Presseschau

Basler Zeitung vom 02.08.2019

Ein Sieg, der viel bewegen kann

Das 2:1 gegen Eindhoven und der damit gesicherte Einzug in die Europa League hat grosse Auswirkungen.

Tilman Pauls und Samuel Waldis

Die Freude über den 2:1-Sieg des FC Basel gegen Eindhoven war riesig. Die Spieler lagen sich nach dem Schlusspfiff in den Armen und feierten den Einzug in den Europacup gemeinsam mit ihren Fans im aufgeheizten St.-Jakob-Park. Das erste grosse Saisonziel wurde am Dienstagabend bereits erreicht: die Qualifikation für die Europa League. Neben der Planungssicherheit in Sachen Europa hat die Partie aber weitere Auswirkungen auf den Club, und zwar in mehreren Bereichen. Die BaZ erklärt, in welchen:

Das Kader

Der Sieg gegen die Holländer hat unmittelbare Auswirkungen auf das Transferverhalten der Basler: Die Chancen, dass Spieler wie Albian Ajeti, Jonas Omlin oder Noah Okafor den Verein noch in diesem Sommer verlassen, sind dank dem 2:1 fürs Erste markant gesunken. Einerseits, weil der FCB finanziell nun etwas mehr Spielraum hat. Andererseits, weil die Spieler in Basel weiterhin die Aussicht auf glanzvolle Nächte in der Champions League haben.

Neben den als sicher geltenden Abgängen von Aldo Kalulu und Geoffroy Serey Die sieht es für den Moment so aus, als würde kein zentraler Spieler mehr den Club verlassen.

Zudem hat man am Dienstag gesehen, dass Marcel Koller seine Aufstellung für die grossen Spiele früh in der Saison bereits gefunden hat. Koller wird in der Liga immer wieder rotieren, um seinem Stammpersonal Pausen und der zweiten Garnitur Einsätze zu verschaffen. Aber im Europacup oder in den wichtigen Ligaduellen gegen YB dürfte die Startelf aus den beiden Spielen gegen PSV vorerst gesetzt sein.

Mit Eder Balanta, dem neuen Gravitationspunkt im Mittelfeld. Mit Luca Zuffi und Fabian Frei, den Ruhepolen. Mit Valentin Stocker, dem Captain. Mit Ricky van Wolfswinkel, wenn auch nicht in der Spitze. Mit Taulant Xhaka, wo immer er denn gebraucht wird. Und insgesamt mit einer grossen Portion Erfahrung.

Der Trainer

Man muss sich das noch mal vor Augen halten: Vor sieben Wochen wurde Trainer Marcel Koller vom FCB freigestellt. Koller hatte seine Sachen schon aus dem Stadion geräumt, die Basler hatten mit Patrick Rahmen einen Nachfolger gefunden und ihn herzlich im Verein willkommen geheissen. Bis Bernhard Burgener über Nacht seine Meinung änderte.

Das allein ist unglaublich genug. Und es wirkt umso unglaublicher, wenn man bedenkt, wie fest Koller nach dem 2:1 für den Moment im Sattel sitzt. Marco Streller ist nicht mehr da, Koller hat das europäische Geschäft erreicht, und sein Team hat das beste Spiel unter seiner Führung geboten. Rückblickend hat Koller sogar mit seinen sieben Wechseln gegen St.Gallen alles richtig gemacht. «Das ist meine Erfahrung und mein Gefühl», sagt er. Und wer kann ihm nach dem 2:1 schon widersprechen?

Mit seinem Animationsprogramm in Richtung der Fans hat der 58-Jährige zudem Pluspunkte beim Publikum gesammelt. So engagiert und so emotional hat man ihn in Basel kaum je erlebt. Und auch wenn es in der Basler Kabine weiterhin Spieler gibt, die keine grossen Koller-Fans sind: Der Erfolg hat solche Differenzen schon immer besser überdeckt als der Misserfolg.

Die Finanzen
Natürlich geht es auch ums Geld: Mit der Qualifikation für Europa sichert sich der FCB einen Teil der budgetierten Einnahmen. Rund acht Millionen Franken bringt ihm die Gruppenphase in der Europa League ein: drei Millionen für die Qualifikation, den Rest für die Platzierung in der Zehnjahreswertung der Uefa, für leistungsabhängige Prämien und aus dem Marktpool. Erreichen die Basler sogar die Champions League, bringt allein die Qualifikation ohne leistungsabhängige Prämien 17 Millionen Franken. Insgesamt würden dem FCB in der Königsklasse wohl gegen 40 Millionen Franken winken.

Aber bereits die Einnahmen durch die Europa League bringen etwas Ruhe in die Schatzmeisterabteilung, die Kosten senken muss. 21 Millionen Franken im laufenden Geschäftsjahr. Das hat wiederum Einfluss auf das Kader, weil der finanzielle Druck, Spieler verkaufen zu müssen, vorerst gesunken ist.

Die Hoffnung

Am Dienstag ist im St.-Jakob-Park mehr passiert als nur eine Qualifikation für den Europacup. Das Spiel erinnerte in seiner Dramaturgie an die grossen Europacup-Abende. Hier und da war von Celtic Glasgow die Rede, vom FC Liverpool, von Manchester United. Von den guten alten Zeiten.

Es war auch eine Versöhnung zwischen den Fans und ihrem FCB zu spüren. Versöhnung für zwei meisterlose Jahre und all die Entwicklungen unter der neuen Führung, mit denen ein Teil der Zuschauer nicht zufrieden ist. Fans und Club, so hat man das Gefühl bekommen, sind wieder etwas näher zusammengerückt.

Und das macht Mut für die Liga. Einige Basler Fans dürften wieder eine grössere Chance im Titelrennen wittern. Wieso sollte man mit einer Leistung wie gegen Eindhoven nicht auch gegen YB bestehen? Wieso sollte es in der Liga nicht mal wieder spannend werden, nachdem es in den vergangenen beiden Jahren doch eher langweilig war?

Klar, ein einziger Sieg gegen Eindhoven garantiert nicht, dass der FCB den Young Boys in der Super League auf einen Schlag gefährlich wird. Aber er nährt immerhin die Hoffnung daran.

Die Gegner

Die unmittelbarste Folge ist aber natürlich die nächste Hürde: der Linzer Athletik-Sport-Klub.

Der Club wurde in der abgelaufenen Saison in Österreich abgeschlagen hinter RB Salzburg Zweiter. Das Kader ist bestückt mit Namen, die hierzulande kaum jemand kennt, und auch darum wirkt die Qualifikation für die Playoff-Runde plötzlich realistischer als vor den beiden Spielen gegen Eindhoven.

Gegen Linz kann der FCB nun einerseits befreiter aufspielen, als wenn er sich noch für das europäische Geschäft qualifizieren müsste. Gleichzeitig erwarten die Fans aber auch, dass der FCB die Hürde Linz überspringt. Und im Fall eines weiteren Erfolgs würde in den Playoffs zur Königsklasse dann wieder eine grosse Hürde warten, nämlich vermutlich Dynamo Kiew oder der FC Porto.

Die Schweiz

Es ist ein untergeordneter Aspekt. Aber das 2:1 der Basler tut auch dem gesamten Schweizer Fussball gut. Endlich mal wieder ein Erfolg, den man über die Grenzen hinaus wahrnimmt. Und damit verbunden auch die Aussicht, dass mit dem FCB und YB in diesem Jahr möglicherweise zwei Vereine bis in den Herbst Punkte für die Schweiz erspielen.

Letzte Saison sammelte die Schweiz so wenig Punkte wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das lag auch daran, dass die Basler nicht mehr in Europa vertreten waren. Etwas, das in dieser Saison anders sein wird, das weiss man seit Dienstag mit Gewissheit.

Auch in diesem Bereich nährt der Erfolg des FC Basel gegen Eindhoven zumindest die Hoffnung, dass der Schweizer Fussball wieder ein besseres Bild in Europa abgeben wird als zuletzt.

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