Basler Zeitung vom 05.08.2019
Die Basler lassen sich in Thun nicht von einem Rückstand beeindrucken und gewinnen dank dem Tor von Valentin Stocker 3:2.
Samuel Waldis, Thun
Manchmal kann einen der Fussball an einen Werbespruch aus der Finanzbranche erinnern: «So geht Bank heute.» Was einem deutschen Geldinstitut als Slogan dient, stand beim FC Basel beim Spiel gegen den FC Thun nämlich für eine Art Versicherung. Immerhin hatten die Basler ihre Mühe, ein paar Minuten vor dem Ende sah es so aus, als würden sie erneut Punkte liegen lassen. Doch dann kam Valentin Stocker von der Bank und erzielte das Siegtor für die Basler.
Vier Tage zuvor hatte der 30-Jährige gegen Eindhoven eine der besten Leistungen seit seiner Rückkehr aus der Bundesliga gezeigt. Gegen Thun erzielte er fünf Minuten vor dem Ende das 3:2. Es ist Stockers vierter Skorerpunkt im vierten Einsatz diese Saison. Die starke Position im Team energetisiert den Captain auf dem Rasen augenscheinlich.
Wobei Rasen in Thun natürlich ein grosses Wort ist. Nur einmal hatte der FCB unter der Woche auf der künstlichen Unterlage trainiert. Und überhaupt kommt Marcel Koller in diesen Tagen kaum noch zu produktiven Übungseinheiten. Erholen geht über Trainieren – schliesslich war die dritte Super-League-Runde das vierte Spiel in zwölf Tagen. Und bis Mitte August geht es in diesem Rhythmus weiter.
Vier Spiele in zwölf Tagen
Darum hatte Koller für die Partie in Thun die Hälfte seiner Feldspieler ausgewechselt. Aber anders als bei der Niederlage gegen St.Gallen, als er seine Startelf auf sieben Positionen verändert hatte, ging der Plan nun auf.
Nach einer durchwachsenen ersten Halbzeit zeigte der FCB, was in guten Phasen in ihm steckt. Er bringt die Geduld und die Ruhe auf, Gegentore in Siege zu verwandeln. So glichen die Basler das 0:1 noch vor der Pause durch Silvan Widmer aus, jedoch unter Protesten der Gastgeber. Basil Stillhart wollte den Ball einige Momente vor dem Treffer aus dem Spiel befördern, damit Ricky van Wolfswinkel gepflegt werden konnte. Nach einem Schiedsrichterball spielte Eray Cömert den Ball aber nicht zurück zu den Thunern. Die Berner Oberländer kamen zwar noch an den Ball, trotzdem entstand wenig später die Aktion, die zum Freistoss vor dem 1:1 führte. Thuns Trainer Marc Schneider sagte: «Das ist nicht das, was wir unter Fairplay verstehen.»
Die Basler liessen die Diskussionen aber nicht an sich herankommen, und auch nicht das 2:2 durch Stillhart zwanzig Minuten vor dem Schluss. Sie blieben bis zum Schluss konzentriert und haben es so vorübergehend geschafft, den Geist aus dem Eindhoven-Spiel zu konservieren.
Ein Potpourri an Fehlpässen
Allerdings zeigten die Gegentore auch das bislang grösste Problem in dieser Saison auf: Der FCB verliert zu viele Duelle im und um den eigenen Fünfmeterraum. Neun Gegentore hat er insgesamt hinnehmen müssen. Sieben Mal verlor er nach einer Hereingabe das letzte Duell zwei bis fünf Meter vor seinem Tor. Drei Mal folgte ein Gegentor auf eine Ecke.
Oftmals sind die Basler schlecht organisiert im Abwehrzentrum – in jenem Mannschaftsteil, der mit Marek Suchys Abgang das letzte Quantum Routine verloren hat. In Thun spielten erstmals Eray Cömert (21) und Konstantinos Dimitriou (20) zusammen. Ein jüngeres Innenverteidiger-Duo könnte man nur noch mit Dimitriou an der Seite von Yves Kaiser (21) bilden.
Omar Alderete wurde von Koller geschont und schaute sich die Partie in einer Bar der Steinenvorstadt an. Der 22-Jährige sah, wie sein Ersatz Dimitriou beim ersten Spiel in der Super League mehrmals unsicher wirkte.
Auch in der Spielauslösung wirkte sich der Wechsel im Abwehrzentrum aus. Während Alderete auf der halblinken Position als Linksfuss mehr Möglichkeiten hat, hielt sich Rechtsfuss Dimitriou zurück. Um Pässe aus der hintersten Reihe kümmerten sich Cömert und Frei, der sich zwischen die Innenverteidiger zurückfallen liess.
Allerdings fehlten in der Offensive ohnehin die Abnehmer für lange Bälle. Ricky van Wolfswinkel ersetzte den angeschlagenen Albian Ajeti in der Spitze. Eine gute Adresse für weite Zuspiele war er ebenso wenig wie die Flügel Kevin Bua und Noah Okafor, die den Bällen und ihrer besten Form hinterherliefen.
Sicherer agierte das Zentrum, mit Luca Zuffi und Frei der routinierteste Mannschaftsteil. Um diesen physisch zu stärken, wechselte Koller nach einer Stunde Eder Balanta für Zuffi ein. Der Kolumbianer zog das Spiel an sich, trieb die Basler nach vorne, wenn nötig, sprintete er höchstselbst weit in die Thuner Hälfte. So geht Bank heute.
Als Balanta auf den Platz kam, hatten sich die Basler längst gefangen. Sie waren schwach gestartet, mit einem Potpourri an Fehlpässen, sonstigen Ballverlusten und technischen Patzern. Vor allem in den ersten zwanzig Minuten hatten sie «den Faden verloren», wie es Koller nannte. Nach einer halben Stunde fanden sie den Faden aber wieder. Ab da waren sie in ihrem Selbstverständnis wieder jener FCB, den es am Mittwoch gegen Linz auch in der Champions-League-Qualifikation erneut brauchen wird.