Presseschau

Basler Zeitung vom 20.05.2019

Die erste Frucht der neuen Führung

Der FC Basel bezwingt Thun 2:1 und gewinnt zum 13. Mal in seiner Geschichte den Schweizer Cup.

Tilman Pauls, Bern

Marco Streller sah auch gestern wieder aus wie der Sportchef des FC Basel. Der dunkle Anzug, das weisse Hemd, die rote Krawatte. Und die Brille, klar, die ist ja inzwischen zu seinem sportcheflichen Erkennungszeichen geworden. Doch als der Mittag sich dem Ende näherte, da zeigte sich, dass es auch den Fussballer Streller noch immer gibt: Mit Champagner-getränkten Kleidern stand er vor den Mikrofonen und erklärte, wie er den Cupsieg des FC Basel erlebt hatte. «Und keine Sorge», sagte Streller ganz am Schluss, «ich habe noch ein zweites Paar Kleider dabei. Ich erlebe so eine Feier nicht zum ersten Mal.»

Das war jedoch nur die halbe Wahrheit. Immerhin war es die erste Titelfeier in seinem zweiten Fussballer-Leben als Sportchef des FCB. Und darum eine völlig neue Erfahrung. Während für den Spieler Streller Titel fast schon zur Normalität gehörten, war der Druck gestern nun besonders gross.

Am Abend vorher hatte er sich zur Ablenkung mit Kaderplaner Remo Gaugler bei einem Glas Wein den Eurovision Song Contest angeschaut – es half nicht. Und in den letzten Minuten vor dem Spiel war die Nervosität am grössten, als die Spieler sich einliefen und Streller nur zusehen konnte. Entsprechend froh war er, als das 2:1 gegen den FC Thun offiziell war und Marek Suchy den Pokal in die Höhe streckte.

Viel Solidität

Es war kein berauschender Basler Erfolg, nicht vergleichbar mit dem Sieg 2017 gegen Sion, als man alle Emotionen bündelte, um den Walliser Mythos zu stürzen. Gegen die Berner Oberländer reichte dem FC Basel eine solide Leistung, wie er sie so häufig gezeigt hat in diesem Jahr. Selbst die Tatsache, dass Silvan Widmer fehlte und Taulant Xhaka ihn ersetzen musste, konnte das Team nicht aus der Balance bringen. Einzig am Anfang hatte der Aussenseiter aus Thun den FCB mit seinem forschen Auftreten etwas verunsichert. Doch den Vorsprung durch die Tore von Albian Ajeti (23.) und Fabian Frei (77.) konnten die Basler dann die längste Zeit souverän verwalten.

Erst nach dem Anschlusstor durch Dejan Sorgic (81.) kurz vor Schluss mussten sie sich noch kurz gegen den drohenden Ausgleich stemmen, als man Thun viel Platz bot und die eigenen Konterchancen nicht nutzte. «Es war nicht einfach heute, aber wir haben den Sieg nicht gestohlen», sagte Torschütze Albian Ajeti.

Vielleicht lag es auch an diesem Spielverlauf, dass der FCB nach dem Schlusspfiff kaum in Versuchung kam, den 13. Cupsieg der Vereinsgeschichte zum grossen Angriff auf die Young Boys umzudeuten. Die Freude über den ersten Titel der neuen Vereinsführung war da, natürlich. Aber auch das Wissen, dass darum künftig nicht automatisch alles gut werden wird. Das zeigten die Szenen nach dem Abpfiff.

Viel Arbeit

«Nachdem wir zehn Monate lang Dreck fressen mussten, können wir uns freuen. Jetzt haben wir in dieser Saison gleich viele Titel geholt wie die Berner», sagte Fabian Frei, schob aber nach, dass darum nicht alles gut sei und man sich nicht zu sicher sein dürfe. Valentin Stocker sagte: «Der Titel darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben.»

Und Trainer Marcel Koller antwortete auf die Frage, ob für ihn und den Club klar sei, dass man auch in der nächsten Saison zusammenarbeite: «Ich habe bei allen Stationen immer alles gegeben, habe Tag und Nacht gearbeitet. Ich habe jedoch auch die Erfahrung gemacht: Wenn das irgendeinem nicht passt, dann muss man darüber reden.»

Überschwängliche Euphorie klingt anders – und auch ein klares Bekenntnis.

Streller wollte verständlicherweise auch nicht über das Thema Koller und dessen Zukunft sprechen. «Das ist an einem Abend wie heute einfach kein Thema.» Aber ganz sicher wird es im Saison-Fazit zur Sprache kommen. Der gestrige Cupsieg wird dann schon nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.

Dafür konnten die Spieler ja gestern am Abend die Stimmung auf dem Barfüsserplatz auskosten. Endlich, würde man schon fast sagen, dabei ist die letzte Feier gerade mal zwei Jahre her. Das ist keine wahnsinnig lange Zeit. Auch wenn manchem das Warten auf den ersten Titel der neuen Clubführung vorgekommen sein muss wie eine kleine Ewigkeit.

Zurück