Presseschau

Basler Zeitung vom 18.05.2019

Das Duell der grossen Gegensätze

Der Favorit weiss, dass Qualität alleinkaum ausreicht. An Motivation sollte es ihm nach dieser Saison aber nicht fehlen. FC Thun Der Aussenseiter glaubt an seine Chance. Vielleicht trägt ihn ein besonderer Geist zum Sieg.

Oliver Gut

Geht es um den FC Basel und den Cupfinal, dann ist 2019 alles anders. Anders jedenfalls, als es bei den letzten sieben Cupfinal-Teilnahmen gewesen ist. Seit 2008 und dem Sieg gegen die AC Bellinzonawar die Sandoz-Trophäe für Rotblau nämlich nie mehr als ein Supplement. Etwas, das man auf dem Weg zur Meisterfeier auf dem Barfüsserplatz auch noch mitnehmen konnte. Etwas, das neben dem goldenen Kübel noch gut aussah – nicht nur des farblichen Kontrastes wegen, sondern weil sie eben stets auch Ausdruck des totalen Triumphs, der kompletten Dominanz im Schweizer Fussball war. Die aber nicht wirklich für Nachwehen sorgte, musste man am Ende der 90 oder 120 Minuten Fussball zusehen, wie sie der Gegner mit nach Hause nahm.

Sollte dies morgen im Stade de Suisse geschehen, dann wird man dieses Ereignis nicht so einfach abhaken können, sondern wird sich darauf einstellen müssen, dass man die Nachwehen der Niederlage noch länger spürt. Denn die Zeit der goldenen Pokale und der Vorherrschaft ist in Basel vorbei. Der BSC Young Boys ist an die Stelle der Rotblauen getreten. Und der Cupfinal ist seit Monaten die letzte Aussicht, eine missratene Saison versöhnlich zu beenden und eine zweite titellose Saison in Folge zu verhindern. Also etwas, das jüngere Fans nur noch vom Hörensagen kennen: Seit der FCB 2002 seine 22-jährige Zeit der Titellosigkeit beendete, gab es nur dreimal ein Frühjahr ohne Pokal: 2006, 2009 und eben jüngst, 2018.

Der Druck, der damit einhergeht, ist gross. Denn der FC Basel mag zwar in der Rückrunde um einiges stabiler auf dem Rasen aufgetreten sein als in der schwierigen Hinrunde. Aber die Eindrücke aus dieser sind ebenso wenig weggewischt, wie sie sich nicht auf den ganzen Club ausgewirkt hätten: Das Verpassen einer europäischen Grup penphase hat den FCB abermals einen Teil seiner finanziellen Reserven gekostet, sodass Besitzer und Präsident Bernhard Burgener nun massiv an Ausgaben einsparen will. Eine Transferoffensive ist im Sommer nicht zu erwarten. Und doch spricht man davon, YB im Kampf um die Meisterschaft wieder ein ernsthafter Konkurrent sein zuwollen. All das mag möglich sein, wenn vieles aufgeht. Aber all das wird nicht einfacher, wenn die Saison mit einer grossen Enttäuschung endet. Eine Enttäuschung, welche die internen Fragezeichen noch grösser macht, die unverändert hinter der Position des Trainers stehen: Noch fehlt hinter den Kulissen die Überzeugung, dass Marcel Koller der richtige Mann für die Zukunft ist.

Es gibt aber auch ein paar Vorteile, die mit der Situation und dem Umbruch einhergehen: Der FCB weiss, dass er der Favorit ist. Aber er weiss auch, dass er mit fussballerischer Qualität und Erfahrung allein kaum Hand an den silbernen Pott wird legen können. Er weiss, dass der FC Thun mit viel Leidenschaft bis zum Letzten kämpfen wird. Und er hat Grund genug, mit derselben Haltung aufzutreten. Auch, weil es inzwischen einige Spieler gibt, die mit dem FCB noch nichts gewonnen haben. Vor allem aber, weil man seit Wochen nur noch dieses eine Ziel hat, das Cupsieg heisst.

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