Presseschau

Berner Zeitung vom 20.05.2019

Fussballfest mit nur wenig Nebengeräuschen

Cupfinal Die beiden Fanmärsche gingen mehrheitlich friedlich über die Bühne. Zu einer unschönen Szene kam es auf der Thuner Route.

Michael Bucher

Aus dem Thuner Fussballmärchen in Bern wurde nichts. Der Coup Cupfinalqualifikation mündete am Sonntagnachmittag nicht in der Sensation Cupsieg. Es sind die Rot-Blauen aus Basel, die um 17 Uhr vor dem Stade de Suisse jubeln. Bei strömendem Regen tröpfeln sie aus dem Stadion und feiern ihren Verein. Die Stimmung ist heiter, aber nicht überschwänglich. Vielleicht ist es auch der Regen, der die Gemüter auf Betriebstemperatur heruntergekühlt hat.

Die Thuner Fans sind zu dem Zeitpunkt längst unterwegs Richtung Oberland. Und dies mit gemischten Gefühlen. Da ist einerseits der Stolz, den Cupfinal erreicht zu haben, andererseits der Ärger, die Sensation nur äusserst knapp verpasst zu haben. Trotz Niederlage feiern sie am Abend auf dem Thuner Rathausplatz ihre Mannschaft.

Berge von Bierdosen

Dass in der Bundesstadt ein grosses Fussballfest stattfindet, war gestern schon morgens um 9.30 Uhr gut sicht- und hörbar. Während Herr und Frau Schweizer in Cafés rund um den Bahnhof sich ihr Kafi und Gipfeli gönnen, marschieren rund 2000 lautstark skandierende Basler Fans von der Welle Richtung Waisenhausplatz. Angereist sind sie mit zwei SBB-Extrazügen. Die Supporter vom Rheinknie machen dabei einen deutlich weniger aggressiven Eindruck als die Fans des FC Zürich beim letztjährigen Cupfinal in Bern. Vermummt hat sich dieses Mal praktisch niemand, auch Knallpetarden werden keine gezündet.

Rund anderthalb Stunden verweilen die Basler Fans auf dem Waisenhausplatz. Es fliesst viel Dosenbier, ein paar Bälle werden gekickt, hie und da wird sogar mit einem Polizisten gewitzelt. Die Polizei hält sich beim Begleiten des Fanmarsches durch die Stadt zurück. Nur in Seitengassen stehen Kastenwagen und Grenadiere bereit, zum Einsatz kommen sie jedoch nicht. Um 11.15 Uhr marschieren die Basler Fans wie mit den Stadtbehörden vereinbart auf der bewilligten Route los. Diese führt via Kornhausbrücke und Breitenrain zum Stade de Suisse. Zurück lassen die Fans einen zugemüllten Waisenhausplatz. Um die Berge von Bierdosen muss sich das Reinigungspersonal der Stadt kümmern.

Verhängnisvolle YB-Fahne

Währenddessen setzt sich auch der Thuner Fanumzug ab dem Bahnhof Ostermundigen in Bewegung Richtung Stadion. Angereist waren auch sie mit Extrazügen. Während man im Vorfeld Krawallpotenzial eher bei den Baslern vermutete, sind es ein paar Thuner Exponenten, die für den einzig nennenswerten Zwischenfall sorgen. Gemäss Mitteilung der Kantonspolizei wurde entlang der Thuner Marschroute ein fahrendes Polizeiauto mit Steinen beworfen (siehe Kasten).

Derweil gehen bei den FCB-Anhängern die Emotionen nur einmal kurz hoch. Beim Breitenrainplatz hängt auf einem Balkon eine YB-Fahne. Polizisten versuchen die am Fenster stehende junge Frau dazu zu bewegen, die Fahne vorübergehend zu entfernen. Jegliche Provokation gegenüber den Gästen aus Basel soll vermieden werden. Doch die Frau denkt nicht daran. Daraufhin schmeissen Basler Fans Bierdosen Richtung Balkon und skandieren Anti-YB-Parolen. Doch es bleibt bei diesem kleinen Intermezzo.

Zur Mittagszeit finden sich beide Fanlager beim Stade de Suisse ein. Die strikte Trennung der Fanlager wird von der Polizei bald einmal etwas gelockert, sodass auf dem Platz Thuner und Basler Fans auch mal miteinander ins Gespräch kommen. Die von Behörden vielfach gewünschte Volksfeststimmung ist anderthalb Stunden vor Matchbeginn spürbar.

Der Stolz der Thuner

Kurz vor 16 Uhr ist mit dem Schlusspfiff die Spannung draussen. Sieger und Verlierer sind bestimmt. Mit der Schwere einer knappen 1:2-Niederlage auf den Schultern verlassen die Thuner Fans das Stadion. Geknickt zwar, aber nicht auf fatale Weise. «Was söus. Mir chöi trotzdäm stolz sy», raunt ein etwas älterer Mann mit Thun-Schal um den Hals seinem Kollegen zu. Wie tausend andere machen sie sich auf den Weg Richtung Guisanplatz. Währenddessen sind aus dem Stadion Basler Fangesänge zu hören, und der Stadion-DJ legt «We Are the Champions» auf.

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