Presseschau

Basler Zeitung vom 20.05.2019

Die Ausnahme der Ajeti-Regel

Normalerweise braucht Albian Ajeti mehr als eine Chance, um zu treffen. Deswegen war er im vergangenen Halbjahr meist nur zweite Wahl. Im Cupfinal spielt der Stürmer überraschend – und trifft auf Anhieb. Ist nun alles wieder gut?

Von Oliver Gut, Bern

Es gibt erfahrene Exponenten des FC Basel, die sich nach dem ersten Cup-Jubel im Stade de Suisse in der Interviewzone zeigen. Exponenten, die sich freuen. Die aber auch daran erinnern, dass trotz des ersten Titels seit zwei Jahren längst nicht alles gut ist. Und es gibt Albian Ajeti.

Der 22-jährige Mittelstürmer gibt sich für einmal ziemlich losgelöst. Mit der Champagnerflasche in der Hand schlendert er vor die Mikrofone. Nimmt noch einen Schluck, bevor er die ersten Fragen beantwortet. Und sagt dann ohne grosse Umschweife: «Ich bin sehr glücklich und sehr stolz auf uns. Heute wird getrunken und gefeiert.»

Die Freude ist verständlich. Albian Ajeti ist zwar mit dem FCB schon Meister geworden, aber er hat noch nie den Cup gewonnen. Dass er im Final spielen würde, ist nicht absehbar gewesen – und entsprechend überraschend ist er in der Startformation gestanden. Vor allem aber hat er ein wichtiges Tor zum 2:1-Sieg erzielt. Und zwar so, wie er das normalerweise nicht tut: In der 23. Minute findet ihn eine Flanke von Stocker, und er nickt den Ball ins Netz. Es ist die erste Basler Chance der Partie. Und es ist das richtungsweisende 1:0 auf dem Weg zur silbernen Trophäe.

Nicht die Technik ist es, welche die Ausnahme der Ajeti-Regel bildet. Dass er mit dem Kopf Tore schiessen kann, ist bekannt. Ungewohnt ist, dass er dies im ersten Anlauf tut. Denn erste Anläufe sind nicht Albian Ajetis Stärke, sondern ein Schwachpunkt.

Das war schon beim ersten Anlauf beim FC Basel so. Damals, als er als Teenager zu wenig Geduld zeigte und im Januar 2016 auf einen Clubwechsel zu Augsburg drängte, da ihm das Angebot zur Vertragsverlängerung in Kombination mit seiner Einsatzzeit als zu wenig erschien.

Und das ist auch beim zweiten Anlauf beim FC Basel so, der seit Sommer 2017 und seiner Rückkehr via St. Gallen läuft: Denn im ersten Anlauf, da pflegt Albian Ajeti das Tor nur ganz selten zu treffen. Er braucht meist eine zweite oder mehr Chancen, bis der Ball hinter der Linie ist.

Statistik und Folgen

Im Winter ist das statistisch festgehalten worden. Ist er als derjenige Spieler erfasst worden, der gemessen an der Qualität seiner Gelegenheiten die schlechteste Torquote der Super League aufweist. Und es wäre verfehlt, wenn man behaupten würde, dass sich dies vorteilhaft auf Albian Ajetis Entwicklung auswirkte.

Ab Februar war Ricky van Wolfswinkel plötzlich Marcel Kollers erste Wahl im Sturm und fand sich Ajeti in der Folge häufiger auf der Bank als auf dem Feld. Der Trainer setzte auf Erfahrung. Entschied sich gegen Zukunft. Und auch gegen die Tatsache, dass Ajeti trotz seiner ausgelassenen Chancen in der Saison zuvor Torschützenkönig der Super League geworden war.

Wer Ajeti kennt, der staunt nicht, dass zuletzt zu hören war, dass der Spieler mit dem Trainer nicht glücklich sei. Und dass er an einen leihweisen Wechsel denke, sollte sich an den Umständen nichts grundlegend ändern.

Und jetzt? Jetzt sagt Albian Ajeti: «Ich danke dem Trainer für sein Vertrauen in diesem Spiel. Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass ich mit meiner Einsatzzeit in diesem Halbjahr glücklich war. Aber dieser Tag, dieser Cupsieg macht vieles vergessen.»

Dann schlendert Albian Ajeti mit dem Champagner zurück in die Kabine, um weiterzufeiern.

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