Presseschau

Basler Zeitung vom 22.06.2019

Die Wunschlösung

Chefscout Ruedi Zbinden folgt auf Marco Streller als Sportchef. Damit hat der Cupsieger seine Vakanz rasch geregelt und setzt in Zukunft auf Erfahrung und Kontinuität.

Dominic Willimann

Roland Heri hatte es am Dienstag an der Medienorientierung im St.-Jakob-Park angekündigt. Es werde rasch nach einer Lösung für die Nachfolge Marco Strellers gesucht. Er selbst stehe als CEO des FC Baselbisaufweiteres einer interimistischen Sportchef-Gruppe um Philipp Kaufmann, Remo Gaugler, Marcel Herzog und Ruedi Zbinden vor. Und Heri versicherte gleichzeitig, dass er nicht auch noch Sportchef werde. Er, der vor zwei Jahren bei der Ernennung Strellers zum Sportchef den Titel des administrativen Leiters des Clubs trug und heute eine tragende Säule in Bernhard Burgeners Führungskonstrukt ist.

Drei Tage nach Heris Ansage folgte die Gewissheit über Strellers Nachfolge per E-Mail. Der FCB meldete, dass Ruedi Zbinden per sofort als Sportdirektor eingesetzt werde. Er sei die interne «Wunschlösung». Während andere Clubs über die Besetzung einer derwichtigsten Positionen im Verein an einer Pressekonferenzorientieren, wählte der FCB den Weg der elektronischen Post. Und verwies darin darauf, dass Zbinden kommenden Mittwoch im Trainingslager am Tegernsee den dort anwesenden Journalisten für eine Fragerunde zur Verfügung stehen werde.

Ruedi Zbinden ist also der neue Marco Streller. Der 60-Jährige bringt viel Erfahrung im Fussballgeschäft mit und hat beim FCB in früheren Jahren schon in derselben Funktion gewirkt. «Einfach ohne Titel», erzählt Zbinden in einem Gespräch im FCB-TV. Unter Christian Gross, dessen Assistent er auch einmal war, habe er Transfers getätigt und weitere Aufgaben im sportlichen Bereich übernommen. Seit 1996 ist er in verschiedenen Funktionen im Club aktiv, seit 17 Jahren führt er die Scouting-Abteilung.

Das goldene Händchen

Vor allem auf dem südamerikanischen Spielermarkt fühlt sich Zbinden besonders wohl. Dass Matías Delgado, Felipe Caicedo, Derlis González oder Franco Costanzo am Rheinknie landeten, ist vor allem Zbindens Verdienst. Ebenso, dass Zdravko Kuzmanovic einst den Wechsel von Thun ins Joggeli tätigte. Auch die Qualitäten von Mohamed Salah fielen ihm erstmals an der U-20-Weltmeisterschaft 2011 in Kolumbien auf. Als Scout hat sich Zbinden ein feinmaschiges Netzwerk aufgebaut und sich in dieser Funktion weit über die Schweiz hinaus einen Namen gemacht.

Zbinden wird nachgesagt, er habe ein «goldenes Händchen», wenn es darum geht, günstige Spieler im Ausland zu finden, die später für einiges mehr an Geld weiterverkauft werden können.

Die Low-Budget-Variante

Der Rheinfelder weiss aber nicht nur, was auf dem Spielermarkt los ist, erkennt auch den Stadtclub aus dem Effeff. Erstmals mit Rotblau in Kontakt kam Zbinden 1982, als er von Nordstern zum FCB wechselte. Der Stürmer spielte später nochmals vier Jahre für Basel, ehe er 1994 35-jährig seine Aktivkarriere bei Bellinzona beendete.

Mit seiner neuen Aufgabe rutscht Zbinden wieder näher an das Mannschaftsleben heran. Ihn zum Sportdirektor zu befördern, ist für den FCB auch deshalb eine Wunschlösung, weil sie die Low-Budget-Variante ist. Zbinden steht bereits auf der Lohnliste des Vereins und spielt damit – im Gegensatz zu einer kostspieligen externen Lösung, die auch eine andere Optik in den FCB gebracht hätte – in Burgeners Überlegungen, wenn es ums Sparen geht. Ebenso passt Zbinden altersmässig ins Schema der FCB-Entscheidungsträger. Er zählt zur Senioren-Generation von Karli Odermatt, Peter von Büren, Burgener, Heri, Koller und Co. Inwiefern dies für die Entwicklung des Vereins förderlich ist, wird sich weisen.

Was Zbinden bis zum Saisonstart bewirken kann, wird spannend zu verfolgen sein. Als Erstes werde er Gespräche mit den ausgeliehenen Spielern führen. Auch muss sich Zbinden überlegen, wie sein Sportchef-Team aussehen wird. Nicht mehr als zwei Personen sollen ihm assistieren. Ebenso klar ist, dass Zbinden Chef der Scouting-Abteilung bleibt, dort jedoch andere mehr in die Verantwortung genommen werden.

Zbinden braucht es nun an der Transferfront. So wie im Jahr 2000. Den Zuzug, den er dort finalisierte? Marco Streller. Von Arlesheim zum FCB.

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