Presseschau

Basler Zeitung vom 10.08.2019

Sturm und Zwang

Nach Ajetis Abgang und der Verletzung von Van Wolfswinkel hat der Club plötzlich einen neuen Problembezirk.

Tilman Pauls

Es ist noch gar nicht so lange her, 22 Tage, um ganz genau zu sein, da stand an dieser Stelle: «Sturm und Gedränge». Es ging um den FC Basel und seine beachtliche Auswahl an Stürmern. Ricky van Wolfswinkel, Albian Ajeti, Kemal Ademi, Afimico Pululu, Julian Vonmoos und Tician Tushi. Sechs Spieler, eine Position und ziemlich viel Konkurrenz.

Schon damals war klar, dass sich angesichts der geplanten Reduzierung des Kaders und den Interessenten für Albian Ajeti und Ricky van Wolfswinkel noch etwas an dieser Situation ändern könnte. Aber dass es gleich so schnell gehen würde?

Von den sechs aufgelisteten Stürmern stehen Trainer Marcel Kollerfürdasheutige Liga-Duell gegen den Servette FC (19 Uhr, St.-Jakob-Park) und wohl auch für das Rückspiel gegen Linz am nächsten Dienstag nur noch drei Angreifer zur Verfügung.

Mit Albian Ajeti hat der produktivste Stürmer der Vorsaison den FCB am Donnerstag in Richtung Premier League verlassen. Ricky van Wolfswinkel wurde nach dem Hinspiel gegen den LASK mit dem inzwischen bestätigten Verdacht auf eine schwere Gehirnerschütterung ins Spital gebracht. Er wird den Baslern auf unbestimmte Zeit fehlen. Und Tician Tushi fällt bereits seit Saisonbeginn mit muskulären Problemen aus.

Unerfahren

So schnell kann es also gehen, dass aus einem vermeintlichen Überangebot ein Problembezirk wird. Und Koller steht plötzlich vor der Situation, dass er auf dem Weg in Richtung Königsklasse keine erfahrenen Stürmer mehr zur Verfügung hat. «Albian Ajeti und Ricky van Wolfswinkel sind die beiden Stürmer, die zuletzt die meisten Tore für uns erzielt haben», sagt Koller, «innerhalb von wenigen Tagen fehlen nun beide. Aber es gibt noch andere Spieler, die für sie einspringen.»

Damit meint er Kemal Ademi und Afimico Pululu, die in diesem Sommer beide von Xamax Neuchâtel zum FCB gekommen sind. Der eine, Pululu, nach einer halbjährigen Leihe. Der andere, Ademi, nach einer Saison mit zehn Toren in 31 Spielen und der Verheissung, den FCB-Sturm mit seiner Physis um einen weiteren Spielertypus zu bereichern.

Im Trikot von Xamax haben beide ihr Talent angedeutet und sich in den vergangenen Monaten entwickelt. Aber die Frage stellt sich trotzdem, ob sie diese Tendenz beim FC Basel jetzt bestätigen können, dazu noch in einem entscheidenden Match wie in Linz, wo es um den Einzug in die Playoff-Runde und nicht zuletzt um die Aussicht auf viele Millionen Franken geht.

Bei dieser Ausgangslage ist Koller – entgegen seiner Vorliebe für routinierte Spieler – schon fast dazu gezwungen, im Sturm entweder auf den unerfahrenen Ademi oder den unerfahrenen Pululu zu setzen. «Einer der beiden wird spielen», sagt Koller mit Hinblick auf die Partie in Linz. «Oder beide.» Der Trainer schliesst aber aus, dass er grössere Umstellungen vornimmt und beispielsweise Valentin Stocker in die Sturmspitze beordert, der dort in seiner Karriere auch schon aufgelaufen ist.

Unverkäuflich

Kurzfristig werden es also die Jungen richten müssen. Doch es ist nicht ausgeschlossen, dass die Basler noch auf dem Transfermarkt aktiv werden, falls Van Wolfswinkel länger als befürchtet ausfällt oder sich die Gerüchte bestätigen und der Holländer nach Rotterdam wechselt. «Ricky fühlt sich wohl bei uns», sagt Koller, angesprochen auf die Gefahr, auch noch den letzten Routinier im Sturm zu verlieren. Präsident Bernhard Burgener geht sogar noch ein Stück weiter: «Van Wolfswinkel ist unverkäuflich», sagte er gestern im «Blick».

Klar ist aber, dass die sportliche Leitung sich die Situation im Sturm genau anschaut und analysieren wird, wie Pululu und Ademi sich schlagen und ob man es wagt, mit einem 20-jährigen und einem 23-jährigen Stürmer das Duell mit den Young Boys aus Bern aufzunehmen.

«Wir müssen sehen, wie lange Van Wolfswinkel ausfällt», sagt Koller, er stehe mit Sportchef Ruedi Zbinden in Kontakt. Denn ein bisschen mehr Gedränge im Sturm wird sich der Trainer angesichts der nächsten Aufgaben ganz bestimmt wünschen.

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