NZZ vom 30.07.2019
Das Rückspiel in der Champions-League-Qualifikation gegen PSV bestimmt, wie es mit dem FCB weitergeht
FLURIN CLALÜNA, BASEL
Marcel Koller ist auch einer dieser «Jedes-Spiel-ist-wichtig-Trainer», aber diese eine Partie heute Dienstag gegen Eindhoven ist halt doch so etwas wie ein Schicksalsspiel. Nicht unbedingt für Koller selber, sein Schicksal ist schon verhandelt worden, und das nicht auf dem Fussballplatz, sondern in der Sommerpause in den Chefbüros des FC Basel, als seine Entlassung zunächst beschlossen, dann aber nicht umgesetzt wurde. Das Rückspiel in der zweiten Qualifikationsrunde zur Champions League ist also nicht in erster Linie für Koller ein Zukunftsspiel, sondern für den ganzen Klub und seine mittelfristigen Perspektiven. Die meisten Planspiele beim FCB, die Personalmassnahmen betreffen, stehen derzeit gewissermassen «on hold», weil besonders von diesem Spiel gegen PSV abhängt, wie es weitergehen wird.
Näher an den Geldtopf
Marcel Koller steht am Tag vor der Partie im Basler Medienzentrum und blinzelt in die Scheinwerfer der Fernsehkameras, er hat zuvor lange Zeit durchgehalten und verneint, dass er sich Gedanken über Geld mache. Doch dann sagt er doch noch, worum es in diesem Spiel eben eigentlich geht: Darum, «näher an den grossen Geldtopf heranzukommen». Setzt sich der FCB nach dem 2:3 im Hinspiel gegen PSV durch, geht sein Weg in der Champions League gegen Linz weiter, sicher aber steht er dann in der Gruppenphase der Europa League. Wenn nicht, wird es beschwerlich. Dann steht er in der dritten Qualifikationsrunde für die Europa League, und wenn es dort schiefgehen sollte, gibt es keine Europacup-Nächte, wie schon in der letzten Saison.
Zumindest mit den Einnahmen aus der Europa League rechnet der FC Basel fest, es ist Geld, das ihm helfen soll, den Sparkurs abzufedern, den der Präsident Bernhard Burgener dem Verein verordnet hat. Auch der Sportchef Ruedi Zbinden hat am Wochenende im Teleclub in einer Fussball-Talk-Sendung über die heikle Situation gesprochen. Bemerkenswert war nicht nur, dass Zbinden erzählte, er habe eigentlich absagen wollen, als man ihn vor ein paar Wochen gebeten hatte, das Amt des Sportchefs zu übernehmen und die Nachfolge Marco Strellers anzutreten. Ebenso interessant war, wie freimütig er einräumte, wie viel vom Spiel gegen PSV abhänge und wie sehr es seine Arbeit in der Kaderplanung beeinflusse.
Es sei intern entschieden worden, das Kader vor den Spielen gegen Eindhoven noch unangetastet zu belassen, sagte Zbinden. Danach aber sei es möglich, dass man Spieler verkaufen müsste, von denen man sich nicht unbedingt trennen möchte, sollte man gegen PSV scheitern. Zbinden nannte den Namen von Ricky van Wolfswinkel, und zu dessen Stürmerkollegen Albian Ajeti meinte er: «Da kann sicher etwas passieren. Es ist möglich, dass Ajeti uns noch verlässt.»
Der Trainer Marcel Koller unternimmt derweil alles, um in dieser Saison in Europa eine gute Rolle zu spielen, vielleicht fast zu viel. Am Wochenende schonte er gegen St. Gallen so viele Stammspieler, dass er sich später selber die Schuld an der 1:2-Niederlage gab. Vermutlich spielte Koller in diesem Moment aber mehr den Schutzschild für seine Spieler, als dass er wirklich von seiner Fehleinschätzung überzeugt war. «Es war wichtig, dass ich mich vorne hinstellte», sagt Koller. Auf die Spieler mit dem Finger zu zeigen, sei nicht gut.
Feuerwerk als Schlagzeile
Wie gut der FCB bis jetzt wirklich ist, ist nach drei Pflichtspielen nicht leicht zu beantworten. Es ist nur schon kompliziert, bloss dieses Hinspiel gegen Eindhoven richtig einzuschätzen. Der FCB hatte vermutlich keine Ahnung, wie es ihm gelungen war, wenige Minuten vor dem Ende in Führung zu liegen, und am Schluss wusste er nicht, wie er diese Partie noch hatte verlieren können. Koller sagt: «Wir müssen jetzt im eigenen Stadion ein Feuerwerk zünden. Ein paar Tage vor dem 1. August wäre das gut. Das ist doch ein guter Titel für den ‹Blick›.» Da soll noch jemand sagen, ein Trainer wie Koller kümmere sich bloss um seine eigenen Angelegenheiten. Koller hilft sogar mit, für die Boulevardzeitung Schlagzeilen zu erfinden.