Presseschau

Basler Zeitung vom 20.07.2019

Ein erstes Stück Gerechtigkeit

Videoassistent In Sion kommt es zur Premiere: Der VAR hilft Schiedsrichter Sandro Schärer.

Tilman Pauls, Sion

Am Ende des Abends steht Sandro Schärer in den Katakomben und schüttelt den Kopf. Nein, er könne leider nichts sagen zum Spiel und dieser Szene kurz vor der Halbzeit. Oder besser gesagt: Er dürfe gar nichts sagen. Dabei hätte der 31-jährige Schiedsrichter ja durchaus kurz erklären können, wie sich das so anfühlt, wenn man Schweizer Fussball-Geschichte schreibt.

Für Schiedsrichter ist es ja meistens kein gutes Zeichen, wenn man nach dem Abpfiff mit ihnen reden will. Besonders in Sion und dem nicht unbedingt schiedsrichterfreundlichen Präsidenten der Walliser, Christian Constantin. Gestern aber hatte Schärer gar nichts zu befürchten, er hatte ja 90 Minuten lang so ziemlich alles richtig gemacht oder zumindest nicht viel falsch. Wobei er auch Hilfe hatte – besonders in der 42. Spielminute.

Von links flog ein Eckball der Walliser gefährlich in den Basler Strafraum, nicht zum ersten Mal an diesem Abend. Basels Torhüter Jonas Omlin verliess sein Tor, faustete den Ball aus der Gefahrenzone, kollidierte aber auf der Grenze zum Fünfmeterraum mit Sions Birama Ndoye. Beide Spieler gingen zu Boden und Schiedsrichter Sandro Schärer zeigte unmittelbar auf den Punkt.

Trotzdem Diskussionen

Anschliessend sah man Szenen, die man aus den anderen Ligen und von den grossen Turnieren schon lange kennt: Schärer malte ein Viereck in die Luft und begab sich umgehend vor den im Stadion aufgebauten Monitor, wo er sich die vermeintliche Penalty-Szene nochmal ansah. Es dauerte nicht lange, ehe er in der Verlangsamung erkannte, was er in Echtzeit nicht richtig gesehen hatte. Nämlich das Omlin klar den Ball getroffen hatte, ehe er mit dem Walliser Spieler zusammengeprallt war.

«Ohne VAR hätte es Elfmeter gegeben» sagte Albian Ajeti. Und auch Marcel Koller dürfte froh gewesen sein über die technische Neuerung, die erst kurz vor dem Saisonauftakt der Basler offiziell genehmigt wurde: Er hatte sogar von der Bank aus erkannt, dass es kein Foul war.

Es war ein erstes Stück Gerechtigkeit im Schweizer Fussball, das es ohne die Einführung der Technik nicht gegeben hätte. Und trotzdem wird es Diskussionen geben, so wie es in allen anderen Ligen und Wettbewerben auch Diskussionen gab. Das war schon gestern in Sion zu sehen.

«Es gab einige Aktionen, als zum Beispiel Jonas Omlin den Ball nicht abschlagen konnte, weil der Schiedsrichter auf dem Headset noch etwas abklären musste», sagte Valentin Stocker nach dem Spiel. «Das war für die Zuschauer nicht immer ersichtlich und darum haben sie gepfiffen.» Es wird also ganz sicher ein Thema bleiben, besonders dann, wenn der VAR nicht so einwandfrei und schnell funktioniert wie gestern in Sion.

Der erste Eingriff des Videoschiedsrichter im Schweizer Fussball war aber ein Beispiel dafür, wie es gehen kann. Und die Basler waren froh darüber.

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