Presseschau

Basellandschaftliche Zeitung vom 20.06.2019

Ohne Wahrheit kein Vertrauen

Burgener will nicht mit Halbwahrheiten aufräumen – dabei wäre das so wichtig

Jakob Weber

Zwei Geschichten, aber nur eine ist wahr. Version Nummer 1 erzählte FCB-Präsident Bernhard Burgener am Dienstag an der Pressekonferenz. Demnach habe Sportdirektor Marco Streller lediglich pro forma mit Aarau-Trainer Patrick Rahmen verhandelt. Für den Fall, dass Marcel Koller zum Beispiel von «Juventus Turin» abgeworben würde. Eine Freistellung von Marcel Koller hat es gemäss Burgener zu keinem Zeitpunkt gegeben. Trotzdem ist Sportdirektor Streller «aus freien Stücken» anschliessend zurückgetreten. Um alle Beteiligten zu schützen, will Burgener keine Gründe zum Rücktritt nennen. Auch eine Krise würde der Streller-Verlust nicht auslösen. Schliesslich habe der Sportchef auf dem Transfermarkt gute Vorarbeit geleistet. Zudem bleibe die Vereinsikone dem FCB ja als Verwaltungsrat erhalten.

Version Nummer 2 erzählt der «Blick». Demnach sei Marcel Koller am Mittwoch über seine bevorstehende Freistellung informiert worden. Der Trainer habe daraufhin seine privaten Dinge aus dem Büro geholt. Burgener habe anschliessend – auch unter dem Einfluss von FCB-CEO Roland Heri – die Entlassung revidiert, worauf Sportchef Streller keine andere Wahl sah, als zurückzutreten. «Es sind Sachen passiert, die ich nicht hinnehmen kann», schreibt Streller in seiner Abschieds-SMS.

Der Grund für die Gerüchte
Welche Version entspricht der Wahrheit? Oder sind am Ende beide Geschichten nicht mehr als Halbwahrheiten und damit genau das, was Burgener in der Berichterstattung der letzten Tage öffentlich bemängelte? Egal, welche Version stimmt: Es gibt gute Gründe, an den Aussagen der FCB-Bosse zu zweifeln, und genau darin liegt das Problem in der Basler Kommunikation. Ohne Wahrheit kein Vertrauen.

Weil Burgener am Dienstag die Chance verstreichen liess, mit den zahlreichen Gerüchten aufzuräumen, köcheln diese weiter vor sich hin. Das ist keine gute Ausgangslage für einen FCB, der die unrühmliche Chaos-Woche am liebsten abhaken und nur noch nach vorne schauen würde. Doch so bleibt das Pulverfass explosiv. Durch Burgeners Aussagen an der Pressekonferenz hat das Vertrauen der FCB-Familie in den Präsidenten weiter gelitten. An der GV war der Anteil der Burgener-Befürworter bereits auf 65 Prozent gesunken. Es ist davon auszugehen, dass es nach den Querelen der vergangenen Tage nicht mehr geworden sind.

Die Wahrheit ist absolut zentral
Auch intern hat Bernhard Burgener Kritiker. Dass so mancher FCB-Mitarbeiter der eigenen Führung mittlerweile nicht mehr vertraut, ist ein Grund dafür, dass bei Rotblau immer wieder Interna nach aussen getragen werden.

Burgener erklärte an der Pressekonferenz, dass er sich in Kommunikationsfragen beraten lässt. Allerdings nicht vom FCB, sondern extern. Bei börsendotierten Unternehmen funktioniert die Kommunikation allerdings anders als bei einem Fussballklub. Das musste Burgener schmerzhaft erfahren. Auch die Wahrheit kann manchmal schmerzhaft sein. Doch langfristig ebnet sie den besseren Weg in eine erfolgreiche Zukunft.

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