alles glauben, was in der Zeitung steht. Ich habe keine Probleme, die Jungs mögen mich.

Wenn sie Ihnen nicht gerade eine Wärmecreme in die Schuhe schmieren wie vor dem Cup-Halbfinal.

Genau (lacht).

Haben Sie den Täter mittlerweile ausfindig gemacht?

Klar. Ich habe Marek Suchy zwei Tage vorher einen kleinen Streich gespielt. Dann kam seine Revanche. Mit dem Unterschied, dass mein Streich 30 Sekunden gedauert hat, seiner vier Stunden. Ich hatte am Mittag noch einen roten Fuss und habe zwischendurch gedacht, ich würde das Spiel in Zürich verpassen.

Mit welchen Zielen gehen Sie in Ihr letztes Jahr?

Ich will eine tragende Rolle übernehmen und Meister werden!

Und danach?

Dann muss ich schauen, was in meiner Karriere noch passiert.

Aktuell deutet zwar wenig darauf hin. Aber könnten Sie sich vorstellen, über 2020 hinaus beim FCB zu bleiben?

Wenn ich in der Vergangenheit etwas gelernt habe, dann, dass man nicht zu grosse Ankündigungen machen soll. Aber klar, wenn der Verein findet, dass ich eine wichtige Rolle übernehmen kann und ich mich hier wohlfühle – warum nicht?

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