Basellandschaftliche Zeitung vom 22.07.2019
Der FC Basel unterstreicht seine Meisterambitionen, YB stolpert und Xamax überrascht. Die Erkenntnisse des ersten Spieltages.
FC Basel Ein Wink nach Bern
Es war ein chaotischer Sommer in Basel. Sportchef Marco Streller warf das Handtuch, Trainer Marcel Koller ist immer noch da. Von all der Hektik spürt man beim ersten FCB-Auftritt nichts. Das Team überzeugt durch Zielstrebigkeit und Effizienz, die Defensive lässt kaum etwas zu. Die Mannschaft scheint durch all die Irrungen gefestigter, eingespielter und eingeschworener geworden zu sein. Mit Omar Alderete haben die Basler zudem einen kopfballstarken und spielerisch starken Verteidiger geholt. 4:1 gegen Sion – dieser Auftritt hat in Bern Eindruck gemacht. Mit dem FCB ist zu rechnen. (sel)
FC Lugano Überzeugende Neuzugänge
Spielt Lugano so weiter, dann stehen die Tessiner erneut vor einer tollen Saison. Obwohl Carlinhos nicht im Aufgebot stand und gemäss Insidern gar nicht mehr für den Verein auflaufen wird, spielte der letztjährige Tabellendritte nach Problemen zu Beginn, als es gute Paraden von Goalie Noam Baumann brauchte, stark auf und kam zu einem 4:0-Auswärtssieg gegen den FC Zürich. Trainer Fabio Celestini setzte drei Neuerwerbungen ein, von denen Marco Aratore und Francisco Rodriguez gleich zu einem Torerfolg kamen, und auch Olivier Custodio spielte stark. Lugano beeindruckte durch seine Effizienz. (br)
FC Luzern Vargas schmerzlich vermisst
Luzern hat in St.Gallen spielerisch enttäuscht. Wie schon im letzten Testmatch gegen Eintracht Frankfurt (1:3) fehlte dem FCL lange der Zugriff, die zentralen Mittelfeldspieler Voca und Ndenge schaffen es derzeit nicht, den Ball zu monopolisieren. Weiter vorne ist Neuzugang Francesco Margiotta als hängende Spitze nicht integriert. Zudem wird der 3-Millionen-Verkauf Ruben Vargas (zu Augsburg) schmerzlich vermisst; Marvin Schulz ist als Rechtsaussen ungeeignet. Jetzt soll der Senegalese Ibrahima Ndiaye (24, von Napredak/Serbien) Vargas ersetzen. Einen starken Eindruck macht der neue Torhüter Marius Müller. (dw)
Servette Auf Augenhöhe
Alles deutete auf eine Klatsche hin. Schon nach 5 Minuten liegt der Aufsteiger in Bern 0:1 hinten. Aber Servette hält dagegen. Kämpferisch und spielerisch. Der Ausgleich durch Wüthrich ist der verdiente Lohn. Die Genfer schnuppern gar an der grossen Überraschung. Weil sie die Angst schnell ablegen. Stark verteidigen und wirblig angreifen. Insbesondere Wüthrich und Neuzugang Gaël Ondoua spielen bärenstark. Der in Russland ausgebildete Kameruner Ondoua überzeugt mit Ruhe und Übersicht, Wüthrich mit Tempo und Spielwitz. Diese Mannschaft hat einiges drauf, der Abstieg darf kein Thema sein. (sel)
FC Sion Eigentlich ist alles da
Eigentlich hat Sion alles, denkt man. Einen Vorkämpfer wie Valon Behrami, einen der talentiertesten Goalies (Mitryuschkin), Brasil-Hoffnung Patrick – und doch vermasseln die Walliser den Saisonauftakt. Nach der verletzungsbedingten Auswechslung von Abwehrboss Kouassi verliert das Team den Faden – und schlägt sich selbst. Mit einem fatalen Fehlpass (Behrami vor dem 1:2) und einem Eigentor (Bamert vor dem 1:3). Präsident Christian Constantin verschwindet vor Schlusspfiff. Ob er die nötige Geduld hat? Man wünscht es ihm, dem Team und dem Trainer. Aber man weiss es irgendwie besser. (sel)
FC St.Gallen Teenie-Abwehr lässt hoffen
St.Gallen war Luzern zwar deutlich überlegen, agierte offensiv aber harmlos. Das Spiel aus dem Mittelfeld funktionierte dank der Spanier Jordi Quintillà und David Ruiz gut. Den direkten Zug in Richtung Tor liessen die Ostschweizer aber oft vermissen. Tranquillo Barnetta ist in St.Gallen noch nicht vergessen gemacht. Neuzugang Lukas Görtler fehlte nach bloss zwei Wochen Vorbereitung noch die Bindung zum Team. Einen vielversprechenden Eindruck hinterliess die Abwehr um Neuverpflichtung Yannis Letard. St.Gallens Verteidigung wies einen Altersdurchschnitt von gerade einmal 19,75 Jahren auf. (pl)
FC Thun Die neue Luftmacht der Liga
Thun spielt mit zwei Stürmern, Simone Rapp und Dejan Sorgic, weil man eigentlich mit dem Abgang von Sorgic gerechnet hat. Gegen Xamax steht aber anfänglich die Abwehr im Zentrum. Viel zu leicht kommen die Gäste zu einer Zwei-Tore-Führung. Aber Thun kann dank einem Sorgic-Penalty und einem Rapp-Kopfball ausgleichen. Auch weil die Neuenburger zwei Platzverweise kassieren. Neuzugang Nias Hefti gefällt zuerst auf dem linken Flügel, dann als Verteidiger. Hinzu kommt 1,99-Meter-Mann Nikki Havenaar. Zusammen mit Rapp (1,93 m) wird er Thun zu einer Luftmacht machen. (sel)
Xamax Der ewige Nuzzolo richtet es
Xamax überrascht. Die Mannschaft mit dem kleinsten Budget verlor Ende letzter Saison eine halbe Mannschaft. Jetzt hat man um Routiniers wie Raphael Nuzzolo und Charles-André Doudin ein neues Team aufgebaut, man spielt in einem 3-1-4-2, verteidigt mit fünf Mann, setzt nicht auf Ballbesitz, sondern auf schnelles Umschaltspiel und ist gegen Thun die bessere Mannschaft bis zum Anschlusstreffer und den folgenden zwei Platzverweisen. Ein interessantes Début von Trainer Joël Magnin. Und Xamax kann sich auf Oldie Nuzzolo, 36, verlassen. Mit zwei Toren Mann des Spiels gegen Thun. (sel)
Young Boys Neue Abwehr, neue Probleme
Der Umbruch war gross bei YB. Gegen Servette spielt der Meister mit komplett neu zusammengestellter Abwehr, davor kommt mit Vincent Sierro im defensiven Mittelfeld ebenfalls ein Neuer zum Zug. Zwar beginnen die Berner gut, aber nach 20 Minuten verliert der Meister-Express seinen Schwung. Zu viele Fehlpässe, zu schlechte Flanken, wenig Spielfluss, und dann verletzt sich Fabian Lustenberger, der neue Captain. Trainer Gerry Seoane hofft, dass es bloss eine Prellung ist. Denn Lustenberger kann YB nicht 1:1 ersetzen. Eines ist klar: Wollen die Berner den Titel, müssen sie effizienter werden. (sel)
FC Zürich Enttäuschend auf ganzer Linie
Der FC Zürich hinterliess im Auftaktspiel einen schwachen Eindruck. Trainer Ludovic Magnin nominierte gegen Lugano von den Neuen die Verteidiger Willie Britto und Nathan sowie den defensiven Aufbauer Denis Popovic, die allesamt enttäuschten. Auch die in der zweiten Halbzeit eingewechselten Mimoun Mahi und Blaz Kramer vermochten keine Akzente zu setzen. Hätten die Zürcher ihre Chancen in der Startphase genützt, wäre es vielleicht anders gekommen. Danach war ihr Spiel aber viel zu behäbig, auch wenn das Resultat von 0:4 wohl noch etwas schlechter war als die gezeigte Leistung. (br)