Presseschau

NZZ am Sonntag vom 16.06.2019

Der Fake- News-Preis geht an ...

Michael Furger

Für den Fake-News-Award 2019 gibt es seit dieser Woche einen fast unschlagbaren Favoriten: Die Sportredaktion des «Blicks» hat uns über Tage versichert, Marcel Koller sei als Trainer des FC Basel entlassen worden und der FC-Aarau-Coach werde übernehmen. «Koller weg», stand am Mittwoch grossbuchstabig und quellenfrei im Blatt. Eine ganze Seite, samt Kommentar. Tags darauf die nächste Seite, dazu ein Hintergrund über Trainerentlassungen. Das volle Programm. Am Freitag stand fest: Alles falsch, Koller bleibt.

Aber die «Blick»-Leute wissen natürlich, wie man auch aus einer Pleite eine fette Schlagzeile bastelt: «Irre Wende im Trainer-Wahnsinn», hiess es bald. Die Wende wovon? Von der Falschmeldung des «Blicks». Dumm gelaufen, wenn sich die Realität nicht an die eigene Exklusiv-Story anpassen will, aber der «Blick» ist da ganz unverkrampft. Kollers Nicht­entlassung, schrieb er, sei eine Blamage – für den FC Basel natürlich.

Stellen wir uns vor, die NZZ hätte über Tage geschrieben, der CEO der UBS sei abgesetzt. Dazu hätte sie den Nachfolger samt Bild präsentiert, kommentiert und eingeordnet, so lange, bis sich alles als Ente herausgestellt hätte. Die Geschichte wäre der Redaktion um die Ohren geflogen. Bei den Fussballexperten von Ringier aber darf man dem High-Risk-Journalismus frönen, halbgare Storys herausposaunen und, wenn sie zusammenbrechen, weitertrompeten, als sei nichts gewesen.

Klar, Sport ist nicht Wirtschaft. Aber Sportjournalismus ist auch Journalismus. Es nützt nichts, den Fall Relotius bis zur Ermüdung zu analysieren, aber über den Schrott im Tagesgeschäft hinwegzusehen. In diesem Sinne: Danke, liebe Kollegen, für euren selbstbewussten Beitrag zur weiteren Zerstörung der Glaubwürdigkeit von uns Journalisten. Der Dank gilt auch jenen Medien, die den «Blick»-Quark ungeprüft weiterverbreitet haben.

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