Basler Zeitung vom 05.08.2019
Mehr als ein Jahr nach seinem Wechsel in die Schweiz gibt Konstantinos Dimitriou in der Basler Innenverteidigung sein Debüt.
Tilman Pauls, Thun
Konstantinos Dimitriou hat mit dem FC Basel bisher 32 Spiele gewonnen, elf hat er verloren. Am 19. Mai ist er im Stade de Suisse Schweizer Cupsieger geworden und hat sich am Abend auf dem Barfüsserplatz von Tausenden Fans feiern lassen. Vor sechs Tagen ist er dank einem 2:1 gegen den PSV Eindhoven zum ersten Mal in seiner jungen Karriere in die Europa League eingezogen.
Das ist keine schlechte Bilanz für einen 20-Jährigen. Dimitriou kann stolz sein auf das, was er in seinem ersten Jahr in Basel erreicht hat. Aber klar, es wäre natürlich etwas anderes, wenn er all diese Dinge nicht aus der Distanz erlebt hätte.
Bei all den Erfolgen und Misserfolgen des letzten Jahres war Dimitriou als Spieler des FCB zwar irgendwie dabei. Aber er hat sie entweder auf der Ersatzbank verfolgt oder auf dem Bildschirm seines Handys, wenn er mit der U-21 gerade mal wieder auf dem Weg nach Bellinzona, Bavois oder nach Münsingen war.
Am Samstag hat Konstantinos Dimitriou in Thun nun sein Debüt für die 1. Mannschaft des FCB gegeben, mehr als ein Jahr nach seinem Wechsel in die Schweiz. Man hat ihm angemerkt, dass er noch nie ein Spiel in der Super League bestritten hat und auch in Griechenland noch nie eine Partie in der höchsten Liga.
Mal verschuldete er eine Ecke, obwohl er genug Zeit hatte, um die Flanke des Gegners eleganter zu klären. Dann musste ihm Eray Cömert immer wieder mal zeigen, wo der Grieche den Ball hinzuspielen habe, damit die Basler ihr Spiel gepflegt aufbauen können. Und wer weiss, ob dieses 2:2 tatsächlich so gefallen wäre, wenn Dimitriou elf Jahre älter wäre und, sagen wir mal, Marek Suchy heissen würde.
Trotzdem war es ein solider Auftritt des griechischen Innenverteidigers, und sein Trainer Marcel Koller sagte nach dem Spiel: «Für seinen ersten Einsatz hat er das sehr gut gemacht.»
Das Zukunftsprojekt
Dimitriou sagte nach dem Abpfiff auch einige Dinge. Zum Beispiel, dass für ihn mit dem Einsatz in Thun ein Traum in Erfüllung gegangen sei. Dass das Team wichtig sei. Dass man jeden Tag dazulerne. Dinge also, die ein 20-Jähriger, vollgepumpt mit Stolz und Adrenalin, gefahrlos erzählen kann. Allerdings hätte man auch gerne gewusst, wie er eigentlich das letzte Jahr erlebt hat. Denn es kann nicht nur angenehm sein, wenn man mit 19 Jahren in die Schweiz kommt, in ein fremdes Land mit einer fremden Kultur und einer fremden Sprache – und dann zwölf Monate zusehen muss, wie andere den eigenen Traum leben.
Dimitriou kam im Sommer 2018 nach Basel, und der damalige Trainer Raphael Wicky verpasste ihm den Titel «Zukunftsprojekt». Und wie das nun mal so ist, schürte dieses eine Wort gewisse Erwartungen. Immer wenn der FCB ein «Zukunftsprojekt» verpflichtet, denkt man ja automatisch an Namen wie Salah, Schär oder Akanji. Dabei gibt es auch andere Beispiele, bei denen es über die Projektphase nie hinausging: Simic, Hamoudi, Pak.
Das gesetzte Duo
90 Minuten gegen Thun reichen natürlich nicht aus, um einzuschätzen, ob aus Dimitriou ein Schär wird oder eher ein Hamoudi. Man kann noch nicht mal sagen, ob er in der Hierarchie der Innenverteidiger jetzt zur Nummer 3 aufgestiegen ist oder ob bei nächster Gelegenheit wieder Yves Kaiser den Vorzug erhält.
Man hat allerdings den Eindruck, dass es trotz seinem ersten Einsatz schwer werden wird für Dimitriou. Eray Cömert und Omar Alderete haben sich in den ersten Partien als das erste Duo im Abwehrzentrum empfohlen. Und wenn einer der beiden mal ausfallen sollte, würde Trainer Koller vermutlich eher auf die erfahrenen Spieler wie Eder Balanta oder Fabian Frei zurückgreifen und nicht auf den Griechen, über den auch schon zu hören war, dass er sich beim FCB nicht durchsetzen werde.
«Ich werde alles geben», sagt Dimitriou. Und vielleicht reicht es ja, dass er künftig nicht mehr nur eine Nebenrolle im Kader des FCB spielt. Träumen ist erlaubt.